Seehofer steht Söder zur Seite
Die CSU-Führung demonstriert Geschlossenheit und warnt angesichts jüngster Umfragen vor einer Destabilisierung des Landes und einer Zersplitterung des Parlaments
München Als Horst Seehofer nach dem Ende des CSU-Parteitags den Postpalast in München verlässt, hat er ein klares Ziel vor Augen. Er wolle heim, wo ein Stapel Bücher auf ihn warte. Obenauf, so verrät er, liege das Buch „Die Totengräber“. Gemeint sind Totengräber der Demokratie, in diesem Fall: der Weimarer Republik. Ist es schon so weit gekommen, dass man sich auf das Schlimmste vorbereiten muss? Steht die Demokratie in Bayern kurz davor, zu Grabe getragen zu werden?
Tatsächlich erweckt das Führungstrio der CSU bei diesem Parteitag fast diesen Eindruck. Generalsekretär Markus Blume, Parteichef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder stemmen sich mit flammenden Appellen nicht nur gegen den Absturz auf 35 Prozent, der der CSU in den jüngsten Umfragen vorhergesagt wird. Sie warnen auch vor einer Zersplitterung des Landtags in sieben Parteien, vor „Rechtsextremen und Kommunisten“ im Parlament und vor instabilen politischen Verhältnissen.
Die rund 800 CSU-Delegierten haben eine Aufmunterung dringend nötig. Ihre Kommentare bei der Ankunft in München haben durchgängig denselben, fast schon verzweifelten Tenor: Bayern habe Bestnoten bei der inneren Sicherheit, bei der Arbeitslosigkeit, beim Wirtschaftswachstum und in der Bildungspolitik, Söder habe in den ersten sechs Monaten seiner Regierungszeit höchstmögliche Dynamik entfaltet und gezeigt, wie er den Freistaat weiter nach vorn bringen wolle – und dennoch würden viele Bürger diese Erfolgsgeschichte im Moment völlig ignorieren.
Wem in dieser Situation die Sympathie der CSU-Basis gilt, ist nicht zu übersehen. Seehofer wird mit höflichem Applaus, Söder mit lautem Jubel begrüßt. Die beiden aber lassen es sich nicht anmerken, dass ein erbitterter Machtkampf hinter ihnen liegt.
Als Seehofer die Bühne betritt, herrscht angespannte Ruhe im Saal. Die Delegierten kennen die schwierige Vorgeschichte des Machtwechsels in München. Doch schon mit seinen ersten Worten macht der Parteichef klar, dass er sich in diesem Wahlkampf in die zweite Reihe stellt. „Der heutige Tag steht ganz im Zeichen unseres Ministerpräsidenten Markus Söder“, sagt Seehofer und dankt seinem parteiinternen Widersacher mehrfach. „Du hast dich von niemandem übertreffen lassen bei deinem Einsatz für unser Land“, sagt Seehofer und listet auf, was unter der Regierung Söder für „die kleinen Leute“ alles getan worden sei: Familiengeld, Landespflegegeld, bayerische Eigenheimzulage, bayerisches Baukindergeld. Auch Söders Sicherheits- und Asylpolitik lobt er in den höchsten Tönen. „Lieber Markus, danke, dass du diese Politik für ein stabiles Bayern fortgesetzt hast“, sagt Seehofer und sichert ihm seine volle Unterstützung zu. Er plädiert für „Geschlossenheit statt Nörgelei, Einsatz statt Gemütlichkeit“ und versichert: „Markus, das darf ich sagen, an unserer Geschlossenheit wird es sicher nicht liegen.“
Auch die CSU-Ehrenvorsitzenden Theo Waigel und Edmund Stoiber bietet die Parteitagsregie auf, um die CSU-Basis auf den Kampf um die politische Vorherrschaft in Bayern einzustimmen. Stoiber fordert eine „Jetzt-erst-recht-Stimmung“. Waigel erinnert daran, dass die Wahl „erst auf den letzten Metern“ entschieden wird.
Der Hauptakt aber gehört Söder. Er hebt hervor, dass es jetzt nicht nur um die Partei, sondern um das Land und die Demokratie in Bayern gehe. Die Situation, so sagt er, sei paradox: „Noch nie ging es Bayern so gut und noch nie war die Politik so zersplittert.“ Die Welt verändere sich grundlegend und auch in Deutschland sei eine immer tiefere Spaltung zu spüren. Da brauche es mehr denn je Volksparteien. Kleinere Parteien, das zeige der Wahlkampf in Bayern, „schwanken zwischen Destruktivität und Anbiederung“.
Die CSU dagegen, so Söder, stehe für ganz Bayern. „Wir sorgen uns um alle. Wir sind die letzte verbliebene Volkspartei.“ Die CSU müsse in der „Leberkäs-Etage“ zu Hause bleiben. „Da gehören wir hin“, sagt Söder und nennt Stabilität als sein Hauptziel: „Das Einzige, was ich will, das ist, dass wir in Bayern zeigen, dass Demokratie noch handlungsfähig ist.“ Es gehe darum, Identität und Seele Bayerns zu erhalten. Er wolle nicht nur einen Sprint bis zum Wahltag am 14. Oktober. „Es geht mir um einen Marathon für die Demokratie.“
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