Helmut Dietls Memoiren: Dank sei den Frauen
Helmut Dietl, der Filmregisseur, der München leuchten ließ, starb vor Vollendung seiner Memoiren. Jetzt sind sie erschienen. Über die frühen Jahre lüftet sich mancher Schleier
Manche Schauspielerin wird grantig, wenn zur Sprache kommt, dass manche Karriere im Bett eines Liebhabers begann, der die Macht hatte, sie zu befördern. Für Helmut Dietl (1944–2015), den unvergessenen Fernseh- und Filmregisseur („Münchner Geschichten“, „Monaco Franze“, „Schtonk!“), trifft das aber zu. Klar, wird da so manche Frau denken, Männer prahlen doch gerne mit ihren Geliebten.
Von jeder hat er etwas behalten, das hat ihn zu dem Mann gemacht, der Frauen liebte. Da war die Eier-Lili aus dem Erdinger Moos, die 1962 dem Sex so zugetan war, dass sie mit Geldhilfe ihres Vaters in Schwabing dem 18-jährigen Dietl und sich ein Liebesnest mietete. Da war die Busen-Dorle, die den feschen Kerl beglückte, obwohl er arm war. Und da war die Schauspielerin Elfie Pertramer, in Bayern damals durch die TV-Serie „S’ Fensterl zum Hof“ eine Berühmtheit, die als 42-Jährige so vernarrt war in den 22-jährigen Dietl, dass sie ihm den Berufsweg ebnete. Sie setzte durch, dass der durch nichts qualifizierte Dietl vom Bayerischen Rundfunk als Aufnahmeleiter, Regieassistent und Drehbuchberater angestellt wurde. Er verdiente satte 500 Mark im Monat, sodass er seine Elfie auch mal zum Essen einladen konnte. Sie alle werden im Buch erwähnt, und viele andere. Nur Veronica Ferres fehlt, der er doch über etliche Jahre hinweg eng verbunden war.
Tamara Dietl: "Das waren nicht die Memoiren, die ich erwartet hatte"
Aber die Memoiren des Helmut Dietl, der Untertitel verrät es schon, sind unvollendet. Der Regisseur und Drehbuchautor starb, nachdem seine Krebserkrankung ausgebrochen war, in kurzer Zeit. Manches in seinen jetzt vorliegenden Erinnerungen, herausgebracht von seiner Witwe Tamara Dietl, ist daher nur angedeutet, anderes bruchstückhaft erzählt, wieder anderes jedoch ganz penibel. Das hat sein Freund Helmut Fischer, der den „Monaco-Franze“ darstellte, einmal ausgeplaudert: „Da hocken wir zusammen in irgendeinem Café an der Leopoldstraße, und ich denke mir: Der hört nix und sieht nix – und eine Weile später finde ich alles, alles wieder, millimetergenau beobachtet und umgesetzt bis in die kleinsten Schattierungen, bis zur Perfidie des doppelten Bodens: ‚Es ist nicht alles so, wie es aussieht‘.“ Und Tamara Dietl schreibt im Vorwort des Erinnerungsbuchs: „Das waren nicht die Memoiren, die ich erwartet hatte. Das war Literatur – und zwar vom Allerfeinsten.“
Dietl hat an seinen Drehbüchern gefeilt und geschliffen, vor allem an den Pointen, die ihm das Leben, das Beobachten schenkte. In Dietls Erinnerungen – es ist vor allem die Zeit des Heranwachsens im Nachkriegs-München – ist das Figurentheater versammelt, aus dem er seine Filme formte. Über viele Zeitgenossen nimmt Dietl kein Blatt vor den Mund. Dass Helmut Berger, der eigentlich den Baby Schimmerlos in „Kir Royal“ darstellen sollte, nicht zum Zug kam, begründet Dietl in dem Satz:: „Er war schön, wollte es auch bleiben.“ Aber er zieht auch Bilanz. „Schtonk!“ mit Götz George sieht der Autor als seinen größten Erfolg. Dass sein letzter Film „Zettl“ total floppte, hat ihn hingegen in die Depression gestürzt.
Seine Oma brachte ihn zur Schauspielerei
Sein Freund Patrick Süskind, mit dem er zusammenarbeitete, hat sein Nachwort „Erinnerungen an eine Freundschaft“ genannt. Er berichtet darin von den Anfängen, vom ersten Treffen in einem Münchner Café und von gemeinsamen Projekten, die nie verwirklicht wurden: ein Horrorfilm über einen ermordeten Ehemann, eine zehnteilige Fernsehserie über Ludwig II. und ein Spielfilm über Franz Schubert.
Dass Dietl überhaupt auf die Filmspur geriet, lag an seiner Oma. Die war es, die ihm als siebenjährigem Kind zu einer Statistenrolle beim Film verhalf, weil sie knallhart bis zum Regisseur durchzog, an allen anderen Kandidaten vorbei. Helmut Dietl hat Glück mit den Frauen gehabt, auch Pech. „A bissel was“ ging für ihn eben immer. mit dpa
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