Misshandlungen in Vorschule: Bistum Regensburg zahlt Schmerzensgeld
Über Jahrzehnte hinweg wurden in der Vorschule der Regensburger Domspatzen Kinder misshandelt und geschlagen. Jetzt hat sich das Bistum entschlossen, Entschädigungen zu zahlen.
Es sei "Keine Entschädigung, sondern eine symbolische Anerkennung des Leides, welches Kindern angetan wurde", sagte Generalvikar Michael Fuchs. 2500 Euro Schmerzensgeld zahlt das Bistum Regensburg jedem Betroffenen. 72 ehemalige Schüler der Vorschule der weltberühmten Regensburger Domspatzen hatten den Angaben zufolge über ihre erlittenen Qualen berichtet. Sie waren als Kinder so schwer geschlagen worden, dass von Körperverletzung auszugehen sei, teilte das Bistum Regensburg am Dienstag mit.
Regensburger Domspatzen: Fäuste, Stöcke und Schlüsselbund
Die Misshandlungen durch den langjährigen Direktor und mehrere Lehrer waren über Jahrzehnte hinweg geschehen, die Zeitspanne reicht von 1953 bis 1992. Die Betroffenen berichten von Schlägen mit Fäusten, Stöcken und einem Schlüsselbund. Zudem seien sie mit spitzen Bleistiften malträtiert und persönliche Briefe geöffnet worden.
Wer sich aus Angst in der Nacht eingenässt hatte, musste dies mit Flüssigkeitsentzug büßen. Hatten die Kinder während der Nachtruhe gesprochen, mussten einige bis zu einer Stunde barfuß im Flur stehen. Bei dem Bericht des Bistums ging es um Prügel, nicht um sexuellen Missbrauch.
Bistum Regensburg: Kinder lebten in "permanentem Angstzustand"
Viele der damals acht bis zehn Jahre alten Buben in der Vorschule der Klassen drei und vier hätten in einem permanenten Angstzustand gelebt, heißt es in dem am Dienstag vorgelegten Zwischenbericht des Bistums. So hätten Musiklehrer bei fehlerhaftem Spiel den Klavierdeckel zugeschlagen und die Hände der Kinder dabei verletzt.
Die Vorfälle beziehen sich nahezu ausschließlich auf die Zeit zwischen 1953 und 1992, als der inzwischen verstorbene Priester Johann Meier die Vorschule geleitet hatte. Die Taten seien auch nicht mit dem bis in die 1970er Jahre geltenden Züchtigungsrecht zu vereinbaren, erläuterte der vom Bistum beauftragte Rechtsanwalt Andreas Scheulen aus Nürnberg. "Die Straftaten und auch mögliche zivilrechtliche Ansprüche sind inzwischen jedoch verjährt."
Der Rechtsanwalt empfahl dem Bistum, die Straftaten anzuerkennen, Schmerzensgeld zu zahlen, therapeutische Hilfen anzubieten und aufzuklären, wie es über einen so langen Zeitraum zu den Übergriffen kommen konnte.
Auch bei den Regensburger Domspatzen gab es Misshandlungen
"Das Bistum wird sich an den Empfehlungen ausrichten", betonte Generalvikar Fuchs. Er appellierte an weitere mögliche Opfer, sich an das Bistum zu wenden. Eine Aufarbeitung der Vorfälle werde von einer unabhängigen Stelle überprüft. Bei den Domspatzen selbst sei das Klima nach den Berichten der ehemaligen Schüler besser gewesen, auch bei dem Knabenchor gab es demnach aber Züchtigung "im Rahmen des Üblichen und zum Teil darüber hinaus".
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hatte bei der Vesper zu seinem Weihejubiläum Ende Januar die Misshandlungen schwer verurteilt. "Zwei der damaligen Verantwortlichen in Etterzhausen und später in Pielenhofen haben den jungen Buben durch ihr Terrorsystem, dessen einzige pädagogische Maßnahme offenbar die körperliche Züchtigung war, die Hölle bereitet." Er könne die Taten nicht ungeschehen machen und die Betroffenen nur um Vergebung bitten. (AZ/dpa)
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