Palliativmediziner: "Meine Aufgabe sehe ich darin, Leben zu ermöglichen"
Plus Unser Bericht über einen 86-jährigen Mann, der aus dem Leben scheiden will, hat viele unserer Leser bewegt. Was ein erfahrener Arzt zu dem Thema Sterbehilfe sagt.
Groß war die Resonanz auf einen Artikel, den wir jüngst veröffentlichten und der den Titel "Wie ein Augsburger vergeblich nach Sterbehilfe sucht" trug. Ein 86-jähriger Mann hatte sich an uns gewandt, weil er nach reiflichem Überlegen zu dem Entschluss gekommen sei, nicht mehr leben zu wollen. Aber niemanden fand, der ihm bei seinem Wunsch helfen wollte. Jene Ärzte, die er kontaktierte, lehnten Suizidhilfe ab, weil sie dies nicht mit sich vereinbaren können.
Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht im Februar geurteilt, dass jeder das Recht habe, darüber zu befinden, ob er leben wolle oder nicht. Allerdings darf auch niemand gezwungen werden, Suizidbeihilfe zu leisten. Der in Zürich und Hamburg sitzende Verein "Sterbehilfe" zeigte sich dann bereit für das Ansinnen des Seniors. Wir erhielten besorgte Zuschriften von Menschen, die sich überzeugt zeigten, dass man den 86-Jährigen zur Umkehr bewegen könne – was dieser aber, auch nach erneuter Rücksprache, ablehnt. Wir sprachen zudem mit Dr. Eckhard Eichner von der Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung, der seit über zehn Jahren als Palliativmediziner Hunderte von Menschen an ihrem Lebensende begleitet hat.
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Warum fragt ihr zu diesem Thema einen Palliativmediziner? Es ist von vornherein klar, was dieser zum Thema Sterbehilfe sagen wird und seine ‚Erfahrungen‘ sind nicht maßgeblich, weil sich in seiner Einrichtung keine Patienten befinden, die sofort den Tod finden wollen. Es ist bekannt, wie Hospize zu Sterbehilfe stehen und deshalb wird niemand, der einen konkreten Todeswunsch hegt und dabei Unterstützung wünscht, sich an einen Palliativmediziner wenden.
Und prompt kommt im Interview, was zu erwarten war: eine Infragestellung der eigenen freien Entscheidung, wenn ein Mensch Schmerzen, Hilflosigkeit, Nutzlosigkeit oder Einsamkeit empfindet oder befürchtet. Angeblich empfinden wir als soziale Wesen nicht wirklich frei, sondern im Kontext mit unserer sozialen Umgebung. So kann man natürlich prima über andere Menschen Köpfe bestimmen.
Niemand möchte, dass Menschen, die leben wollen aus einer schwierigen Situation heraus, weil sie sich unter Druck gesetzt fühlen (wobei das bei den meisten eher Widerstand hervorrufen dürfte) aus finanziellen Nöten gar ihrem Leben ein Ende setzen wollen.
Es zeugt aber von einer nicht unerheblichen Ignoranz und auch fehlenden Empathie, sich nicht vorstellen zu können, dass es auch Menschen gibt, die einen Bilanzsuizid schon viele Jahre in Erwägung gezogen haben und diesen – nach dem Urteil des BVerfG nun auch völlig legitim – mit Unterstützung umsetzen möchten.
Es ist nämlich eine Unterstellung zu behaupten, dass diese Menschen keinen freien Entschluss hätten, Herr Dr. Eichner, nur weil dieser Entschluss eine durchaus enorme Entschiedenheit erfordert.
Wer sich nicht vorstellen kann, dass ein anderer freiwillig aus dem Leben scheiden möchte, ohne dass ihn Fürchterliches dazu treibt, der soll sich bitte nicht einmischen in die Angelegenheit dieses Menschen. Das Leben ist ein Geschenk, eines das man nicht ablehnen konnte – insofern sollte man es nach eigenen Wünschen an seinem Lebensende ohne Pein, ohne Hürden, ohne Vorwürfe und ohne den Vorhalt, man sei nicht Herr seines Willens ablegen dürfen.
Regelungen zu Dokumentation dieses Willens sind natürlich angebracht. Wer sich auf diese Weise vom irdischen Dasein verabschieden möchte, der sollte das frühzeitig kundtun und seine Einstellung zu einem Bilanzsuizid klar belegen.
Und dann sollten die Standesregeln der Ärzteschaft dahingehend geändert werden, dass diejenigen Ärzte, die das empathisch nachvollziehen können, in die Lage versetzt werden, diesen Menschen zu helfen.