Rauchverbot ab morgen: In Bayern qualmt's
Morgen tritt Bayerns neues Rauchverbot in Kraft. Der juristische Streit ist jedoch noch lange nicht beendet. Von Till Hofmann
Wenn sich am Sonntag einige der rund 100 Mitglieder in die "Cigar Lounge" des Münchner Hilton Park-Hotels begeben, dann ist nicht mehr alles so, wie es war.
Die schweren Sessel, in die man sich fallen lässt, atmen nach wie vor edle Lässigkeit aus. 150 Whiskeysorten bringen Abwechslung in die Gesprächsrunden. Was fehlt, sind die Zigarrenschwaden, die fast 15 Jahre lang den hintersten Winkel der Lounge erobert haben. Geraucht werden darf nicht mehr - das ist das Ergebnis des Volksentscheids vom 4. Juli. Ist es das Aus für den exklusiven Klub? Nein, heißt es aus dem Hotel, wir warten ab.
Warten auf das, was folgen wird. Die "Vollzugshinweise" zum Gesundheitsschutzgesetz, die in dieser Woche das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben, sind Auslöser einer inzwischen wieder heftig geführten Diskussion um den blauen Dunst. Die Zutaten für die Auseinandersetzung sind dieselben wie vor der Volksabstimmung zu Beginn dieses Monats: Es geht um Gesundheitsschutz, Freiheitsrechte, staatliche Gängelung und handfeste wirtschaftliche Interessen, die sich in emsiger Lobbyarbeit widerspiegeln.
Das Haus von Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) hat Schlupflöcher geschlossen - mit einer Ausnahme: In "echten geschlossenen Gesellschaften" ist Rauchen in Gaststätten nach wie vor erlaubt. Der Staat hat auf diesen privaten Bereich, der sich auch auf eine Wirtschaft in Bayern erstrecken kann, kein Zugriffsrecht, wird begründet. Auf Nachfrage führt die Behörde das Bundesgaststättengesetz an und eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Danach seien - vereinfacht ausgedrückt -Raucherklubs nicht in Ordnung, mit echten Privatfeiern habe das aber nichts zu tun. Prof. Helge Sodan bezieht sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Gestern vor exakt zwei Jahren hat der Erste Senat über Verfassungsbeschwerden zum Nichtraucherschutz geurteilt. Sodan, Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht, betont, dass der Gesetzgeber durch das höchste deutsche Gericht nicht daran gehindert wird, ein striktes Rauchverbot in der Gastronomie zu erlassen. "Aus der Entscheidung hat sich keine Differenzierung ergeben, zu welchem Anlass Personen sich in Gaststätten versammeln", sagt der Berliner Gesundheitsrechtsexperte.
Kurz hatten sie ihre gemeinsame Sprache verloren
Die Phalanx der Rauchverbots-Befürworter hatte nach dem Bekanntwerden der Richtlinien kurz die gemeinsame Sprache verloren. Am Dienstag hatte der Initiator des Volksbegehrens "Für echten Nichtraucherschutz", Sebastian Frankenberger, noch erklärt, er könne mit der Ausnahme leben. Und der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Margarete Bause gefiel die Kleinkariertheit von Nichtraucher-Initiativen nicht. "Einen Streit über das letzte Aschestäubchen zu führen halte ich für daneben", sagte sie. Inzwischen sind die Reihen wieder geschlossen, unter Federführung der SPD überprüfen Juristen, ob und wie gegen die Vollzugsrichtlinien vorgegangen werden kann. Bayerns SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen wirft dem Gesundheitsminister vor, "den Volksentscheid ausgehebelt zu haben. Das Gesetz ist so nicht zu kontrollieren."
Den Verbotsgegnern gehen die zugelassenen Privatfeiern mit Zigarettenduft dagegen nicht weit genug. Während das Ministerium als Beispiele Geburtstage, Taufen, Hochzeiten oder Vorstandssitzungen einer Gesellschaft anführt, nennt der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK) weitere Ausnahmen, die mit dem Hause Söders in persönlichen Gesprächen vor wenigen Tagen dort abgestimmt worden seien: Danach heißt es auch bei Weihnachtsfeiern von Betrieben oder Jahreshauptversammlungen von Vereinen "Feuer frei". Eine Sprecherin des Ministeriums kann die VEBWK-Behauptungen so nicht bestätigen: "Das ist nicht die Auffassung des Ministeriums."
Jenseits dieser unterschiedlichen Aussagen kündigt VEBWK-Chef Franz Bergmüller für nächste Woche eine "erhebliche Anzahl von Klagen" an, die vorbereitet würden. Wirte in Grenznähe, Betreiber von Shisha-Bars, in denen nicht mehr Wasserpfeife geraucht werden darf, und Gastronomen, die in technische Einrichtungen zur Reinigung der verrauchten Luft investiert haben, wollen sich laut Bergmüller den bayerischen Weg nicht mehr bieten lassen. Till Hofmann
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