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Interview
05.09.2020

Nürnbergs Ex-OB Maly: "Der fehlende Respekt hat mich geärgert"

Ulrich Maly war 18 Jahre lang SPD-Oberbürgermeister von Nürnberg, der zweitgrößten Kommune Bayerns.
Foto: Michael Matejka, Nürnberger Nachrichten

Exklusiv Ulrich Maly spricht nach fünf Jahren Flüchtlingskrise über die Herausforderungen der Kommunen und über die Berliner Politik, die "den Deppen in den Rathäusern" sagen will, wie es geht.

Herr Maly, Sie waren 18 Jahre lang Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg. Vor fünf Jahren haben Sie die Flüchtlingskrise und ihre Folgen hautnah miterlebt. Damals sagte Kanzlerin Angela Merkel "Wir schaffen das". Haben wir es geschafft?

Ulrich Maly: Nein, wir haben es noch nicht geschafft. Aber ich glaube, dass wir es schaffen werden, da war und bin ich bei der Kanzlerin. Ich halte es für falsch, wenn man mit einem Grundpessimismus an politische Probleme herangeht.

Woher nehmen Sie Ihre Zuversicht?

Maly: Nürnberg und auch Augsburg sind Städte, die über 60 Jahre Erfahrung mit Zuwanderung und Integration haben, schließlich sind vor rund 60 Jahren die ersten Gastarbeiter zu uns gekommen. Wir haben gelernt – was richtig ist und was wir falsch gemacht haben.

Zum Beispiel?

Maly: Was wir damals falsch gemacht haben – und das machen wir gerade wieder falsch – ist, nicht genügend Deutschkurse anzubieten. Und dass die Verantwortlichen bei den Kommunen, die Arbeitgeber und Sozialarbeiter nicht darauf bestehen, dass diese Kurse länger besucht werden, damit die Sprache tatsächlich gut genug gelernt wird. Ich sage immer: Ziel muss es sein, so gut Deutsch sprechen zu können, dass du dich mit deinem Nachbarn so richtig darüber streiten kannst, wer schon wieder den Deckel der Mülltonne offen gelassen hat. Dann bist du Teil der Gesellschaft.

Gute Sprachkenntnisse sind aber nicht alles, oder?

Maly: Man braucht sozusagen Hardware und Software, damit Integration funktionieren kann. Mit Hardware meine ich zum Beispiel Plätze in Kindertagesstätten, Integrationsklassen, Ausbildungen, Jobs und Wohnungen. Die Schulen haben nach anfänglichem Stolpern einen grandiosen Job gemacht, gerade in Bayern. Dafür ist das Thema Wohnen nach wie vor ein großes Problem, weil es einfach immer schwieriger wird, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Und was meinen Sie dann mit Software?

Maly: Das sind für mich zwei weiche Faktoren. Erstens: die Kontakthäufigkeit zwischen den Zugewanderten und der deutschen Bevölkerung. Da sagen viele Flüchtlinge immer noch, dass sie eigentlich keinen Kontakt zu Deutschen haben. Viele bleiben unter sich. Es gibt keine Flüchtlingskinder bei den Faschingsgarden und bei der Freiwilligen Feuerwehr.

Und zweitens?

Maly: Damit meine ich die Seelenlage der Deutschen, dazu gibt es eine Reihe an Untersuchungen. Die wenigsten Bürger sagen heute noch: Ich habe schreckliche Angst vor Flüchtlingen. Zwei Drittel folgen eher der Kanzlerin und sind zuversichtlich, dass wir das hinkriegen.

Ulrich Maly: "Ich glaube, dass die Flüchtlingszuwanderung auf subjektiver Ebene emotionale Urängste geweckt hat"

Wie schlimm war denn die Flüchtlingskrise für die Deutschen im Vergleich zur Wirtschaftskrise oder zur Corona-Krise?

Maly: Ich glaube, dass die Flüchtlingszuwanderung auf subjektiver Ebene für die Menschen eine der großen Krisen war, weil sie emotionale Urängste geweckt hat – wie Tschernobyl damals, wie Corona heute. Da ist etwas, von dem du dich subjektiv bedroht fühlst, gegen das du dich aber nicht wehren kannst. Aber objektiv wird die Klimakrise mit Sicherheit zu einem um Dimensionen größeren Problem, dessen Auswirkungen wir aber noch nicht so individuell direkt spüren.

Erinnern wir uns zurück an die Fernsehbilder, als tausende Flüchtlinge jeden Tag nach Bayern kamen und viele Deutsche sie jubelnd an den Bahnhöfen begrüßt haben. Das war eine richtige Euphorie. Fanden Sie das berührend? Oder eher scheinheilig?

Maly: Die Kanzlerin hat damals ja in etwa gesagt: Wenn man sich da nicht mehr freuen darf, dann ist das nicht mehr mein Land. Aber ich persönlich war nicht euphorisch, weil ich wusste, es wird schwierig und dass Probleme kommen werden.

Welche Probleme waren das?

Maly: Die größte Herausforderung für die bayerischen Kommunen war natürlich die Unterbringung der Flüchtlinge. Wir haben zusammengekratzt, was ging. Die Städte und Gemeinden in Bayern haben sich zeitweise sogar Zelte und Feldbetten gegenseitig abgejagt. Eine zweite große Aufgabe war es, die Kinder in die Schulen zu bringen. Das war natürlich nicht alles optimal, nicht die reine Lehre der Bildung. Aber die Kinder waren dort und hatten ihre ersten Kontakte in der Hofpause.

Wie haben die Kommunen das damals überhaupt alles stemmen können?

Maly: Es war ein Ineinandergreifen von staatlichen Strukturen und Ehrenamt. Zum Beispiel im Gesundheitswesen. Da gab es Ärzte, die ohne Versicherungsschutz behandelt haben. Ehemalige Chefärzte, weit über 70, die Tag und Nacht im Einsatz waren. Das Ehrenamt ist eine große Stärke des Freistaats Bayern, gerade am Land waren die Strukturen phänomenal. Ebenso die Einstellung der dortigen Bürgermeister – selbst die unter ihnen, die die damalige eher harte Linie des damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer vertraten. Und die dann sagten: Mein Gott, jetzt sind die Flüchtlingskinder da, jetzt müssen wir etwas mit ihnen machen.

Das muss auch finanziell eine große Herausforderung gewesen sein. Wurden die Kommunen denn ausreichend von Bund und Ländern unterstützt?

Maly: Nein. Der Bund hat zwar viel ausgeschüttet. Aber viel Geld, das an den Freistaat ging, ist größtenteils dort hängen geblieben. Wir sind bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen immer unterfinanziert gewesen, das war sehr ärgerlich. Wir sind auf viel Geld sitzen geblieben. Es war eine elende Debatte.

Sie haben damals auch eine deutliche Reduzierung der Flüchtlingszahlen gefordert, sonst würde es zu einer ganz praktischen Überforderung der Kommunen kommen. Wie haben Sie das gemeint?

Maly: Ich habe der Kanzlerin damals gesagt, wir schaffen das. Aber wenn der Zustrom – so wie in der Höchstphase Ende 2015 bis Mitte 2016 – angehalten hätte, dann wäre es zu einer objektiven Überforderung gekommen. Dann hätte es keine Zelte mehr gegeben, keine Feldbetten, keine freien Plätze mehr in den Kindergärten und Schulen. Das war eine bewusst sehr sachliche Feststellung, weil die Diskussionen damals ja sehr emotional geführt wurden.

Ulrich Maly: "Einen Islamisten erkennst du halt nicht am Pass"

Weil sie jetzt Angela Merkel ansprechen: Sie wurde und wird heute noch kritisiert, dass viele Flüchtlinge unkontrolliert ins Land kamen. Mittlerweile weiß man, dass darunter auch Islamisten waren. Hat die Kanzlerin in diesem Punkt etwas falsch gemacht?

Maly: Wenn aus humanitären Gründen die Grenzen geöffnet werden, dann ist das rein faktisch nicht kompatibel mit strengen Kontrollen. Einen Islamisten erkennst du halt nicht am Pass. Islamistischen Terror haben wir uns nicht durch die Flüchtlingskrise importiert. Nein, das ging damals nicht anders. Das musste man in Kauf nehmen.

2016 haben Sie auch einige SPD-Parteikollegen in Berlin kritisiert. Sinngemäß: Die SPD gebe viel zu komplizierte Antworten auf die Fragen der Menschen und sollte viel mehr auf die Praktiker in den Kommunen hören.

Maly: Auf Berliner Ebene – unabhängig von Parteizugehörigkeit – gibt es eine Grundeinstellung: Wir müssen den Deppen in den Rathäusern sagen, wie es geht, weil nur wir den Überblick haben. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall. Dort, wo menschliche Lebensverhältnisse geklärt werden müssen – der Kindergarten, die Schule, die Wohnung –, ist das kommunale Know-how durch nichts zu ersetzen. Es ist ein Stück strukturell fehlender Respekt gegenüber der Leistungsfähigkeit der kommunalen Ebene. Das hat mich geärgert.

Sie sprachen von den "Kommunalos, die immer gewusst haben, was Integration bedeutet". Was wollten Sie damit sagen?

Maly: Wir Kommunalos haben zum Beispiel Folgendes gelernt: Man muss bei der Sprachförderung dranbleiben. Vor allem bei den Erwachsenen und Nachgezogenen. Man muss diese Menschen "quälen", im Sinne von fordern und fördern. Sie dürfen nicht in ihren Gruppen verschwinden, denn das ist die Einladung zur Parallelgesellschaft.

05.09.2015, Bayern, Münchener Hauptbahnhof: Ein Flüchtling, der kurz zuvor mit einem Zug angekommen ist, läuft über den Bahnsteig und hält dabei ein Foto von Angela Merkel in den Händen.
Foto: Sven Hoppe, dpa

Sie warnten auch vor einer sozialen Explosion. Davor, dass verschiedene Problemgruppen gegeneinander gehetzt werden. Zum Beispiel bei der Wohnungssuche die Alleinerziehende gegen den Studenten gegen den Flüchtling. Ist es explodiert?

Maly: Wenn, dann im Einzelfall. Aber zu der großen Explosion kam es nicht – und zwar deshalb, weil die Kommunen alles dafür getan haben, das zu verhindern. Denn wir wussten alle, dass es bei der Kindergartenplatzsuche und auf dem Wohnungsmarkt Sozialneidphänomene geben könnte.

Herr Maly, zwei Beispiele aus Nürnberg, aus Ihrer Stadt, die bundesweit Aufsehen erregten. Erstens: Vergangenes Jahr war Benigna Munsi, deren Vater aus Indien stammt, das Nürnberger Christkind. Ist das ein Beispiel gelungener Integration?

Maly: Jein. Benigna ist sicherlich kein prototypischer Fall, da ihre Eltern beide gut bezahlte Akademiker und alle Geschwister voll integriert sind. Aber die Familie ist sicherlich ein Beweis dafür, dass Integration, wenn alle Voraussetzungen stimmen, funktioniert.

Zweitens: Einige hundert Berufsschüler errichteten 2017 eine Sitzblockade und legten sich mit der Polizei an, weil ein afghanischer Mitschüler abgeholt werden sollte, um abgeschoben zu werden. Ist das Integration?

Maly: Ja. Wenn du deinen Mitschüler kennenlernst, baust du eine Bindung zu ihm auf. Anfangs hast du keine Angst mehr vor ihm, dann schließt du vielleicht sogar Freundschaft und im besten Fall solidarisierst du dich. Viele Kinder mussten erleben, dass ihre neuen Freunde, die sie zum Geburtstag eingeladen hatten, abgeschoben wurden. Und in vielen Klassenverbänden hat sich dann auch ein ziviler Ungehorsam gerührt. Das ist das Zeichen dafür, dass Integration dort funktioniert, wo sie funktionieren muss und funktionieren kann. Vor Ort, in der Interaktion zwischen den Menschen.

Ulrich Maly: "Ein Einzelzimmer im Lockdown, das man nicht verlassen darf, hat etwas von Gefängnis"

Schauen wir uns die Situation der Flüchtlinge heute an, Stichwort Corona. Viele Menschen haben Einzelunterbringung gefordert. Halten Sie das für realistisch?

Maly: Die Frage ist eher, ob das richtig ist. Ein Einzelzimmer im Lockdown, das man nicht verlassen darf, ist kein Vergnügen. Das hat etwas von Gefängnis. Es ist versucht worden zu entzerren, wo es geht. Radikale Lösungen, die rein von Virologen diktiert werden, mögen zwar infektiologisch richtig sein, aber auch nicht human. So einfach ist es eben nicht.

Sie haben damals etwas ganz Ähnliches wie Angela Merkel gesagt: "Ängste zu minimieren, ist politischer Auftrag. Wenn wir das wollen, schaffen wir es." Haben Sie das geschafft?

Maly: Ich habe es versucht. Mit reden, reden und noch mehr reden. Ich bin davon überzeugt, dass man mit den Leuten sprechen muss, um ihnen die Ängste zu rauben. Dass man den Fake News faktische Daten entgegensetzen und Begegnungen organisieren muss. Nur so können die irrationalen Ängste abgebaut werden.

Zur Person: Ulrich Maly, 60, war von 2002 bis 2020 SPD-Oberbürgermeister von Nürnberg sowie mehrere Jahre lang Präsident und Vizepräsident des Bayerischen Städtetages. Heute ist er im Ruhestand. Er engagiert sich für die Nürnberger Bewerbung zur Kulturhauptstadt und ist im Aufsichtsrat des 1. FC Nürnberg.

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