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Porträt
10.03.2018

Mein Leben an der Seite des großen Filmregisseurs Helmut Dietl

Helmut und Tamara Dietl 2002 bei der heimlichen Hochzeit in Venedig. Nur Trauzeugen waren da: die Schauspieler Jan Josef Liefers und Anna Loos.
Foto: Privatarchiv Tamara Dietl

Sie war seine letzte Ehefrau. Sie sah ihn leiden und sah ihn sterben. Wie Tamara Dietl heute über ihren Mann denkt und wie sie ihren Weg allein weitergeht.

Szene eins, Klappe, die erste – Blick ins Arbeitszimmer. Hier also hat er getüftelt. Ein Dachgeschossraum, so groß wie eine komplette Wohnung. Wenn man reinkommt, steht links an der Wand noch immer sein dunkelbrauner, wuchtiger Holzschreibtisch.

Die Märzsonne strahlt auf die Dächer Schwabings herab. Es ist so ein Tag, für den man den Göttern danken möchte. Und es braucht nur ein wenig Fantasie, um sich vorzustellen, wie Helmut Dietl dasitzt und vom Wetter inspiriert an einem Drehbuch schreibt. Nur die Zigarette, die lange Zeit seines Lebens unvermeidlich gewesen ist, wirkt in diesem Kopfkino wie ein Relikt aus einem anderen Jahrhundert.

Inmitten dieses großzügigen Büros hängt über dem offenen Kamin ein Bild, das ihm sein letzter Co-Autor Benjamin von Stuckrad-Barre geschenkt hat. Darauf steht in krakeligen Buchstaben gepinselt: „Ein bissel Geld, ein bissel Sex, ein bissel Tragik und ein bissel Traum, Märchen... Monarchie... Hochfinanz und Industrie, und ein bissel Perversion, des wäre die ideale Mischung.“ Ein Zitat aus Dietls großartiger Serie „Kir Royal“. Sie brachte das Münchner Lebensgefühl der 80er Jahre auf den Punkt.

Es waren aufregende Zeiten – vor allem mit den Augen Dietls gesehen. Wilde Partys, die Schickeria, steile Karrieren, noch steilere Abstürze. Seine Witwe Tamara Dietl hat das alles nicht selbst erlebt. Die gebürtige Hamburgerin lernte den Regisseur von so genialen Serien wie „Münchner Geschichten“ und „Monaco Franze“ oder Filmen wie „Schtonk“ und „Rossini“ im Herbst seines Lebens kennen und lieben.

Er war damals 55, sie Mitte 30. Die beiden haben ein Wunschkind, die heute 15-jährige Serafina, Dietls jüngste Tochter. Vor allem diese zwei Menschen haben den Regisseur und Drehbuchautor während seines letzten Werks „Zettl“ begleitet, der im Kino floppte. Sie blieben bei ihm, bis der Kettenraucher vor ziemlich genau drei Jahren an einer Krebserkrankung starb.

An diesem schönen Tag hätte einen ein Aufzug in Sekundenschnelle nach oben ins Dachgeschoss geführt. Doch das Treppenhaus im Gebäude aus der Gründerzeit hat so viel Flair, dass man lieber die Treppen hinaufschnauft. Eine auf den ersten Blick grundsympathische, selbstbewusst wirkende Frau öffnet die Tür. Tamara Dietl ist nicht nur die Witwe von Helmut, sondern auch die Tochter des früheren SPD-Bundespolitikers Freimut Duve und Urgroßnichte des Begründers des Zionismus, Theodor Herzl. Und sie ist nicht nur Frau und Kind von Prominenten, sondern hat in ihrem Leben selbst schon viel geschafft.

Das frühere Büro Dietls hat sie zu ihrem gemacht. Ein großer weißer Tisch vorm Fenster, daneben ein riesiges Flipchart-Schaubild mit gezeichneten Kurven und Coaching-Begriffen. Tamara Dietl hat neben ihrer Karriere als Journalistin, unter anderen bei Spiegel TV, noch eine jahrelange Ausbildung zur Beraterin gemacht. Neudeutsch heißt das Consultant. Sie mag den Begriff nicht. Heute berät sie Konzerne, Ärzte, Journalisten und erarbeitet mit ihren Kunden, wie diese die richtige Haltung gewinnen können zu dem, was ihnen das Leben an Fragestellungen vorsetzt. Daneben lehrt sie an der Filmhochschule, hält Vorträge und schreibt Bücher.

Durch das Fenster schaut man hinüber auf die pittoreske katholische Stadtpfarrkirche Sankt Ursula mit ihrem Kuppeldach. Dietl war nie ein gläubiger Mensch, seine Frau ist es auch nicht. „Ich habe aber oft in der Nähe von Gotteshäusern gewohnt“, erzählt sie. Eine tiefere Bedeutung misst sie dem nicht bei.

Der filmische Nachlass wog fünf Tonnen

Den Tod ihres Mannes hat die 54-Jährige aufgearbeitet, zumindest, was das materielle Erbe betrifft. „Helmut war ein Sammler. Er konnte sich von nichts trennen.“ Am Ende bestand allein der filmische Nachlass aus 250 Kisten. Fünf Tonnen Material, von alten Filmrollen bis zu Drehbüchern, Zettelchen, Zelluloidschnipseln oder Regiestühlen. Sie hat es der Deutschen Kinemathek, dem Museum für Film und Fernsehen in Berlin, überlassen. Ende Juni plant die Gesellschaft eine Schau zu Ehren Dietls.

„Ich freue mich darauf“, sagt seine Witwe. „Die gehen gut mit dem Erbe um, da ist es richtig aufgehoben.“ Sie wirkt erleichtert, dass dieses Stöbern in der Vergangenheit abgeschlossen ist. „Das ging bis 2017, Gott sei Dank ist es vorbei.“ Sie kann eine Frau wie Maike Kohl-Richter nicht verstehen, die Anspruch auf das Lebenswerk ihres Mannes Helmut Kohl erhebt. „Ich hätte mich nie wie sie auf diese Kisten setzen können und sagen: Das gehört mir!“

Stattdessen hat sie bereits 2016 mit einer Ausstellung im Münchner Literaturhaus begonnen, die Filmlegende Dietl den Fans zurückzugeben. Parallel dazu veröffentlichte sie seine unvollendeten Erinnerungen: „A bissel was geht immer“ – ein Lieblingsspruch des Monaco Franze. Zuletzt folgte das Buch „Die Kraft liegt in mir“, in dem sie die Krankheitszeit bis zum Ende beschreibt. Noch nicht ganz spruchreif ist ein Projekt der vom bayerischen Generalhumoristen Gerhard Polt unterstützten Initiative „Forum Humor und komische Kunst“. Diese plant ein Museum in München, in dem auch Helmut Dietls Werke eine Rolle spielen sollen.

Tamara Dietl bekommt noch immer Mails, in denen ihr wildfremde Menschen für ihr Buch über die Leidenszeit und den Umgang damit danken. Sie kramt nach dem Handy und liest eine davon vor. Dann sagt sie: „Ich gebe etwas von mir, das anderen in der Bewältigung ihres Schicksals hilft. Und das wiederum hilft mir.“ An dieser Stelle kämpft sie mit den Tränen.

Dietl selbst mutmaßte, dass die Zerstörungswut des Feuilletons bezüglich seines letzten Films zumindest eine der psychischen Ursachen für die Krankheit gewesen sein könnte. Andererseits, so hat er für sich gegenargumentiert, habe er im Laufe seines Lebens etwa eine Million Zigaretten inhaliert, die auch nicht einfach verpufft sind. Tamara Dietl jedenfalls sagt: „Helmut war nach Zettl nicht mehr derselbe wie vorher.“ Er sei eine Zeit lang richtiggehend depressiv gewesen. Verwunden habe er die Schmach bis zuletzt nicht. Typisch deutsch sei das gewesen: Erst einen vergöttern, dann brutal niedermachen, sagt sie.

Kennengelernt hat sie ihren Mann, den ersten übrigens, mit dem sie zusammenlebte, im Sommer 1997. „Das geschah an einem sehr heißen Abend, und Helmut war schon lange der Helmut Dietl.“ Es sei zunächst nur eine Begegnung der Blicke gewesen. Eine Medienfirma hatte in Köln geladen. Dietl war im weißen Anzug da, sein eigenes Klischeebild verkörpernd, umschwirrt von Damen aus der Filmwelt.

Mehr als zwei Jahre dauerte es, bis aus dem Blickkontakt eine Beziehung wurde. Tamara Dietl lächelt bei dem Gedanken. Sie erzählt, wie sie bei ihm erst einmal durch die Wohnung, damals noch in der nahe gelegenen Ainmillerstraße, gezogen sei und das in ihren Augen Überflüssige aussortierte. „Die banale Infrastruktur des Lebens war nicht seine Stärke“, resümiert sie.

Tamara Dietl war Mitte 30, als sie ihren Helmut kennenlernte. Der Regisseur war zu diesem Zeitpunkt 55. Heute ist sie selbst fast so alt.
Foto: Dagmar Morath

Gleich nach der ersten Nacht hielt Dietl um ihre Hand an

Man kann die Komplexität dieser Beziehung nur erahnen. Er, der hochsensible Stadtneurotiker, dessen Antennen ständig auf Empfang standen. Sie, die Warmherzige, die Lebenspragmatische. Gleich nach der ersten Nacht hat Dietl um ihre Hand angehalten. Sie sagte: Ja, aber ich will ein Kind. Was folgte, war eine Art Liebessymbiose. Diese hat offensichtlich funktioniert, was vor allem bei ihm und seinem Vorleben nicht selbstverständlich war.

Die Qualität einer Beziehung zeigt sich ja vor allem in der Krise. Tamara Dietl schlägt, als sie über die letzten Jahre spricht, versehentlich mit dem Handrücken auf den Tisch. Fast erschrickt sie dabei, weil es kurz scheppert. Sie nimmt den dafür verantwortlichen opulenten Goldring mit Diamantsteinen ab. Der ist ganz besonders, erzählt sie. Sie hat nach dem Tod ihres Mannes alle wichtigen Ringe, die er ihr geschenkt hatte, zu diesem einen verarbeiten lassen.

Wie ist das mit seinem Vermächtnis? Sie muss kurz nachdenken, ehe sie sich zu einer Antwort durchringt. Darüber habe sie noch nicht nachgedacht, sagt sie schließlich. Um dann doch relativ schnell zu formulieren: „Ihm ging es um die Wahrheit, um die Kunst, in all seinen Geschichten die Wahrheit hinter der Wirklichkeit zu erzählen. Das, auf seine unnachahmlich humorige Weise dargestellt, ist es, was von ihm bleibt.“

Tamara Dietl muss lachen. Die Selbstzerfleischung der SPD in diesen Wochen und Monaten wäre „für Helmut ein Fest gewesen“, vermutet sie. Diese Widersprüchlichkeit, die Kleinkariertheit der Protagonisten – „das hätte ihn für einen neuen Stoff inspiriert. Dafür hatte er ein untrügliches Gespür.“

Fast hätte er ja seinem Werk noch einen weiteren Film hinzugefügt, den über einen alternden Regisseur. Eine Art Selbstporträt hätte es werden sollen. Was bisher kaum jemand weiß: Helmut Dietl hatte nach der „Zettl“-Schmach wieder zu arbeiten begonnen. Selbst als der Tod schon in ihm wütete, er dies aber körperlich noch nicht spürte, glaubte er noch an einen letzten Film. Sogar die Hauptdarsteller, Josef Hader und Katja Riemann, seien schon angefragt gewesen, erzählt Tamara Dietl. Das Exposé habe fertig vorgelegen und mit Geldgebern sei schon verhandelt worden. Bis zuletzt hat Helmut Dietl an dem Projekt gearbeitet. Die Unterlagen gehören zu den wenigen Stücken aus dem Gesamtwerk, die seine Frau behalten will: „Das ist unter Verschluss und wird unvollendet bleiben.“

Wer Tamara Dietl jetzt Kraft gibt

Tamara Dietl versucht nun, ihr Leben mit Helmut an das neue, kommende anzuknüpfen. Tochter Serafina gibt ihr Kraft. Sie arbeitet, hat auch wieder Lust am Fröhlichen. Ihr Geburtstag liegt noch nicht lange zurück. „Ich hatte eine gute Feier mit den engsten Freundinnen und Freunden. Es war ein wunderbarer Abend, und ich fühlte mich geborgen.“ Über ihre Zukunft sagt sie: „Ich bin 54, mein Kopf und meine Seele sind wieder frei. Jetzt gilt es für mich, die richtige Haltung zu finden, wie ich altern möchte.“

Abspann: Sein Freund und früherer Co-Autor Patrick Süskind, der auch den Erfolgsroman „Das Parfum“ schrieb, hat sich in Dietls Erinnerungen mit einem wunderbaren Nachwort verabschiedet. Zwölf Tage vor dessen Tod hatte er ihn letztmals gesehen. Süskind schrieb: „Es gibt Bilder des alten Heinrich Heine mit blassem Gesicht und grauem Bart. So sah er aus.“ Die Szenerie habe aber nichts „Matratzengruftiges“ gehabt, es sei hell gewesen im Zimmer, alles in penibelster Ordnung und von blinkender Sauberkeit. Die späte Märzsonne habe zum Fenster hereingeschienen, ein fast heiteres Ambiente.

Man kann sich das gut vorstellen.

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