"Kinderrestaurant" in Nördlingen: Schüler werden zu Sterneköchen
Der Chef eines Nördlinger Lokals lädt Klassen samt Lehrer und Eltern ein. Er vermittelt ihnen Esskultur. Jetzt wurde Joachim Kaiser für sein „Kinderrestaurant“ ausgezeichnet.
Joachim Kaiser rief zusammen mit Marketingfachmann Peter Urban das Projekt „Kinderrestaurant“ ins Leben, das mittlerweile bayernweit praktiziert wird. Dabei wird jeweils eine komplette Klasse einer Mittelschule mit Lehrern, Eltern oder anderen Verwandten für einen halben Tag ins Restaurant eingeladen – in Kaisers Fall das Wirtshaus Meyers Keller in Nördlingen, Träger eines Michelin-Sterns.
Praxisnah sollen Verständnis und Begeisterung für gesunden Genuss und Esskultur vermittelt werden: Unter professioneller Einweisung bereiten die elf- bis zwölfjährigen Mittelschüler ein anspruchsvolles Menü mit drei bis sechs Gängen zu und decken fachgerecht den Tisch.
"Kinderrestaurant": Kinder lernen für den Alltag
Die Kinder werden in Gruppen eingeteilt, sodass reihum jedem jede Aufgabe einmal zufällt. Zuvor geben ihnen ihre Profi-Kollegen einen Einblick in die kleine Geschirr-, Gläser- und Besteckkunde. „In jeder Phase lernen die Kinder etwas für den Alltag“, so der Sternekoch. „Manche hielten Messer und Gabel vorher wie Kriegswerkzeug.“
Die Schüler, darunter sind auch bewusst Kinder mit Migrationshintergrund oder aus schwierigen sozialen Verhältnissen, servieren schließlich selbst und speisen gediegen mit ihren Lehrern und Eltern. „Schon das gemeinsame Sitzen am Tisch hat Vorbildwirkung für Zuhause; das sind viele schon gar nicht mehr gewohnt“, erklärt Joachim Kaiser. Der Sternekoch merkt, dass er die Kinder wirklich erreicht: „Es heißt immer, wenn sie mit Fastfood verdorben sind, ist ihre Esskultur zerstört. Das stimmt aber nicht – ich erlebe, dass sie mündig sind und durchaus begeisterungsfähig für gutes Essen.“
Bayerischen Staatspreis für Unterricht und Kultus für das "Kinderrestaurant"
Zum Konzept gehört auch die Sensibilisierung für gute Zutaten: „Ich zeige den Kindern, dass hinter jedem guten Produkt eine gute Persönlichkeit steckt.“ Das beginnt bei Kaisers Lieferanten für Fruchtsäfte und reicht bis zur Erkenntnis, dass der Metzger um die Ecke besseres Fleisch bereithält als der Supermarkt.
Kaiser arbeitet auch mit anderen Schulen zusammen – Realschüler richteten beispielsweise ihr Abschlussfest professionell in Meyers Keller aus, Gymnasiasten erstellten unter seiner und Urbans Leitung eine Werbekampagne für „Geopark kulinarisch“, einen Verband regional ausgerichteter Gastronomen im Geopark Ries. Für das „Kinderrestaurant“ erhielt Joachim Kaiser gestern aus der Hand von Bildungsminister Ludwig Spaenle den Bayerischen Staatspreis für Unterricht und Kultus.
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