Regierungspräsident Lohner: Kümmerer, Koordinator, Mediator
Straßenausbau, Kindergartenneubau oder Flüchtlingsunterbringung – wie Schwabens neuer Regierungspräsident Erwin Lohner Städte und Gemeinden unterstützt.
Der erste Eindruck trügt. Hier sitzt kein Museumswärter. Auch wenn feinste Rokoko-Möbel den hohen Raum zieren, historische Gemälde an den Wänden hängen und Doppeltüren sich öffnen, damit der Blick über den blühenden Hofgarten gleiten kann. Erwin Lohner hat aber nichts mit der Vergangenheit zu tun, sondern ist täglich mit den Sorgen im Hier und Jetzt konfrontiert. Da muss eine Bundesstraße ausgebaut, eine Schule neu gebaut, eine Flüchtlingsunterkunft geplant oder es müssen Schutzräume für die Natur geschaffen werden. Die Fördermittel für viele Projekte in Städten und Gemeinden vergibt die Regierung von Schwaben. Sie verwaltet ein Budget von knapp einer Milliarde Euro. Und Erwin Lohner ist im Mai seit einem Jahr Schwabens Regierungspräsident.
Ein Amt mit vielen neuen Herausforderungen für den 57-Jährigen. Denn der Jurist war über Jahre im Innenministerium, arbeitete dort als Abteilungsleiter mit einem festen Stab von 35 Mitarbeitern. Jetzt will er vor allem Ansprechpartner für alle Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte in Schwaben sein. Sieht sich als Kümmerer für die Kommunen. Als Koordinator. Und gegebenenfalls auch als befriedender Mediator. Denn gerade in zwei Bereichen brodelt es aktuell: Viele Kommunen haben zu wenig Kindergartenplätze und oft auch zu wenig Personal, um den Anspruch der Eltern auf einen Platz zu erfüllen. Die Regierung von Schwaben unterstützt die Städte und Gemeinden nicht nur mit Geld in Bauvorhaben, sie hat auch feste Regeln, wie groß beispielsweise eine Einrichtung zu werden hat.
Krisenthemen in Schwaben: Kitaplätze und Flüchtlingsunterbringung
Gerade die Richtlinien für Kindergärten finden viele Bauherrn allzu starr, hat Lohner schon erfahren. Der verheiratete Vater von zwei Töchtern – 15 und 20 Jahre alt – hat viel Verständnis für die Wünsche der Familien und für die der Kommunen. „Allein, mir sind oft die Hände gebunden, denn ich muss mich ja auch an die Vorgaben halten.“ Also versucht er, mit den Betroffenen zu sprechen, zu erklären, dass beispielsweise – um beim Thema Kindergarten zu bleiben – auch andere Gemeinden Geld für Einrichtungen brauchen. Schließlich soll es doch gerecht zugehen.
Die Emotionen kochen aber noch bei einem anderen Thema gewaltig hoch: bei den Außenstellen von Ankereinrichtungen. Zuständig ist auch hier die Regierung von Schwaben. Besonders hart waren die Auseinandersetzungen zuletzt in Mering im Landkreis Aichach-Friedberg. „Ich kann die Bürger zum Teil ja verstehen“, sagt Lohner, der bei der Bürgerversammlung war. Aber in Zentren mit etwa 150 Bewohnern gebe es wirklich in der Regel wenige Probleme. Doch die Stimmung in der Bevölkerung habe sich verändert. So hat er den Eindruck, dass auch das Engagement der Flüchtlingshelfer nachgelassen hat, es werden insgesamt weniger, glaubt er, dabei war gerade deren Einsatz so wichtig für eine reibungslose Unterbringung. Aus der Türkei kommen momentan die meisten Flüchtlinge nach Schwaben. „So versuchen wir auch gerade in Mering viele türkische Familien unterzubringen, was hoffentlich die Akzeptanz der Außenstelle erhöht.“
Regierungspräsident Lohner: "Geplant habe ich meine Karriere nie"
So groß die Probleme in manchen Bereichen sind, Erwin Lohner erzählt begeistert von seiner neuen Tätigkeit. Der direkte Kontakt mit Menschen gefällt ihm. Außerdem lernt er, der mit seiner Familie im Münchner Westen lebt, auf seinen vielen Außenterminen auch Ecken und kulturelle Schönheiten in Schwaben kennen, die ihm bisher unbekannt waren. Das Allgäu zum Beispiel. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit war er öfter in Balderschwang. Streitpunkt war die umstrittene Skischaukel am Riedberger Horn. Aktuell führt den Freizeitsportler, der gern Ski fährt, radelt, auf Berge steigt und gelegentlich auch einmal segelt, sein Weg oft nach Oberstdorf, Austragungsort der Nordischen Skiweltmeisterschaften 2021. Dort sind große Investitionen für das Ereignis notwendig, die von der Regierung unterstützt werden.
Es ist seine Neugierde, die ihm bei neuen Aufgaben hilft. Er habe sich schon immer gerne auf Herausforderungen eingelassen, erzählt er. Gebürtig im schwäbischen Gundelfingen, zog seine Familie früh nach München. Als Sohn eines Anwalts hatte er zwar lange überlegt, die väterliche Kanzlei in München zu übernehmen, doch der Vater konnte erfreulicherweise selbst bis zu seinem 80. Lebensjahr aktiv sein. Also war Erwin Lohner zunächst an der Universität Assistent, dann Verwaltungsrichter und kam auf diesem Weg ins Ministerium. „Geplant habe ich meine Karriere nie“, sagt er und lacht. Seine Frau arbeitet in der Regierung von Oberbayern. Doch viel Zeit hat er momentan für seine Familie nicht. Wenn er kurz mal durchatmen muss, setzt er sich einfach in den herrlichen Hofgarten vis-a-vis der Regierung und genießt dort für ein paar Minuten die Natur.
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