Es ist eine furchterregende Vorstellung: Da sitzt man in seinem Auto und fährt in Gedanken so vor sich hin – und plötzlich schlägt eine Kugel in der Scheibe ein und trifft den Beifahrer. Tödlich.
Genau das hat sich am Sonntag in der Oberpfalz ereignet. Zwei Männer waren auf dem Weg von Regensburg nach Nittenau im Landkreis Schwandorf, offenbar zu einer Motorsportveranstaltung. Mitten auf der Bundesstraße zerbarst plötzlich die Seitenscheibe des Wagens und der 47-jährige Beifahrer sackte in sich zusammen. Der 61 Jahre alte Fahrer stoppt augenblicklich das Auto, versucht seinem Bekannten zu helfen, ruft den Rettungsdienst. Doch auch der kann den angeschossenen Mann nicht mehr retten. Er stirbt noch an der Unfallstelle.
Schnell lag die Vermutung nahe, dass ein Jäger den tödlichen Schuss abgegeben haben könnte. Unweit von der Bundesstraße entfernt waren zu dem Zeitpunkt mehrere Waidmänner auf der Jagd. Die Polizei rückte aus, verhörte die Männer und nahm ihnen die Gewehre ab.
Polizei gibt Obduktionsergebnis bekannt
Am Dienstag dann die Gewissheit: Die Obduktion des Leichnams habe ergeben, dass der 47-Jährige tatsächlich von der Kugel eines Jagdgewehrs getroffen und getötet wurde, teilte die Polizei mit. Wer der Schütze war, beziehungsweise von welchem Gewehr die Kugel abgefeuert wurde, soll ein spezielles Schussgutachten eines Sachverständigen des Landeskriminalamtes klären.
Nach Einschätzung der Jagdvereinigung Nittenau wurde der 47-Jährige von einem Querschläger getroffen. „Es muss ein tragischer Unfall während einer Erntejagd gewesen sein“, sagte der Vorsitzende Otto Storbeck der „Passauer Neuen Presse“. Bei dieser Jagdvariante umstellen die Jäger ein Feld, in dem Wildtiere nach Nahrung suchen.
Auch Bayerns Jägerpräsident Jürgen Vocke spricht von einem tragischen Unglück. Er kenne in Bayern keinen vergleichbaren Fall. Bewegungsjagden, bei denen das Wild den Jägern zugetrieben wird, erfordern nach Vockes Worten einen „großen Organisationsaufwand und äußerste Vorsicht“. Vocke: „Die Sicherheit hat bei der Planung und Durchführung oberste Priorität.“ Das reiche bis hin zu Straßensperren, wenn die Jagden in der Nähe von viel befahrenen Strecken abgehalten werden. Welche Sicherheitsvorkehrungen vor dem Unfall in der Oberpfalz getroffen wurden, ist derweil noch unklar.
Nicht der erste tödliche Jagdunfall in diesem Jahr
Deutschlandweit ist es nicht der erste tödliche Jagdunfall in diesem Jahr. Erst Mitte Juli wurde ein 56-jähriger Jäger bei einer Erntejagd in einem Feld bei Unterwellenborn in Thüringen von einer Kugel getroffen und starb. Wenige Tage zuvor war ein sechsjähriges Mädchen in einer Kleingartenanlage im thüringischen Großsaara angeschossen worden und musste operiert werden. Im März hatte ein 76-jähriger Jäger im Landkreis Celle in Niedersachsen lebensgefährliche Verletzungen erlitten, als sich aus dem ungesicherten Gewehr seines Schwiegersohnes ein Schuss gelöst hatte.
Nach Angaben des Deutschen Jagdverbands sind im vergangenen Jahr bundesweit zwei Menschen durch Schusswaffen bei der Jagd gestorben und zwei verletzt worden. Im Jahr 2016 seien insgesamt neun Menschen bei Unfällen dieser Art verletzt worden. (mit dpa)