Rocker von "Osmanen Germania" sollen Anschlag verübt haben
Im Juni 2016 fielen im Kreis Augsburg Schüsse auf das Haus eines umstrittenen Unternehmers. Hinter der Aktion sollen Mitglieder der „Osmanen Germania“ stecken.
Es wirkte wie eine Szene aus einem Mafia-Film. Nur der Tatort wollte so gar nicht passen. Im beschaulichen 2500-Seelen-Ort Kutzenhausen wurde ein Geschäftsmann, der dort ein Wohnhaus angemietet hatte, nachts durch Schüsse geweckt. Er stand auf, schaute nach und bemerkte mehrere Einschusslöcher in seiner Haustür. Die Polizei stellte fest, dass drei Neun-Millimeter-Geschosse die Tür durchschlagen hatten. Wäre der Mann zufällig hinter der Tür gestanden, hätten ihn die Schüsse töten können. Der Fall liegt zwei Jahre zurück, er spielte sich Anfang Juni 2016 ab. Nun ist er aber wieder aktuell: Denn für diese Bedrohung im Mafia-Stil sollen Mitglieder der Rockergruppe „Osmanen Germania BC“ verantwortlich sein. Die Gruppe wurde am Dienstag bundesweit verboten.
"Osmanen Germania" werden Verbindungen in die Türkei nachgesagt
Auf Fotos zeigen sich die Anhänger der „Osmanen“ gerne in furchteinflößender Pose. Muskelbepackt, tätowiert, die Hände zur Faust geballt. Der Rockergruppe gehören überwiegend türkischstämmige junge Männer an. Es soll Verbindungen zu Führungskadern der türkischen Partei AKP geben, der Partei von Staatspräsident Erdogan. Bundesinnenminister Seehofer (CSU) begründete das Verbot mit gewalttätigen Gebiets- und Machtkämpfen, die von den „Osmanen“ angezettelt worden seien. Die Gruppe lehne den Rechtsstaat ab, die Mitglieder seien zudem für zahlreiche Straftaten verantwortlich.
Im Raum Augsburg gibt es nach Einschätzung der Polizei keine eigene „Osmanen“-Gruppe. Am Dienstag gab es in mehreren Bundesländern eine Razzia, nicht aber in Augsburg. Auch jene Männer, die für den nächtlichen Anschlag in Kutzenhausen verantwortlich sein sollen, kamen nach den Erkenntnissen der Polizei nicht aus der Region, sondern aus dem Raum Stuttgart.
Beim Opfer handelt es sich um einen damals 58-jährigen Unternehmer, der sich mit seinen Geschäftsmethoden offensichtlich viele Feinde gemacht hat. Auch er war lange Zeit in und um Stuttgart aktiv. Bei von ihm initiierten Immobilienprojekten sollen Käufer und Anleger viel Geld verloren haben. Weitere Projekte des Mannes – etwa eine Autoleasing-Firma – wirkten ebenfalls dubios. Solche Geschäfte sollen auch der Hintergrund für die Schüsse in Kutzenhausen gewesen sein, bestätigte die Polizei auf Anfrage.
Lückenhafte Beweislage verhinderte eine Anklage
Die Kriminalpolizei hat in dem Fall länger ermittelt. Die Beamten kamen zum Ergebnis, dass ein ehemaliger Geschäftspartner des Mannes, der sich betrogen fühlte, Kontakte zu Mitgliedern der „Osmanen“ hat. Er soll die Einschüchterungsaktion in Auftrag gegeben haben. Die Ermittler konnten auch rekonstruieren, wer in jener Nacht mit dem Auto von Stuttgart ins rund 120 Kilometer entfernte Kutzenhausen im Augsburger Land gefahren sein soll und wer vermutlich die Schüsse abgefeuert hat. Allerdings waren die Beweise nach Informationen unserer Redaktion nicht so wasserdicht, dass es für eine Anklage reichte. Deshalb wurde der Fall auch nicht vor Gericht verhandelt.
Die Männer, die offensichtlich hinter der Aktion in Kutzenhausen steckten, sind aber inzwischen ohnehin in Stuttgart wegen anderer Taten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. In der Landeshauptstadt und deren Umland ist die rockerähnliche Gruppe stark vertreten. Hier fielen die „Osmanen“ durch gewaltsame Konflikte mit der kurdisch geprägten Gruppierung der „Bahoz“ auf. Das Landeskriminalamt eröffnete deshalb mehr als 120 Ermittlungsverfahren, 34 Haftbefehle wurden erwirkt.
Der umstrittene Geschäftsmann blieb nicht lange in Kutzenhausen. Er verschwand schnell wieder. Zeitweise lebte er auch in Augsburg im Hotel. Allerdings erwies sich auch die Fuggerstadt für ihn nicht als gutes Pflaster. In der Pizzeria L’Osteria traf er Ende Juni 2016 beim Abendessen auf mehrere Augsburger Immobilienunternehmer, denen er noch Geld schuldete. Es kam zum Streit und zu Handgreiflichkeiten. Ein Leibwächter, den der umstrittene Geschäftsmann aus Angst um sein Leben zwischenzeitlich engagiert hatte, schoss einem der Kontrahenten in den Oberschenkel. Der Bodyguard wurde deshalb später wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.
Die Diskussion ist geschlossen.