Rettender Einsatz bei Minusgraden: Wie die Hundestaffel arbeitet
Die Hundestaffel der Johanniter rückt im Winter verstärkt aus. Zuletzt im Unterallgäu. Ein 16-Jähriger wurde vermisst. Wie dabei jeder Einzelne helfen kann.
Das Thermometer zeigte Minus sechs Grad als der Rettungsstaffelhund „Silver“ zum Einsatz gerufen wurde. Es war halb fünf Uhr morgens. Ein 16-Jähriger aus dem Landkreis Unterallgäu wurde vermisst. In dieser Nacht zu Samstag legte Hundeführerin Michaela Saiko ihrem 42 Zentimeter großen Australian Mini Shepherd eine weiße „Kenndecke“ der Johanniter auf den Rücken. „Im Winter werden wir oft alarmiert“, sagt sie. Vor gut zwei Wochen musste die elfjährige Hündin sogar an zwei aufeinanderfolgenden Nächten raus in die eisige Kälte: Ein 33-Jähriger im Landkreis Neu-Ulm wurde gesucht, am Abend darauf eine ältere Dame. Saiko leitet die schwäbische Rettungshundestaffel und weiß, gerade bei Eis und Schnee drängt die Zeit.
Bis die fünf geprüften Rettungshunde der 2015 gegründeten Staffel und ihre ehrenamtlichen Hundeführer herbeigerufen werden, ist der Vermisste oft schon stundenlang im Freien. Denn: Es fällt meist erst abends auf, dass jemand nicht heimkehrt. Dann suchen Angehörige zunächst selbst nach dem Familienmitglied, bevor sie die Polizei hinzurufen. Die wiederum alarmiert zunächst die Hilfsorganisationen vor Ort, etwa die Feuerwehr oder die Wasserwacht. Um den Vermissten möglichst noch lebend zu finden, rufen die Beamten im Winter zur Sicherheit oft die Hundestaffel hinzu.
Die meisten Einsätze der Hundestaffel finden nachts statt
„Hunde suchen in kurzer Zeit große Flächen ab“, sagt Michaela Saiko und ergänzt: Ein Hund sucht gut 60.000 Quadratmeter ab – in einem Einsatz der bis zu sechs Stunden dauert. Mit dem Tier, das nicht angeleint ist, gehen ein Hundeführer und ein Helfer. Gerufen wird die Staffel meistens zwischen 22 Uhr abends und 3 Uhr nachts. Die Hunde tragen ein Glöckchen und eine Lampe. Sonst wären sie bei Dunkelheit in den Wäldern und Wiesen nicht mehr zu erkennen. Spürt ein Hund einen Menschen auf, bellt er.
In den beiden Einsätzen im Landkreis Neu-Ulm entdeckten Mitglieder der Wasserwacht die Vermissten. Im Unterallgäu fand die Feuerwehr den jungen Mann noch vor den Suchhunden. Denn die Helfer vor Ort haben anders als die Tiere keinen langen Anfahrtsweg. Die Hundestaffel der Johanniter hat ihren Sitz in Kleinkötz (Landkreis Günzburg). Die Tiere werden von Lindau bis Nördlingen in ganz Schwaben eingesetzt, bei bis zu 30 Aktionen im Jahr.
Was jeder tun kann
Im vergangenen Herbst fand aber die von Michaela Saiko geführte Rettungshundestaffel eine vermisste Frau, die an einer Kemptner Lagerhalle saß. Die Frau war verwirrt, hatten den Weg nach Hause vergessen, erinnert sich Saiko. Der junge Mann im Landkreis Unterallgäu hat den Heimweg nicht vergessen. Er stürzte, verletzte sich, schleppte sich weiter, bis ihn die Kraft verlies. Im Winter kann das den Tod bedeuten. Deshalb appelliert Saiko gerade bei niedrigen Temperaturen „mit offenen Augen“ durch die Straßen zu gehen. Oft sehe man erst auf dem zweiten Blick, dass Menschen Hilfe brauchen. „Wenn eine Oma am Bushäuschen sitzt, sieht man nicht, ob sie wartet, oder nicht mehr heim findet.“ Sie rät: hingehen und nachfragen. Der Ansicht ist auch Kerstin Biedermann von der Johanniter-Unfall-Hilfe: „Habt den Mut einzugreifen“, sagt die Sprecherin des Regionalverbandes Schwabens.
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