Von der Lust, Knöpfe zu machen
In Krumbach gibt eine faszinierende Ausstellung nicht nur Einblicke in eine traditionsreiche Handwerkskunst. Besucher erfahren auch, warum so viele heute „knöpfeln“
Was für ein Hingucker, dieser Stern aus feinem grünen, gelben und türkisen Garn. Elisabeth Schwaiger-Lipp trägt ihn als Anhänger an einer zierlichen Perlenkette. Genau genommen ist es ein Knopf. Ein Prachtexemplar von einem Knopf. Die 60-Jährige hat viele davon. Denn vor zwei Jahren hat es sie schwer erwischt. Sie ist dem „Knöpfeln“ erlegen. Der Band „Posamentenknöpfe“, in dem nicht nur viel über die alte Handwerkskunst nachzulesen, sondern vor allem auch Schritt für Schritt die Herstellung erklärt ist, faszinierte sie so, dass sie bei Sandra-Janine Müller, einer passionierten Knopfmacherin, einen Kurs belegte. Und dann noch einen. Seitdem kommt Elisabeth Schwaiger-Lipp von den Knöpfen nicht mehr los. Und sie ist nicht allein mit ihrer Leidenschaft.
Das beweist die Ausstellung „Knopfmacherei“, die zurzeit im historischen Landauer-Haus in Krumbach zu sehen ist. Wer sich von Monika Hoede, Trachtenkulturberaterin des Bezirks Schwaben, durch die Räume mit den vielen historisch wertvollen, aber auch modernen Gewändern führen lässt, erkennt schnell, dass Knöpfe noch nie nur die Funktion des Schließens hatten. Seit jeher waren Knöpfe Kunst. Eine wirkungsvolle Möglichkeit zu zeigen, dass man sich geschmackvoll bis ins kleinste Accessoire zu kleiden versteht. Eine faszinierende Möglichkeit, schlichte Bekleidung bewusst aufzupeppen. Denn Knopf ist nicht gleich Knopf.
Viele denken vielleicht als erstes an den klassischen Zwirnknopf. Leinenblusen ziert er ebenso wie Dirndl oder Bettwäsche. Doch gerade auch in der Region gab es ganz besondere Knöpfe: Etwa den Ottobeurer, den Rieser oder den Augsburger Knopf. Schließlich unterscheiden sich Knöpfe in ihrer Art, wie sie umwickelt, umwebt, überstickt sind. Ob sie stern-, mandel- oder rautenförmig sind. Ob sie vielleicht eine Münze umfassen oder in welchem Garn sie gefertigt sind, ob noch Gold- und Silberfäden eingearbeitet wurden. Sie kommen einfarbig daher oder knallbunt. Klein oder riesig. Aufwendig mit Perlchen verziert oder ganz schlicht. Was alle Knöpfe in Krumbach auszeichnet: Es sind Unikate. Echte Handwerkskunst. Aus den Knopfmacherwerkstätten des 19. und 20. Jahrhunderts und von begeisterten Knopfmacherinnen der heutigen Zeit – wie etwa Sandra-Janine Müller. Die 36-Jährige hat sich mit ihrer „Posamentenknopfmanufaktur“ sogar selbstständig gemacht und möchte, wie sie sagt, „die Liebe zum Knopf in alle Welt hinaustragen“. Aber auch viele Werke ihrer Schülerinnen sind zu sehen – wie etwa ein Sternkopf von Elisabeth Schwaiger-Lipp.
Monika Hoede verbindet zwei Anliegen mit der Schau: Sie will das Wissen um diese hochwertige, traditionsreiche Handwerkskunst bewahren und weitergeben. „Gleichzeitig soll gezeigt werden, dass Knopfmachen Spaß macht.“ Bewiesen wird darüber hinaus, dass Knöpfe nicht nur an Jacken, Mänteln, Blusen und Hüten zur Geltung kommen. Einfach edel sieht etwa der viktorianische Knopf auf gefilzten Serviettenringen aus, Posamentenknöpfe werden zu Spielsteinen in einem Mühlespiel und auch als Ohrringe, mit Edelsteinen kombiniert als Armband, an Taschen oder Haarspangen machen sie sich gut.
Doch was ist es, was vor allem Frauen, und zwar in jeder Altersklasse, an der Knopfmacherei wieder so begeistert? Monika Hoede spricht von einer „therapeutischen Wirkung“. Die Arbeit an einem flachen Holzteil, das Stück für Stück zu einem ganz individuell gestalteten kleinen Schmuckstück wird, macht ihrer Einschätzung nach die Seele ruhig. Nicht umsonst rät ihr ihre Tochter, wenn sie mal nicht so gut gelaunt ist: „Mama, mach einen Knopf!“ Elisabeth Schwaiger-Lipp lacht, als sie das hört. Der therapeutischen Wirkung stimmt sie zu. Als Frau, die im Büro arbeitet, fand sie in der Knopfmacherei den idealen Ausgleich. „Dieses Bunte, dieses Fröhliche, die vielen Gestaltungsmöglichkeiten, das passt zu mir“, sagt Elisabeth Schwaiger-Lipp, „das ist ein Stück Lebensfreude.“
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