„Heilig’s Blechle, jetzt langt’s!“: Schwaben wollen eigenes Wörterbuch
Schwaben und Franken streiten gemeinsam für ihre Dialekte. Die Mundartforschung, so fordern sie, müsse endlich einen ähnlichen Stellenwert bekommen wie in Altbayern.
Für Schwaben und Franken geht es in dieser Sache ans Eingemachte. „Heilig’s Blechle, jetzt langt’s“, sagt der Würzburger Abgeordnete Oliver Jörg (CSU). „Des wär ja no schöner“, sagt sein Günzburger Kollege Alfred Sauter (CSU). Beide haben sich zum Ziel gesetzt, in der Mundartforschung in Bayern für Gerechtigkeit zu sorgen. Ihre Forderung: Der wissenschaftlichen Erschließung der fränkischen und schwäbischen Dialekte müsse von staatlicher Seite der gleiche hohe Stellenwert eingeräumt werden wie den Arbeiten am Bayerischen Wörterbuch.
Tatsächlich wird der Erforschung des Bayerischen ein Mammutprojekt gewidmet, das auf rund 70 Jahre ausgelegt ist. Der Start war im Jahr 1995. In den Jahren 2060 bis 2065 sollen die zehn oder elf Bände des Bayerischen Wörterbuchs komplett sein. Dafür wurde die Kommission für Mundartforschung bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften mit fünf Vollzeitstellen (vier Wissenschaftler und eine Verwaltungsangestellte) ausgestattet. In Franken gibt es dagegen gerade mal eine wissenschaftliche Stelle und eine Halbtagskraft für die Verwaltung. In Schwaben liegt die Personalausstattung bei null.
„Das als ungerecht zu empfinden, dazu muss man nicht einmal Schwabe sein“, sagt der Augsburger Sprachwissenschaftler Werner König. Zwar gebe es das vor wenigen Jahren erschienene Dialektwörterbuch von Bayerisch-Schwaben, das von der Sprachwissenschaftlerin Brigitte Schwarz „mit viel freiwilliger Leistung“ und etwas finanzieller Unterstützung des Bezirks erstellt wurde. Doch das sei, so König, „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“.
Nur etwa 3000 Stichwörter seien darin enthalten, aber 36000 schwäbische Wörter ruhten noch unbearbeitet in einer Datenbank. Und ein Vergleich dieser Datenbank mit dem bald 100 Jahre alten schwäbischen Wörterbuch von Hermann Fischer zeige, dass dort nur etwa 40 Prozent des Wortschatzes erfasst und bearbeitet seien. Deshalb sollten, wie König fordert, auch für Bayerisch-Schwaben Mittel bereitgestellt werden, „damit auch diese Region Bayerns ein Wörterbuch erhält, das annähernd vollständig den Wortschatz erfasst.“
Schwaben und Franken appellieren an den Landtag
In Franken, wo die Sprachwissenschaftlerin Mechtild Habermann (Universität Erlangen) die Federführung für ein fränkisches Wörterbuch hat, gibt es nach Aussage des CSU-Abgeordneten Jörg zwar schon etwas mehr. Doch auch dieses Projekt sei im Vergleich zum Bayerischen Wörterbuch nicht ausreichend mit Personal ausgestattet. „Die Breite des fränkischen Dialekts erfordert in der wissenschaftlichen Aufarbeitung die nötigen Ressourcen“, sagt Jörg. Die Finanzierung sei überschaubar.
Weil bisher alle Versuche scheiterten, über das Wissenschaftsministerium eine bessere Ausstattung ihrer Dialektforscher zu erreichen, versuchen es Schwaben und Franken jetzt über den Landtag. Mehr als zwei Dutzend Unterschriften haben Jörg und sein Kollege Sauter in der CSU-Fraktion schon für einen Antrag gesammelt. Auch einflussreiche CSU-Politiker wie Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Fraktionschef Thomas Kreuzer und der frühere bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel haben unterschrieben.
Sauter gibt sich zuversichtlich, dass der Antrag angenommen wird. „Bei allem Verständnis für die altbayerische Mehrheit steht zweifelsfrei fest, dass sie Bayern nicht alleine ausmacht“, sagt Sauter und setzt darauf, dass zuletzt auch Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle einlenken wird. „Er zeigt sich da bisher uneinsichtig, um nicht zu sagen störrisch“, sagt Sauter, „aber ich denke, wir kriegen das hin.“
Ausdrücklich unterstützt wird der Vorstoß auch vom Chef der Mundartkommission in München, Anthony Rowley. „Es wäre schön, wenn auch für Franken und Schwaben zusätzliche Mittel vorhanden wären,“ sagt er.
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