Kohnen steht allein, aber sie steht
Trotz massiver Kritik an der Vorsitzenden hat sich nach der Wahlpleite in Bayern niemand gefunden, der gegen sie antritt
Sensationell schlecht war das Ergebnis, sensationell kurios ist die Konsequenz: Trotz des Desasters bei der Landtagswahl findet sich in der bayerischen SPD offenbar niemand, der am heute beginnenden Landesparteitag in Bad Windsheim gegen Parteichefin Natascha Kohnen kandidieren will. Dabei würde sie sich das sogar wünschen, weil damit, wie sie sagt, ein offener Wettbewerb um die besten Ideen entfacht werden könnte.
Dass der Partei neue Ideen nicht schaden könnten, liegt auf der Hand. Im Jahr 2013 hatte die Bayern-SPD mit dem damaligen Münchner Oberbürgermeister Christian Ude als Spitzenkandidaten noch 20,6 Prozent der Stimmen holen können. Vergangenes Jahr ist sie noch tiefer gestürzt, als selbst die größten Pessimisten geglaubt hatten. Nur noch 9,7 Prozent der Wähler gaben den Sozialdemokraten ihre Stimme. Es ist ein historisches Tief.
Kohnen gibt dennoch nicht auf. Einfach hinzuschmeißen, so sagt sie, sei nicht ihr Ding. Sie hat sich über den Jahreswechsel eine Auszeit genommen, zweieinhalb Wochen Thailand, jetzt ist sie wieder da und sagt: „Ich habe ganz klare Vorstellungen, was ich will.“ Sie will Defizite und Fehler offen ansprechen und die Vertrauenskrise zum Thema machen. An den Inhalten liege es nicht, sagt sie. Die soziale Frage sei virulent: Wohnen, Pflege, Gesundheit, Bildung. Entscheidend sei, ein Mittel gegen die Grundskepsis der Wähler zu finden: „Macht die SPD das, was sie sagt?“ Kohnens Antwort: „Wir müssen klarmachen, dass wir die schützende Hand für die Leute sind.“
Die Partei weiß noch nicht, was sie will. Und Kohnen weiß noch nicht, ob die Partei ihr Angebot annimmt. Kritiker wie der Münchner Bundestagsabgeordnete Florian Post halten der 51-jährigen Landesvorsitzenden vor, sie hätte zur Seite treten und Platz für einen Neuanfang machen sollen. Kohnen kontert: „Jeder, der eine andere Idee hat, ist herzlich eingeladen zu kandidieren.“ Diese Einladung habe bisher niemand angenommen. Auch die Kritik, dass sie keine Briefe von Parteimitgliedern beantworte, will Kohnen nicht auf sich sitzen lassen: „Ich telefoniere gerade mit allen. Mit Briefen geht das nicht.“
Heute beginnt in Bad Windsheim die große Aussprache. Das Ergebnis ist offen.
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