Nervenkrieg im Jugendamt: Polizei befreit Geisel nach Stunden
In Pfaffenhofen an der Ilm nimmt ein 28-Jähriger eine Mitarbeiterin der Behörde als Geisel. Nach mehr als fünf Stunden können Spezialkräfte der Polizei die Frau befreien.
Als der Mann um kurz vor 8.30 Uhr an der Tür des Pfaffenhofener Jugendamts, mitten in der Innenstadt, klingelte, hatte die 31-jährige Mitarbeiterin ihm noch arglos die Tür geöffnet. Sie kannte den 28-Jährigen aus Ingolstadt offenbar, sie hatte bereits des Öfteren mit der Familie zu tun. Dieser unangekündigte Besuch am Montagmorgen jedoch endete in einem Drama.
Im Büro der Mitarbeiterin im dritten Stock, gleich unter dem Dach, zückte der Mann ein Messer und bedrohte die Frau. Als sie um Hilfe rief, alarmierte eine Kollegin die Polizei. Der Mann verbarrikadierte sich schließlich zusammen mit der Sachbearbeiterin, ließ die Jalousien herunter. Und er stellte seine Forderungen: Er wollte eine scharfe Schusswaffe, Wasser, ein Notfall-WC. Vor allen Dingen aber wollte er, dass seine Lebensgefährtin die eineinhalbjährige Tochter wieder zurückbekommt, die momentan bei einer Pflegefamilie lebt. Ob der Täter auch der leibliche Vater des Mädchens ist, konnten die Ermittler am Montagnachmittag noch nicht sagen.
Geiselnahme in Pfaffenhofen: Unvorstellbare Ängste
Über Stunden hatte sich ein Nervenkrieg in den Räumen abgespielt. Noch am Vormittag hatte die Geisel einen Fluchtversuch unternommen, doch der war misslungen. Der Täter hatte sie dabei mit dem Messer leicht am Hals und an der Hand verletzt.
Während drinnen die Frau unvorstellbare Ängste aushalten musste, glich die Pfaffenhofener Innenstadt einer Geisterstadt. Die Polizei hatte den Bereich rund um das Büro, das sich in einem Nachbargebäude des Landratsamtes befindet, abgesperrt. Bewohner, die nebenan wohnen, konnten zeitweise nicht mehr in ihre Wohnungen, ein Bekleidungsgeschäft gegenüber hatte aus Sicherheitsgründen ganz geschlossen. Entlang der Straßen parkten unzählige Streifenwagen, vermummte Spezialkräfte bereiteten sich auf ihren Einsatz vor.
Unterdessen versuchte die Verhandlungsgruppe der Polizei, mit dem Mann ins Gespräch zu kommen. Dabei hatten die Beamten offenbar den Eindruck gewonnen, dass sich die Geisel zu keiner Zeit in akuter Lebensgefahr befunden habe. Allerdings gelang es den Beamten auch nicht, den Mann trotz des telefonischen Kontakts zum Aufgeben zu bewegen. Rund um das Gebäude waren zahlreiche Rettungskräfte stationiert, insgesamt waren allein 330 Kräfte der Polizei im Einsatz. Gegen 13.45 Uhr schließlich entschloss sich die Polizei zum Zugriff.
Die Sondereinsatzkräfte hatten den Moment ausgenutzt, als die Geisel nach einem Arzt verlangt hatte. Ihr ging es – vor allem psychisch – zunehmend schlechter. Mit einem Elektroschocker, einem sogenannten Taser, gelang es den Beamten schließlich, den Mann zu überwältigen. Er blieb bei dem Einsatz – bis auf Schürfwunden – unverletzt. Die Frau wurde bei der Befreiungsaktion körperlich nicht verletzt.
Am Dienstag wird der mutmaßliche Täter dem Haftrichter vorgeführt. Er muss entscheiden, ob der Mann in Untersuchungshaft kommt oder ob er möglicherweise in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht werden soll.
Der Ingolstädter war der Polizei bereits wegen kleinerer Delikte bekannt. Es ging um häusliche Gewalt, auch Polizisten gegenüber war er aggressiv geworden. Schon damals war offenkundig geworden, dass der Mann psychische Probleme hat. Deshalb war er in der Vergangenheit bereits in Gewahrsam genommen worden, außerdem bekam er eine Betreuerin.
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