Frauen heimlich unter den Rock zu fotografieren ist keine Straftat – zumindest nicht im Fall des ehemaligen Bürgermeisters von Scheyern (Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm). Das Landgericht München widersprach damit dem vorangegangenen Urteil des Amtsgerichtes. Das hatte beim Prozess im März die Tat als unverschämte Herabsetzung der Frau bezeichnet.
Richterin Elisabeth Ehrl hielt den Tatbestand der Beleidigung nicht für gegeben. Wegen des Widerstandes gegen Polizisten und vorsätzlicher Körperverletzung verurteilte sie den 57-Jährigen zu 60 Tagessätzen à 70 Euro. Für die Belästigung der Allgemeinheit muss er 750 Euro zahlen.
Frauen auf Rolltreppe unter den Rock fotografiert
Wie berichtet, hat der frühere Kommunalpolitiker im vergangenen Sommer am Stachus in München auf einer Rolltreppe Frauen unter die Röcke fotografiert. Ein aufmerksamer Zeitungsverkäufer hatte die Tat beobachtet und die Polizei verständigt. „Er fühlte sich wohl unbeobachtet“, sagte dieser vor dem Landgericht aus. „Ich sehe öfter solche Leute, die sind voll auf die Vorderfrau konzentriert. Für sie zählt nur der Rock!“
Die eingetroffenen Beamten erwischten den zweifachen Familienvater auf der Rolltreppe. Als sie sich zu erkennen gaben, versuchte er den Polizisten zufolge, die Kamera kaputt zu treten und somit Beweismaterial zu vernichten. Sie schnappten sich den Mann. Es gab ein Gerangel, bei dem ein Beamter verletzt wurde.
Beim Einsatz der Polizei hatte der Mann gerade versucht, einer weiteren Frau unter den Rock zu knipsen. Diese zeigte ihn an. Noch heute könne sie keine Treppe hochgehen, ohne sich den Rock an die Beine zu drücken, klagte sie. Der 57-Jährige ist kein Ersttäter: Nach dem Vorfall fand die Polizei bei ihm Datenträger, die belastende Bilder und Videos enthielten. Und auch 2010 stand er bereits unter Verdacht, eine Frau auf der Toilette beobachtet zu haben.
Unter-den-Rock-Fotografieren kann auch eine Straftat sein
Mit dem Urteil gab die Richterin der Strafverteidigerin Regina Rick in dem Punkt recht, dass die Tat keine Beleidigung sei und somit keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Da es heimlich geschehen sei, sei es nicht als öffentliche Bloßstellung zu werten. „Aber“, betonte Ehrl, „dieses Urteil heißt nicht, dass jedes Unter-den-Rock-Fotografieren nur eine Ordnungswidrigkeit ist.“ Es könne unter Umständen als Straftat gewertet werden. Positiv legte sie dem früheren Bürgermeister aus, dass er sich bei dem verletzten Polizisten entschuldigt hatte. Das große mediale Interesse an dem Fall stelle zudem eine hohe Belastung für ihn dar.
Ob Staatsanwalt Preuß in Revision gehen wird, steht noch nicht fest. Er hatte für eine Verurteilung wegen Beleidigung plädiert. Rick zeigte sich zufrieden mit dem Urteil und meinte kampfeslustig: „Wenn die Staatsanwaltschaft in Revision gehen will, kann sie das gerne haben."