Tauziehen zwischen Regierung und Landkreisen
Im Münchner S-Bahn-Streit ging es bisher darum, Münchens OB Ude zum Mitmachen zu drängen. Nun soll auch das Umland in die Pflicht genommen werden. Dort regt sich Widerstand.
In der Debatte um die Finanzierung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München kommt es nun auch zum Tauziehen zwischen der Staatsregierung und den Umland-Landkreisen. Während Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) die betroffenen Landräte am Donnerstag eindringlich aufrief, sich an der Vorfinanzierung des Milliardenprojekts zu beteiligen, signalisierten mehrere Kreischefs deutliche Ablehnung oder meldeten zumindest massive Bedenken an.
"Es ist nicht die Stunde, sich auf Bedenken zurückzuziehen, sondern sich konstruktiv einzubringen", mahnte Zeil. "Ich habe kein Verständnis dafür, wenn einige Landräte einerseits die zweite Stammstrecke einfordern und ihre Wichtigkeit hervorheben, andererseits aber offenbar noch nicht bereit sind, an einer solidarischen Finanzierungslösung mitzuwirken", erklärte der Minister. "Wer Wohlstand und Wachstum in der Metropolregion weiter stützen will, muss politisch gestalten und nicht nur verwalten."
Das Kabinett hatte nach einer rechtlichen Prüfung durch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch erklärt, dass eine Beteiligung der Landkreise rechtlich möglich und politisch geboten wäre. Nun sollen die Landräte zum Mitmachen überredet werden.
"Ich appelliere dringend an alle Landkreise in der Metropolregion München und selbstverständlich erneut an die Landeshauptstadt, sich an einer Vorfinanzierung dieses Jahrhundertprojekts, das letztendlich den Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommt, zu beteiligen", sagte Zeil. Es handle sich dabei definitiv nur um eine Vorfinanzierung.
Mehrere Landräte reagierten aber ablehnend. "Das ist den betroffenen Gemeinden nicht zu vermitteln", sagte der Tölzer Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) der Nachrichtenagentur dpa. "Die finanzielle Leistungsfähigkeit unserer Gemeinden ist am Ende", erläuterte er am Donnerstag. "Das gibt einen Aufstand ohne Ende."
Der Landrat des Kreises Bad Tölz-Wolfratshausen nannte den Vorschlag des Kabinetts nicht zu Ende gedacht. Eine finanzielle Beteiligung der Landkreise rund um München sei nur durch eine Erhöhung der jeweiligen Kreisumlage möglich, erläuterte Niedermaier. Diese Umlage müssten aber die Gemeinden zahlen. Er befürchtet daher Klagen einzelner Kommunen gegen eine Beteiligung der Landkreise.
Auch der Freisinger Landrat Michael Schwaiger (Freie Wähler) äußerte sich zurückhaltend. "Ich bleibe skeptisch hinsichtlich der rechtlichen Möglichkeiten der Landkreise, sich finanziell an der zweiten Stammstrecke zu beteiligen", sagte er. Er kann sich nicht vorstellen, "dass die Städte, Märkte und Gemeinden, die letztlich die Beteiligung finanzieren müssten, dies akzeptieren werden".
Der Sprecher der oberbayerischen Landräte und Fürstenfeldbrucker Kreischef Thomas Karmasin (CSU) hatte sich bereits am Mittwoch überrascht von der Rechtsauffassung des Innenministers gezeigt. "Aber wenn das Ministerium als oberste Kommunalbehörde zu diesem Ergebnis kommt, werden wir uns dem nicht verschließen." Für einige Landkreise werde eine finanzielle Beteiligung jedoch nur schwer zu schultern sein.
Bei der Finanzierung des zweiten Münchner S-Bahn-Tunnels klafft derzeit eine Lücke von 700 Millionen Euro. 350 Millionen davon würde der Freistaat vorstrecken, den Rest sollen die Kommunen - insbesondere die Landeshauptstadt München - leisten. Doch Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) sperrt sich bislang dagegen.
Im Wirtschaftsausschuss des Landtags stritten sich Koalition und Opposition am Donnerstag heftig über die vom Freistaat gewünschte Beteiligung der Kommunen. Die Landräte sollten sich nicht über den Tisch ziehen lassen, warnte der SPD-Wirtschaftsexperte Thomas Beyer. "Die wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert." Die CSU wies die Kritik zurück. Ausschusschef Erwin Huber betonte, dass in anderen Ländern eine kommunale Beteiligung an solchen Projekten üblich sei. dpa/AZ
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