Neues Gesetz: Die CSU erteilt sich das Recht, das Volk zu befragen
In Bayern sollen künftig Volksbefragungen stattfinden - allerdings rechtlich unverbindlich und nur, wenn die Regierung das beschließt. Die Opposition kritisiert das als unzulässige Erweiterung der Regierungsmacht.
Die CSU-Mehrheit im Bayerischen Landtag hat sich selbst und der Staatsregierung das Recht gegeben, das Volk zu politischen Grundsatzfragen oder wichtigen Einzelfallentscheidungen befragen zu dürfen. Ein entsprechendes Gesetz, das neben Volksbegehren und Volksentscheid auch Volksbefragungen ermöglicht, wurde am Mittwoch gegen die Stimmen von SPD, Freien Wählern und Grünen beschlossen.
Während sich die CSU nach den Worten ihrer Rechtspolitikerin Petra Guttenberger von solchen unverbindlichen Volksbefragungen „zusätzlichen Erkenntnisgewinn“ für die Regierung verspricht, kritisierten Sprecher der Opposition die Zementierung der Regierungsmacht, die mit diesem Gesetz verbunden sei. Der SPD-Rechtspolitiker Franz Schindler kündigte an, vom Verfassungsgerichtshof prüfen zu lassen, ob das Gesetz mit der Verfassung des Freistaats Bayern vereinbar sei.
Mehrere Vorschläge, die Bürger künftig stärker an der politischen Willensbildung zu beteiligen, standen zur Debatte. Die CSU möchte das Volk gerne öfter mal nach seiner Meinung fragen, aber nur dann, wenn Staatsregierung und Landtagsmehrheit das wollen. Das Ergebnis der Befragung soll nach diesem Konzept allerdings nur politische Wirkung entfalten. Rechtlich bindend soll die Antwort des Volkes weder für die Staatsregierung noch für den Landtag sein.
SPD lehnt exklusives Fragerecht der Staatsregierung ab
Die SPD will auch wissen, was die Bürger denken, ohne in die verfassungsrechtlich festgelegte Entscheidungsgewalt von Staatsregierung und Landtag einzugreifen. Ein exklusives Fragerecht der CSU-Staatsregierung aber lehnen die Sozialdemokraten ab. Sie wollen die Volksbefragung zu einem Minderheitenrecht im Landtag machen. Bereits ein Fünftel der Abgeordneten soll nach dem Willen der SPD eine Volksbefragung veranlassen dürfen. Den Freien Wählern und den Grünen ist all das zu unverbindlich. Wenn das Volk schon befragt wird, so lautet ihr wichtigstes Argument, dann muss das auch Folgen haben.
Die Freien Wähler wollen den Bürgern deshalb Grundsatzfragen zu politischen Zielen vorlegen, die konkrete Umsetzung aber Staatsregierung und Landtag überlassen. Die Grünen gehen noch weiter. Sie sprechen sich dafür aus, dass die Landtagsmehrheit von sich aus einen rechtlich verbindlichen Volksentscheid veranlassen kann.
Josef Zellmeier, der parlamentarische Geschäftsführer der CSU, verteidigte den Gesetzentwurf der Regierungspartei. Er sagte: „Wir als CSU sehen die Bürger als unsere Partner und das Volk als wichtigen Ratgeber.“ Die Gesetzentwürfe der Opposition geißelte er als „fehlgeleitet“. Das Volk würde dadurch nur mit „Minderheiten-Themen“ behelligt.
„Das Instrument der Befragung ist eines, das der Machthaber ausübt“
SPD, Freie Wähler und Grüne argumentierten genau andersherum. „Das Instrument der Befragung ist eines, das der Machthaber ausübt“, sagte Florian Streibl (Freie Wähler). Sein Kollege Michael Piazolo erinnerte an die Ankündigung von Ministerpräsident Horst Seehofer, Bayern zum Vorbildstaat moderner Bürgerbeteiligung zu machen, und spottete gegen den CSU-Vorschlag, der am Schluss herauskam: „Sie haben die Idee des Ministerpräsidenten verzwergt und aus dem Horst den Horsti gemacht.“
Der SPD–Politiker Schindler kritisierte, dass mit dem CSU-Gesetz die Macht „der Aktionseinheit Staatsregierung und CSU betoniert wird“. Weil damit das Machtgefüge im Staat verschoben werde, sei das Gesetz verfassungswidrig. Katharina Schulze (Grüne) sagte: „Mehr Demokratie ist wünschenswert, aber nur dann, wenn tatsächlich mehr Mitbestimmung der Bürger möglich gemacht wird.“
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