Ordensschwester muss wegen Kirchenasyl 500 Euro zahlen
Eine Ordensschwester gewährte geflüchteten Frauen Kirchenasyl - und musste dafür auf die Anklagebank. Jetzt hat ein Gericht in dem umstrittenen Fall entschieden.
Die Würzburger Ordensfrau Juliana Seelmann gewährte 2018 und 2019 zwei jungen Frauen aus Nigeria Kirchenasyl und verhinderte damit deren Abschiebung. Am Mittwoch wurde sie vom Amtsgericht Würzburg wegen „Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt“ verwarnt. Das Urteil lässt sich unterschiedlich interpretieren: Einerseits ist es eine denkbar geringe Strafe. Andererseits hat Richter Rene Uehlin eindeutig die Schuld der Ordensfrau bestätigt. Die 38-Jährige, die seit rund zehn Jahren den Oberzeller Franziskanerinnen (Landkreis Würzburg) angehört, muss 500 Euro zahlen und darf sich zwei Jahre lang nichts zuschulden kommen lassen.
In der Verhandlung pochte Schwester Juliana darauf, dass sie stets ihrem Gewissen gefolgt sei. Das Kirchenasyl sei immer nur das letzte Mittel, um schwere Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. „Das sind nie schnelle oder überstürzte Entscheidungen“, sagte sie. „Es geht mir nicht um eine Grundsatzkritik – weder am Staat noch am Rechtssystem“, erklärte die Ordensfrau bereits vor dem Prozess. „Es sind einzelne Härtefälle, in denen ich nach meinem Gewissen und Glauben entscheide.“
Staatsanwaltschaft: Kirchenasyl untergräbt Asylregelungen
Die Staatsanwaltschaft argumentierte, mit dem Kirchenasyl werde ein Sonderrecht proklamiert – mit dem Ziel, die Asylregelungen zu unterlaufen. Dies sei gesetzlich nicht vorgesehen, das Handeln der Ordensfrau somit rechtswidrig.
Die Justiz ermittelt in ganz Bayern gegen Pfarrer und Ordensangehörige. Bundesweit zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im vergangenen Jahr etwa 500 Flüchtlinge im Kirchenasyl. Lange war es gängige Praxis, die Verfahren einzustellen. Doch neuerdings landen vermehrt Geistliche vor Gericht. Längst ist aus Justizkreisen zu hören, dass es beim Kirchenasyl eine Grundsatzentscheidung braucht.
Benediktinermönch wurde freigesprochen
Im April war ein fränkischer Benediktinermönch, der einem Flüchtling Kirchenasyl gewährt hatte, vor dem Amtsgericht Kitzingen freigesprochen worden, weil er aus Glaubens- und Gewissensfreiheit gehandelt habe. Auch Schwester Juliana trug vor Gericht vor, dass ihr Glaube ihr keine andere Wahl gelassen habe, als den beiden schwer traumatisierten Frauen aus Nigeria, die panische Angst vor einer Abschiebung gehabt hätten, die Klosterpforte zu öffnen.
Richter Uehlin verurteilte sie dennoch. „Ich spreche kein Urteil im Namen Gottes, sondern im Namen des Volkes“, sagte er zur Begründung. Zwar sehe er den Gewissenskonflikt, doch aus juristischer Perspektive handele es sich um einen „offenen Rechtsbruch“. Es gehe nicht in erster Linie um eine „moralische Frage“. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit könne nicht zur Straffreiheit führen, da das ebenfalls in der Verfassung verankerte Rechtsstaatsprinzip überwiege.
Urteil gegen Ordensfrau noch nicht rechtskräftig
Es liege im gesellschaftlichen Interesse, dass Rechtsbrüche geahndet werden. Im Ergebnis sei das Handeln der Ordensfrau nicht mit Verweis auf ihre individuellen Grundrechte zu entschuldigen.
Über zwei Stunden erörterte der Richter, wie die beiden angeklagten Kirchenasyle genau abgelaufen sind. Dann jedoch tauchten in einem der beiden Fälle überraschend Fragen auf, die im Gerichtssaal nicht beantwortet werden konnten. Der Richter deutete an, die Verhandlung vertagen zu müssen. Schließlich einigten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung darauf, eines der beiden Kirchenasyle aus der Anklage auszuklammern – juristisch formuliert: vorläufig einzustellen. So konnte am Ende doch ein Urteil fallen. Das ist noch nicht rechtskräftig.
Die Diskussion ist geschlossen.
Rechtlich betrachtet geniesst die Kirche keine Ausnahmestellung, kein Recht auf Exterritorialität und somit ist das Kirchenasyl nichts anderes als ein Rechtsbruch.
Warum sich die Kirche immer Sonderstellungen rausnimmt (sei es bei der sog. Aufarbeitung und Verschleppung von Kindesmissbräuchen oder wie hier im Kirchenasyl) ist mir schleierhaft.