
Studenten testen Wohnkonzepte für Senioren

Die Hochschule Kempten stattet eine Forschungswohnung mit Assistenzsystemen für ältere Menschen aus. Wie damit etwa Stürze verhindert werden sollen.
Auf den ersten Blick könnte die Wohnung im Kemptener Stadtteil Sankt Mang einem Einrichtungskatalog entsprungen sein: Sie ist hell und modern eingerichtet. Ein großer Esstisch, ein verstellbarer Sessel und ein Bücherregal sorgen für eine gemütliche Atmosphäre im Wohnzimmer.
Hinter der unaufgeregten Fassade verbirgt sich aber ein spannendes Experiment: Die 55 Quadratmeter große Wohnung in einer Seniorenwohnanlage der Baugenossenschaft BSG Allgäu ist mit hochmodernen Assistenzsystemen für Senioren ausgestattet. Professoren und Studenten der Fakultäten Elektrotechnik und Soziales und Gesundheit der Hochschule Kempten haben sie in den letzten Monaten eingerichtet.
Der Laboringenieur Alexander Karl führt stolz durch die Wohnung. Er ist für die praktische Umsetzung des „living lab“ (dt: lebendiges Labor) zuständig. „Ich erwarte mir von dem Experiment, dass wir intelligente Lösungen finden, Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen das Leben zu erleichtern.“ Ihm ist wichtig, dass die technischen Besonderheiten in der Wohnung möglichst im Hintergrund verschwinden. Sie verbergen sich etwa unter dem Boden oder in Schränken.
Sensoren merken, wenn jemand stürzt
Im Wohnzimmer können Bewohner das biodynamische Licht über eine Art Fernbedienung steuern: Es kann in verschiedene wärmere oder kühlere Töne eingestellt werden und unterstützt so den Biorhythmus der Senioren. Eines der wichtigsten Elemente sind für Karl aber die Sturzsensoren, die sich unter dem Parkettboden verbergen. Mit einer Art Puppe demonstriert er, was passiert, wenn jemand mehr als zehn Sekunden auf dem Boden liegen bleibt: „Dann geht ein Notruf an die Johanniter.“ Einige der technischen Geräte sind noch Prototypen und sollen von Studenten und deren Betreuern noch weiterentwickelt werden.
Dazu sollen bald verschiedene ältere Menschen als Probanden die Wohnung testen. Einigen Bewohnern aus der Anlage in Sankt Mang habe er das Projekt schon vorgestellt, sagt Karl. „Die waren dem gegenüber alle sehr aufgeschlossen.“ Er betont aber auch, dass die künftigen Testbewohner nicht nur aus der Seniorenwohnanlage kommen. So sollen möglichst viele ältere Menschen aus verschiedenen Wohnformen teilnehmen, damit die Ergebnisse repräsentativ sein können.

Laut Karl stehen schon einige Studenten in den Startlöchern, die Hausarbeiten oder auch ihre Abschlussarbeiten über das Experiment schreiben möchten. „Eigentlich ist die Wohnung für alle möglichen Studienrichtungen interessant“, sagt Karl. Elektrotechniker könnten dort genauso forschen wie Architekten oder Gesundheitsmanager. Auf einen bestimmten Zeitraum ist die Forschungswohnung nicht ausgelegt. „Wir planen das langfristig“, sagt Karl. Der große technische Aufwand solle schließlich auch zu gesicherten Ergebnissen führen.
Weiter geht der Rundgang in die Küche. „Der Kühlschrank soll intelligent ausgebaut werden“, erzählt der Laboringenieur. Das bedeutet, dass etwa mit einem elektronischen Bestellsystem Lebensmittel direkt beim nächsten Supermarkt angefordert werden können. Hinten, in der Ecke, verbergen sich weitere Knöpfe: Ein kurzer Knopfdruck genügt, und die Arbeitsfläche wird inklusive der Spüle heruntergefahren.
Am Geländer kann der Puls gemessen werden
Die kleinen, technischen Unterstützer sollen nicht nur den Bewohnern, sondern auch dem Pflegepersonal oder der Familie die Arbeit mit den Senioren erleichtern. Im Bad steht etwa eine Toilette, an die ein Bildschirm angeschlossen ist: Er zeigt verschiedene Gesundheitsdaten an. Am Geländer kann der Puls gemessen werden, auch ein EKG ist möglich. Die verschiedenen Elemente in der Wohnung sollen auch Grenzen technischer Assistenzsysteme aufzeigen. Nicht alles werde sich bewähren, sagt Karl.
Das bayerische Kultusministerium finanziert die Lehrwohnung hauptsächlich. Bald schon sollen erste Forschungsprojekte von Studenten beginnen. Die Verantwortlichen hoffen, dass mit der Wohnung auch die Öffentlichkeit auf das Thema Assistenzsysteme für Senioren aufmerksam wird. Denn möglichst lange zuhause wohnen zu können, sei mittlerweile bei immer mehr älteren Menschen ein großer Wunsch, sagt Karl.
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