Tanja E.'s Liebhaber: "Wenn du brav warst, hast du dürfen"
Es war einseltsames Bild am Dienstag im Schwurgerichtssaal in Augsburg im sogenanntenGiftmordprozess: die Angeklagte Tanja E. und ihr Ex-Liebhaber Andre H. auf der Anklagebank, im Zeugenstandnacheinander acht weitere frühere Liebhaber der Frau. Und dabei kamen pikante Details ans Tageslicht.
Von Stefan Krog und Peter Richter
Augsburg. Es war ein seltsames Bild am Dienstag im Schwurgerichtssaal in Augsburg im sogenannten Giftmordprozess: die Angeklagte Tanja E. (31) und ihr ehemaliger Liebhaber Andre H. (32) auf der Anklagebank, im Zeugenstand nacheinander acht weitere frühere Liebhaber der Frau.
Die Männer gaben sich am Gerichtssaal die Klinke in die Hand - fast wie im richtigen Leben. Denn Tanja E. übte auf die Männer in ihrer Umgebung anscheinend große Anziehung aus. Zeitweise hatte sie mit mehreren Männern gleichzeitig etwas laufen, ohne dass diese anfangs davon gewusst haben wollen. "Sie waren zu dritt?", fragte der Vorsitzende Richter Wolfgang Rothermel einen der Zeugen. "Mindestens", war die Antwort.
Wie berichtet, soll Tanja E. zusammen mit Andre H. ihren Ehemann Peter E. (45) im Januar in Königsbrunn bei Augsburg mit einem Medikamentenmix totgespritzt haben. Motiv soll Habgier gewesen sein, weil Tanja E. im Falle einer Scheidung weniger Geld bekommen hätte als beim Tod ihres Mannes.
Großen Beweiswert hatte der gestrige Aufmarsch der Liebhaber nicht. Geurteilt werden soll Mitte Dezember über den Vorwurf des Mordes, nicht über den Lebenswandel der Tanja E. Das vermeintliche Stereotyp der blonden Verführerin löste trotzdem einen Publikumsansturm aus. Mehrere hundert Besucher wollten in den Gerichtssaal, der wegen Überfüllung geschlossen wurde. Ob es ähnliches Aufsehen gegeben hätte, wenn an Tanja E.s Stelle ein Mann auf der Anklagebank sitzen würde?
Es geht in dem Verfahren um Glaubwürdigkeit. Tanja E. bestreitet jede Tatbeteiligung, Andre H. hat ein Teilgeständnis abgelegt. Wer hat Recht? Am Dienstag kam heraus, dass Tanja E. nach dem Tod ihres Mannes zwei Zeugen unterschiedliche Versionen zum Geschehen am Tatabend aufgetischt hatte. Und wenn es stimmt, was die Zeugen unisono berichteten, wurden sie von Tanja E. systematisch belogen. Da sind etwa die beiden Liebhaber, die Väter der zwei Kinder der Tanja E. sind, ohne dass sie davon wussten.
Es war achtmal eine ähnliche Geschichte, die erzählt wurde. Meist lernte man sich beim Roten Kreuz in Augsburg kennen, wo die Angeklagte und ein Großteil ihrer Liebhaber (29 bis 41 Jahre alt) ehrenamtlich im Rettungsdienst fuhren. Manchmal ging die Initiative von Tanja E. aus, doch oft auch von den Männern. "Sie war eine hübsche Frau. Jeder hat ihr hinterhergeschaut", so ein Zeuge.
Ein anderer Zeuge berichtete, dass bei ihm das Sexuelle eine große Rolle in der Beziehung gespielt habe. "Wenn du brav warst, hast du dürfen . . .", so einer der Männer. Doch zum Teil wurden auch Zukunftspläne geschmiedet. Dass es in Tanja E.s Ehe kriselte, war bekannt. Dass sie zeitweise mit mehreren Männer gleichzeitig ein Verhältnis unterhielt, zunächst nicht.
Als das aufflog, gab es absurde Szenen. So taten sich drei gehörnte Liebhaber zusammen, um ihren "Nachfolger" davon zu überzeugen, dass er der Frau in die Falle gehe. Zu einer Aussprache kam es nicht, weil Tanja E. das wohl verhinderte. Wenn man ihr etwas vorgeworfen habe, habe sie einem ein schlechtes Gewissen gemacht, sagt ein Zeuge.
Der Ehemann, das spätere Mordopfer, hat zu alledem offenbar nichts gesagt. "Er hat gehofft, dass sich das wieder einrenkt", so ein Freund. Grund sei der heute siebenjährige Sohn gewesen. "Er war sein Ein und Alles." Dass er gar nicht der leibliche Vater des Buben ist, hat Peter E. nie erfahren.
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