Sind E-Biker in den Alpen eine Gefahr für Bergwanderer?
Naturschützer sehen wachsende Risiken für Fußgänger und für die Vegetation. Sie fordern E-Mountainbikes zu beschränken. Das stößt auch auf Kritik.
Spaziergänger und Wanderer leben in den Alpen zunehmend gefährlich. Das Risiko, plötzlich von einem E-Mountainbike angefahren oder gar überrollt zu werden, wächst. So stellt es zumindest der Bund Naturschutz (BN) dar. „Dass da nicht öfter etwas Schlimmes passiert, liegt vor allem daran, dass Wanderer oft schnell genug auf die Seite hüpfen“, sagt Axel Doering, Sprecher des Landesarbeitskreises Alpen des BN. Da sich gefährliche Situationen nach Ansicht des BN massiv häufen, fordert der Verein nun, die Nutzung von E-Mountainbikes in den Alpen zu beschränken.
Fest steht: E-Bikes werden immer beliebter. Insgesamt 980.000 Modelle wurden 2018 verkauft. Nach Berechnungen des Zweirad-Industrie-Verbands, kurz ZIV, bedeutet dies einen Zuwachs von 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahlen schließen jedoch alle E-Bikes in Deutschland ein – wie viele davon E-Mountainbikes sind, die in den Alpen genutzt werden, lässt sich nicht sagen. Beim Bund Naturschutz ist man jedoch überzeugt: Die Nutzung hat „rasant zugenommen“. Daraus würden sich mehrere Probleme ergeben: Das E-Bike stellt zum einen eine „Erreichbarkeitsrevolution im alpinen Gelände dar“ – sprich, es kommen immer noch mehr Menschen in die eh schon arg strapazierten Bergregionen. Mittlerweile werden Wege befahren, die „früher nur dem Wanderer und Bergsteiger zugänglich waren“. Zudem komme es zu Vegetations- und Erosionsschäden: „Früher hat die Schwerkraft viele der Wege noch geschützt“, sagt BN-Sprecher Axel Doering.
Deutscher Alpenverein sieht Entwicklung kritisch
Auch beim Deutschen Alpenverein DAV sieht man die Entwicklung kritisch: „Wir nehmen sie aber zur Kenntnis und wissen, dass wir sie nicht aufhalten können“, erklärt Sprecher Thomas Bucher. Generell sei man im DAV der Ansicht, dass Bergsport aus eigener Kraft Vorrang haben sollte. Verbote hält Bucher aber nicht für zielführend. Trotzdem gibt es DAV-Sektionen in Oberbayern, die festlegten, dass auf ihren Hütten keine Ladestationen für E-Bikes zur Verfügung gestellt werden sollen.
Auf der Ochsenalpe bei Oberjoch im Allgäu gibt es dagegen seit Kurzem eine Ladestation für E-Bikes. „Sie wird sehr gut angenommen“, erzählt Christine Haas, die die Alpe mit ihrem Mann betreibt. Die Ladestation anzubieten, habe man ihr empfohlen, da es immer mehr E-Biker in den Alpen gebe: „Und ich denke, das werden auch noch mehr werden.“ Denn noch ist die E-Bike-Nutzung gemäß dem Bayerischen Naturschutzgesetz auf „Straßen und geeigneten Wegen zulässig“.
Der Bund Naturschutz fordert nun aber, dass E-Mountainbiker in Zukunft nur noch bis zum Ende der Forststraße fahren dürfen und, dass alpines Gelände nur für Fahrer „unmotorisierter Fahrräder“ erlaubt ist. Zudem sollen die Landratsämter ausgewählte geeignete Wege für E-Mountainbikes öffnen dürfen.
Das Verhalten der Radler ist entscheidend
Dass die Alpen dann nur noch für die Menschen zugänglich sind, die mit Muskelkraft hochkommen, sieht Simone Zehnpfennig von der für den Tourismus zuständigen Allgäu GmbH kritisch: Abgesehen davon, dass man in Gruppen verschiedene Leistungsklassen finde, „gibt es Menschen, die durch einen unverschuldeten Unfall lange Strecken nicht mehr schaffen oder E-Bikes in der Reha unterstützend nutzen“. Das Problem ist ihrer Meinung nach nicht Bike oder E-Bike, sondern das Verhalten der Radler. Entscheidende Fragen sind für sie: Nimmt der Radler Rücksicht auf Wanderer? Respektiert er die Natur, die Rückzugsräume der Wildtiere, verzichtet er auf Fahrten in der Dämmerung?
Um Konflikte zwischen E-Bikern und Wanderern in den Bergen zu vermeiden, gebe es im Allgäu auch bereits Projekte. Zum Beispiel das „Zämed duss“-Festival. Es will den Respekt zwischen E-Bikern, Radfahrern und Wanderern fördern. Und mit dem weiteren Projekt, das den Namen „Leitproduktentwicklung Allgäu/Tirol“ trägt, soll die Wegeführung der Mountainbike-Strecken verbessert werden. Die Strecken sollen, wie Zehnpfennig erklärt, so gelegt werden, „dass sie von Wanderern, Behörden, beispielsweise dem Naturschutz und Grundstückseigentümern unterstützt und als positiv angesehen werden“. Insgesamt verfolgt man laut Zehnpfennig bei der Allgäu GmbH das Ziel, die Besucher in den Alpen so zu lenken, dass sie sich gegenseitig nicht stören, sondern akzeptieren.
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