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Porträt
11.03.2011

Von der Welt, wie sie sein könnte

Zeichner Janosch und seine Figuren.
Foto: dpa

Horst Eckert ist der vermutlich einzige Mensch, der die Tigerente nicht leiden kann. Dieses kitschige Ding. Das wäre an sich nicht weiter schlimm, wäre Eckert nicht Janosch. Janosch, dieser begnadete Eskapist, wird heute 80 Jahre alt. Die Wirklichkeit ist für ihn nach wie vor überschätzt

München Heute, an seinem Geburtstag, möchte er eigentlich nichts weiter tun, als in seiner Hängematte liegen und in den Himmel schauen, sagt Janosch, aber das muss nichts heißen. Es kann auch alles ganz anders sein. Dieser Janosch, der heute 80 Jahre alt wird, erzählt einem alles und nichts. Sagt in einem Interview, dass er seine berühmteste Kreation, die Tigerente, von dem Maler F.K.Waechter gestohlen habe, erklärt im nächsten, dass dies natürlich keineswegs stimme, behauptet im dritten, er sei erpresst worden und müsse nun leider zugeben, dass er das Vieh doch geklaut habe. So ist das mit ihm.

Je mehr man hört, sieht und liest von diesem Mann, den alle Welt einen Kinderbuchautor nennt, wo er doch in Wahrheit ein Universalkünstler ist, ein großartiger Maler, Zeichner, Schreiber, ein Traumfänger, Weltenfinder, Paradiessucher, je tiefer man also in die wundersame Welt des Janosch hinabtaucht, desto umfassender verliert man die Orientierung: Wer ist dieser große Mann mit den weißen Haaren, den blauen Pupillen, den buschigen Augenbrauen und dem Seemannsschnäuzer, dessen Figuren Kinderzimmer überall auf dem Globus bevölkern und dessen Geschichten die Gedanken der dort Lebenden kapern? Welcher seiner Sätze ist wahr, was entspricht der Wirklichkeit?

Die Wirklichkeit ist kohlenschwarz und diesig

Die Wirklichkeit ist kohlenschwarz und diesig, sie riecht nach verfaultem Holz, nach altem Kraut. Diese Mischung, sagt Janosch, sei sein „Seelengeruch“, der Geruch seiner Kindheit. Als Kind wächst er im nebligen Niemandsland auf, in der oberschlesischen Bergarbeitersiedlung Hindenburg, das heute zu Polen gehört und Zaborze heißt, direkt am Grenzfluss, im letzten Haus vor der deutschen Grenze. Der Vater ist Säufer, ein Schläger, abends, wenn er betrunken ist, droht er, am nächsten Morgen seine Familie umzubringen. Die Mutter ist still und streng und abweisend und kalt. Der Jesuitenpater, der das Kind ab dem siebten Lebensjahr unterrichtet, lehrt Ehrfurcht und erzählt viel vom Fegefeuer. Der kleine Janosch, der damals noch Horst Eckert heißt, wünscht sich einen Farbkasten, einen Farbkasten mit Gold, Silber und Rosa darin, denn die Welt, die ihn umgibt, ist dunkel, ist dumpf, ist matt, Janosch will sie übermalen. Später, da ist er reich und berühmt, sagt er: „Die ersten Jahre meines Lebens waren die totale Zerstörung meiner Person.“ In diesen schmutzigen, schmerzvollen ersten Jahren aber hat sich herausgebildet, was Janosch seither die „Grundstimmung“ seines Lebens nennt: die Auflehnung gegen alles, was in seinen Augen Macht ausübt, Kirche, Staat, Vorgesetzte, Banken, Anwälte, alles. Die gesamte Erwachsenenwelt, sobald Janosch sie einmal als dumm, anmaßend, brutal oder selbstgerecht identifiziert. Im Zweifelsfall haben ihn alle immerzu betrogen. Um sein vieles Geld sowieso.

Neben dieser Auflehnung entwickelt sich bei Janosch früh ein Gefühl von Heimatlosigkeit, das Wissen um seine Unbehaustheit. Dazu kommt eine Sehnsucht nach wahrer Freundschaft, der unerschütterliche Glaube an Freiheit, an eine Welt als Wille und Vorstellung. Und schließlich die Gewissheit, dass so etwas wie das Glück niemals woanders als in sich selbst gefunden werden kann. In „Oh, wie schön ist Panama“, seinem größten Erfolg, seinem bleibenden Buch, verlassen Tiger und Bär eines Tages ihr Zuhause und machen sich auf den Weg nach Panama, in ihrer Vorstellung ist es das Paradies. Am Ende der Reise kommen sie, ohne es zu merken, exakt dort an, wo sie aufgebrochen sind. Von außen betrachtet hat sich nichts verändert, und doch sind die zwei nun glücklich – weil sie glauben, in Panama zu sein.

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Das Panama im Leben von Janosch heißt Teneriffa, seit nun 31 Jahren. Und seit ungefähr dieser Zeit zeichnet Janosch in der Öffentlichkeit mit Vorliebe von sich selbst das Bild des losgelösten Anarchisten; ein Eremit und Eigenbrötler, der im Steinhaus hoch in den Bergen jener spanischen Insel lebt, mit sich und der Welt im Reinen.

Es ist ein starkes Bild, aber letztlich ist es ein Bild. Als Janosch vor einem Jahr einmal kurz seine Insel verlässt, nach München reist, um hier seine alte Neuhauser Dachgeschosswohnung zu entrümpeln, sieht der mitgereiste Reporter die Requisiten eines anderen, früheren Lebens: überall leer getrunkene Rotweinflaschen, Pinsel, Kreide, Skizzenbücher, Stifte kreuz und quer auf Tisch und Fußboden verteilt. Ein mit religiösen Motiven bemalter Schrank, eine zerschrammte Gitarre, eine durchgelegene Matratze. Ein Janosch, der umherläuft, der hastig Schubladen aufzieht, in denen, mit Klammern gehalten, gleich bündelweise Geldscheine rumliegen. In dieser Bude hat er Rum gesoffen, um malen zu können, von hier ist er mit Freunden für ein Mittagessen nach Straßburg gefahren, hat er mit Astrid Lindgren und Tomi Ungerer geredet, getrunken, geraucht. In dieser Bude hat Janosch zu jener Zeit gelebt, als er einige Semester an der Akademie studierte, bevor die Professoren ihm nahelegten, die Uni zu verlassen. Er besitze nicht genug Talent. Ende der fünfziger Jahre ist das gewesen, ein paar Jahre zuvor war Janosch über Norddeutschland nach München gekommen, in Oldenburg hatte der gelernte Schmied als Textilweber gearbeitet, doch das ist nicht das Richtige.

In München beginnt Janosch zu zeichnen, später fügt er zu seinen Zeichnungen kleinere Texte bei. Ein Freund rät ihm, seine Arbeiten zu bündeln; 1960 erscheint „Die Geschichte von Valek dem Pferd“, es ist Janoschs erstes Kinderbuch. Mittlerweile sind es über 150 Titel, seine Werke wurden in 30 Sprachen übersetzt, Janosch hat über zwölf Millionen Bücher verkauft. Dazu kommen die Filme, Hörspiele, Romane, Theaterstücke, Radierungen, Aquarelle. Man kann den Eindruck gewinnen, als male das Kind, das Janosch einmal war, jetzt, in den Jahren, da er ein Erwachsener ist, all jene Bilder, die er sich damals als Kind gewünscht und gesehen hat – eine leuchtend bunte Welt voll von krakelig gezeichneten Figuren. Und es sieht so aus, als erzähle Janosch in all seinen Geschichten von sich und einer Welt, nicht wie sie ist, sondern wie sie sein könnte. Es sind Geschichten, die häufig von einer Umkehrung, von einer Verkehrung der Machtverhältnisse erzählen, etwa wenn Janosch Grimms Märchen neu schreibt und nun der Froschkönig seine goldene Kugel verliert, sie von einem kleinen Mädchen wiederbekommt – und dieses dann den Froschkönig heiraten will. Janoschs Helden sind frech, aber auch liebevoll, sie sind listig, trotzdem stets höflich, die Kleinen, Schwachen sind hier die Starken, sie laufen, fliegen, watscheln durch eine Welt, die von Freiheit durchdrungen, von Freundschaft getragen, von Träumen beseelt ist. Und die, käme nichts hinzu, furchtbar kitschig und schrecklich langweilig wäre.

Dass sie das nicht ist, liegt daran, dass Janosch seine Geschichten mit Sarkasmus und mit Humor erzählt. Dass er keine heile Welt schafft, dass er anarchische Wünsche wie Versuchsballons aufsteigen lässt. Seine Helden wollen wahlweise Obst klauen, Schwarzfahren oder gleich zum Mond fliegen.

Eigentlich müsste Janosch glücklich sein

Seine bekanntesten Figuren, der Tiger und der Bär, sehnen sich nach nichts so sehr wie nach dem Aufbruch, dem Auszug aus allen bestehenden Verhältnissen – und treffen mit ihrer Aussteiger-und-Auswanderer-Sehnsucht zu Beginn der achtziger Jahre punktgenau das Lebensgefühl jener Schicht linksalternativer, institutionenkritischer, umweltbewusster, friedensbewegter Menschen, die ihre Kinder in den Kinderladen stecken, ihr Liebesleben in der WG diskutieren und Politik in Bürgerbewegungen organisieren. Und die Kinder, die damals eine schwarz-gelb gestreifte Tigerente geschenkt bekamen, sind heute Erwachsene, die nun ihren Kindern Janosch-Bücher kaufen, Tigerenten schenken. Janosch müsste sehr glücklich sein.

Spricht man ihn aber darauf an, speziell auf seine Tigerente, die es mittlerweile überall gibt, auf Handtüchern, als Trinkflasche und als Holzspielzeug, dann verengen sich seine Augen zu schmalen Schlitzen: „Scheiß Tigerente“, flucht Janosch, nie habe er dieses kitschige Ding gemocht, es doch nur deshalb ins Bild gemalt, weil da noch Platz war. Aus keinem anderen Grund.

Ob das stimmt, ob das wahr ist? Wer kann das wissen. Aber man ahnt, dass die Frage nach Wirklichkeit und Wahrheit bei Janosch die falsche ist. Weil Wahrheit nichts erklärt, weil Wirklichkeiten ihm nichts bedeuten. Nur Geschichten tun das, seine Geschichten. In einem seiner Interviews sagte Janosch einmal: „Eine gute Illusion ist besser als eine Scheißwahrheit.“

In diesem Sinne: Schöne Grüße in die Hängematte!

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