Was das Riedberger Horn ausmacht
Im Alpenverein sind mehr als 1,1 Millionen Menschen organisiert. Mit einer Resolution wendet er sich nun gegen die Skischaukel-Pläne der Staatsregierung. Was steckt dahinter?
Warum haben Sie als Präsident des Deutschen Alpenvereins eine Resolution mitverfasst, in der das Aus des Skiliftprojekts im Oberallgäu gefordert wird?
Josef Klenner: Es ist offensichtlich geplant, dass die Schutzzonen am Riedberger Horn verändert werden sollen, um eine Erschließung für den Wintersport möglich zu machen. Wenn dafür Ausgleichsflächen geschaffen werden, ist das für uns keine Alternative. Denn durch die Veränderung steht der Alpenplan für die Bayerischen Alpen insgesamt zur Disposition. 44 Jahre besteht dieser Plan unverändert. Das hat sich sehr bewährt.
Inwiefern?
Klenner: Es sind ökologisch bedeutsame Gebiete unerschlossen geblieben, am Watzmann beispielsweise. Das Riedberger Horn war von Anfang an ebenfalls unter Schutz gestellt; in genau den Grenzen, die heute noch gültig sind. Immer wieder mal ist versucht worden, Ausnahmen zu bekommen und Projekte zu realisieren. Letztlich ist aber nichts geschehen, weil man die Schutzzonen respektiert hat.
Handelt die Staatsregierung dann jetzt respektlos?
Klenner: Das will ich so nicht sagen. Respektieren heißt für mich einhalten und akzeptieren, dass die Grenzen so bestehen. Jetzt will man das nicht mehr so. Zonen sollen verändert werden, um letztlich am Riedberger Horn eine Seilbahn zu bauen. Das ist der Einstieg in den Ausstieg des Schutzes der Alpen. In Österreich sieht man an mehreren Beispielen, was es bedeutet, wenn wirtschaftliche Interessen dominieren. Das hat fatale Folgen für die Natur und das Landschaftsbild. In Bayern ist das bislang so nicht möglich.
Der Alpenplan mit seinen abgestuften Schutzzonen A, B und C bezieht sich zunächst einmal auf die Alpenregion im Freistaat. Deshalb, so argumentiert Heimatminister Markus Söder, hat Bayern sehr wohl das Recht, Zonen zu verändern – ohne, dass dabei internationale Vereinbarungen verletzt werden. Wie sehen Sie das?
Klenner: Das kann ich so nicht nachvollziehen. Die bayerischen Alpen gehören auch in die Alpenkonvention, die sich auf den gesamten Alpenraum erstreckt. Und das Bodenschutzprotokoll dieser Alpenkonvention bezieht sich das auf den Bereich des Riedberger Horns. Wenn dort eine Erschließung vorgenommen wird, dann trifft das den Alpenplan und ebenso das Bodenschutzprotokoll dieser internationalen Vereinbarung. Die getrennten Schutzpläne gelten für ein und denselben Raum.
Die österreichischen Alpen sind ja ebenfalls von der Alpenkonvention abgedeckt. Das hält die Österreicher aber offenbar nicht davon ab, ihre Tourismusprojekte in den Bergen voranzutreiben.
Klenner: Die Konsequenzen bei Verstößen gegen die Alpenkonvention sind kaum durchsetzbar. Das muss man sehen. Und deshalb ist die Wirksamkeit der Alpenkonvention in weiten Bereichen deutlich geringer als beispielsweise die des bayerischen Alpenplans.
Dann ist die internationale Konvention nichts anderes als ein stumpfes Schwert.
Klenner: So ist es leider.
Was bezwecken Sie mit Ihrer Resolution?
Klenner: Es soll ein Signal sein, dass der Deutsche Alpenverein hier klare Position bezieht. Wir werden weiter versuchen, die Bayerische Staatsregierung dahingehend zu beeinflussen, dass sie die Zonen so lässt, wie sie sind; und dass man für das Skigebiet Riedberger Horn, Balderschwang, Grasgehen weiterhin und intensiver nach Alternativen für den Tourismus suchen muss. Bergsteigerdörfer etwa sind eine Besonderheit, auf die der Deutsche Alpenverein nun auch aufmerksam macht. Intern haben wir uns die Aufgabe gestellt, das Thema stärker anzugehen, um konkretere Vorschläge zu machen.
Die jüngste Söder-Idee sieht vor, dass die von dem Skischaukel-Projekt betroffenene Fläche in der Schutzzone C von 150 auf 80 Hektar reduziert wird. Das sind dann nur 0,04 Prozent des gesamten Areals. Gleichzeitig sollen künftig 291 Hektar Kompensationsflächen auf der Flur Balderschwangs unter höchstem Schutz stehen. Ist das kein Zugewinn an Naturschutz?
Klenner: Was passiert denn hier? Man geht her und verändert aus wirtschaftlichen Gründen heraus die bislang geschützten und noch ursprünglich erhaltenen Zonen – und weist Ausgleichsflächen dafür aus, die in ihrer Qualität nicht vergleichbar sind. Die kann ich dreimal, fünfmal, zehnmal so groß machen. Das ändert überhaupt nichts an der Tatsache, dass ich eine Schutzzone aufhebe und einer wirtschaftlichen Nutzung unterwerfe. Und 0,04...das nächste Mal geht es dann um ein Prozent und um zwei Prozent der geschützten Fläche. Das sind dann zwar immer noch kleine Zahlen. Aber es wird eine Kette entstehen, die massive Auswirkungen haben wird. So verschenkt der Freistaat wertvolle Dinge: unter Schutz gestellte Räume, die man woanders nie erzeugen kann.
So klar wie Ihre Position ist wohl auch die des Ministerpräsidenten und des Heimatministers. Bedeutet das dann, dass es zwangsläufig auf einen Rechtsstreit hinauslaufen wird?
Klenner: Unsere erste Zielsetzung ist natürlich, zu Gesprächen bereit zu sein und nach Lösungen zu suchen, die ohne Rechtsstreit realisierbar sind. Ich weiß, dass andere Naturschutzverbände da auch eine andere Position als wir einnehmen. Aber noch sind nicht alle Verhandlungswege ausgeschöpft.
Die Diskussion ist geschlossen.