Schauspielerin Brigitte Hobmeier: "Ich liebe Historienfilme"
Brigitte Hobmeier spielt in der neuen Serie "Oktoberfest 1900" eine der Hauptrollen. Im Gespräch verrät die Schauspielerin, wie sie zum Oktoberfest steht.
Frau Hobmeier, Sie haben einmal behauptet, Sie seien ein eigensinniger Mensch niederbayerischer Prägung.
Brigitte Hobmeier: Stimmt. Wir Niederbayern reden weniger als die Oberbayern. Wir sind grantiger und ehrlicher.
Könnten Sie sich vorstellen, von hier wegzuziehen?
Hobmeier: Ich bin hier geboren und ziehe Kraft aus diesem Land. Ich glaube erst, wenn das aufhört, kann ich weggehen.
Zunächst einmal spielen Sie ja in der bereits vorab hoch gelobten Serie des Bayerischen Rundfunks „Oktoberfest 1900“ eine der Hauptrollen. Es geht um den erbitterten Kampf zweier Brauerei-Clans und um gesellschaftliche und wirtschaftliche Vormachtstellung im München des Jahres 1900. Historienfilme mag man oder man mag sie nicht. Wie ist das bei Ihnen?
Hobmeier: Ich mag sie sehr gerne. Ich liebe Historienfilme geradezu. Es ist doch schön, wenn wir uns mit unserer Geschichte beschäftigen und das aus ihr ziehen, was wir heute noch interessant finden.
Wie kam es zu dem sehr aufwendig gedrehten Projekt?
Hobmeier: Einer der Produzenten des Films ist in München zufällig an einem Haus vorbeigelaufen, an dem ein Schild angebracht war mit der Aufschrift: „Verein für die Rechte der Biermadl“. Und dann hat er angefangen zu recherchieren, was da dahintersteckt. Und am Ende entstand dann dieses Serien-Epos mit sechs bombastischen Teilen.
Was ist ein Biermadl?
Hobmeier: Das ist die frühere Bezeichnung für die Bedienungen in den Festzelten. Die Biermadln sind ein kleiner Teil dieser großen Saga. Die haben damals kein Geld bekommen, sondern mussten vom Trinkgeld leben. Manchmal, wenn Geld draufgelegt wurde, mussten die auch noch andere Dienste machen. Die Biermadln waren gewissermaßen Halbprostituierte. Ein Problem damals war auch, dass plötzlich die Bierpreise gestiegen sind und die Biermadln kein Trinkgeld mehr bekommen haben. Und dann gab es einen großen Aufstand der Bedienungen, die aufgesprungen sind und gesagt haben: so nicht, nicht mit uns!
Das ist historisch belegt?
Hobmeier: Ja, das ist tatsächlich passiert. Im Film tragen die Protagonisten zwar andere Namen, aber das ist historisch verbürgt.
Der Film ist stellenweise ein wenig eine Art Gangsterdrama. Es geht auch um Erpressung, Bestechung im Machtkampf auf der Wiesn. Können Sie sich vorstellen, dass das heute immer noch so ist?
Hobmeier: Um die vorletzte Jahrhundertwende haben die großen Brauereien sozusagen die kleinen Betriebe geschluckt. Dass es da nicht immer mit Ehre und Recht zugegangen ist, das kann man sich vorstellen. Und ich glaube, auch heute noch wird da hinter den Kulissen manchmal mit harten Bandagen gekämpft.
Was ist für Sie die Faszination der Zeit um 1900 im Vergleich zu heute?
Hobmeier: Ach, ich weiß nicht. Natürlich macht es wahnsinnig Spaß, in diesen Kulissen zu drehen, und den Schick der damaligen Kleidung finde ich auch toll. Aber im Endeffekt war die Mode damals überhaupt nicht praktisch. Durch die Corsage kann man nur ganz flach atmen. Ist zwar hübsch, tut aber nach zehn Stunden einfach nur noch weh. Dann Unterkleider, Polster für den Popo und dann das Kleid drüber – da brauchst du eine Ankleiderin, die dir hilft. Und die ist dann eine halbe Stunde beschäftigt. Und die aufwendigen Frisuren und alles, da sitzt man wieder eine Stunde. Da lobe ich mir heute Pulli und Jeans. Die sind viel praktischer. Nein, ich bin froh, dass ich in unserer Zeit lebe und nicht damals.
Der Film erzählt die Geschichte von „David gegen Goliath“, für die der erste große Wiesnwirt Georg Lang als Vorbild diente. Er wollte ein Wiesnzelt mit 6000 Plätzen, das damals alle bekannten Dimensionen sprengte. Heute ist das längst normal. Ist die monströse Spaß- und Wegwerf-Wiesn aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen, wie Fridays for Future beeinflusst, bald nicht mehr tragbar?
Hobmeier: Das ist immer eine Frage von Angebot und Nachfrage. Wenn die Leute weniger kommen, wird es kleiner werden, wenn weiterhin schon um zehn Uhr in der Früh die Bierzelte voll sind, dann eher nicht. Das ist immer auch eine Selbstentscheidung der Konsumierenden. Darum kann ich mir es auch nicht vorstellen, dass weniger Leute kommen. Die wollen ihr bacchantisches Fest weiterfeiern und die Sau rauslassen.
Rund sieben Millionen Besucher aus aller Welt strömen jedes Jahr zum Oktoberfest, dem größten Volksfest der Welt. Die Feierlichkeiten sind längst Kulturgut Nummer eins Bayerns, aber auch Deutschlands geworden. Wie ist Ihre persönliche Einstellung zu dem Spektakel?
Hobmeier: In der Welt wird Deutschland tatsächlich oft auf Berlin und das Oktoberfest reduziert. Ich selbst war früher auf der Wiesn Herzerlverkäuferin und habe so mein Studium finanziert. Da habe ich auch die dunkle Seite des Festes kennenlernen dürfen. Das war nicht schön und es war hart verdientes Geld. Als Kind habe ich das Oktoberfest geliebt, als Verkäuferin gar nicht. Jahrelang habe ich nachher die Wiesn gemieden. Inzwischen gehe ich ab und zu mit der Familie hin, meistens vormittags, lasse die Kinder sausen und kaufe einer Herzerlverkäuferin ein Herzerl ab. Dann geht’s wieder nach Hause.
Tragen Sie da Tracht?
Hobmeier: Nein. Ich bin noch so aufgewachsen, dass eher die Landbevölkerung Tracht trägt und nicht die Münchner, die da eher im normalen Schick hingehen. Inzwischen ist das ja sowieso alles eine große Verkleidungsmaschinerie. Aber diese 15-Euro-Dirndl auf der Wiesn kann ich auch nicht mehr sehen und meine gute, wertvolle Tracht ist mir für die Wiesn zu schade.
Sie haben also schon ein Trachtengewand daheim?
Hobmeier: Ja, allerdings habe ich die Kleider geerbt – von meiner Mama und meiner Schwiegermutter.
Hat der Film Ihre Haltung zur Wiesn durch den Film verändert?
Hobmeier: Ja, wenn ich jetzt Oktoberfest höre, denke ich an die schönen Dreharbeiten. Das war wirklich eine besondere Zeit mit besonderen Leuten. Schauspieler, Regie und Kamerateam waren so hervorragend, dass ich beim Oktoberfest jetzt immer auch an die Serie denke.
Brigitte Hobmeier 43, wurde in München geboren und studierte in Essen Schauspiel. Heute wirkt sie in Kino- und Fernsehproduktionen mit, zum Beispiel im „Tatort“.
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