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Ritterspiele
27.05.2018

So lebt der gelähmte Stuntman von Kaltenberg heute

So sah das aus, wenn Jean-Marc Dellajuto bei den Kaltenberger Ritterspielen (hier 2015) seine waghalsigen Kunststücke präsentierte.
2 Bilder
So sah das aus, wenn Jean-Marc Dellajuto bei den Kaltenberger Ritterspielen (hier 2015) seine waghalsigen Kunststücke präsentierte.
Foto: Julian Leitenstorfer

Jean-Marc Dellajuto tourt mit waghalsigen Kunststücken auf dem Pferd durch die Welt. Bis 2017 ein Unfall beim Kaltenberger Ritterturnier sein Leben verändert.

Wenn im Juli wieder das Kaltenberger Ritterturnier ansteht, auf dem riesigen Gelände im Landkreis Landsberg, will Jean-Marc Dellajuto unbedingt dabei sein. So wie die letzten Jahre auch. Und doch würde alles anders sein. Nie mehr wird Dellajuto in der Arena auftreten und mit spektakulären Kunststücken die Zuschauer in seinen Bann ziehen. Wenn er kommt, dann wird er im Publikum sitzen. Und zwar im Rollstuhl.

Ob die Reise nach Deutschland tatsächlich klappt? Noch ist das nicht sicher. Auch wenn es sich der 38-Jährige so sehr wünscht. Er möchte zurück an den Ort, wo er jahrelang vor einem begeisterten Publikum Höhenflüge als Stuntman erlebt hat. Und wo sich vor zehn Monaten der Unfall ereignete, seit dem nichts mehr ist wie zuvor. Ausgerechnet der Mann, der unermüdlich um die Welt tourte, waghalsige Akrobatik-Stunts auf Pferden vollführte, der seinen Körper bis an die Grenzen zu beherrschen wusste, ist heute eingesperrt in eben diesem Körper. Er kann ihn vom Hals ab nicht mehr bewegen. Vielleicht für immer. „Die Ärzte sagen, dass es so bleiben wird“, sagt er. „Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf – nie.“

Jean-Marc Dellajuto empfängt auf der Terrasse seines Hauses im südfranzösischen Dorf Tourves, rund 50 Kilometer von Aix-en-Provence entfernt. Weinberge umgeben es, auf der Koppel im Garten stehen zwei Pferde, ein Pony und ein Esel. Sein älterer Bruder mit Kindern ist da, seine Mutter, seine Frau Laura natürlich und die achtjährige Tochter Lilou. Die Kinder toben ausgelassen herum. „Leider kann ich zur Begrüßung nicht die Hand geben“, entschuldigt sich Dellajuto. Reglos liegen seine Arme auf den Rollstuhllehnen. Sein Körper ist ganz ruhig. Aber in seinem Gesicht, in seiner Mimik spielt das Leben, als er erzählt.

Es geschah am 29. Juli 2017, am vorletzten Tag der mehrwöchigen mittelalterlichen Vorführungen in Kaltenberg. Dellajuto war gerade um die Brust seines galoppierenden Pferdes herumgeklettert, als dieses einen Satz machte. Er wollte in den Sattel zurück, schaffte es aber nicht mehr. Er rollte sich noch ab. Doch weil er am Ende der Arena angelangt war, prallte er mit voller Wucht gegen die Königsloge. „Das ist nicht so ungewöhnlich. Man fällt in diesem Job öfter“, sagt Dellajuto. „Aber ich bin dumm gefallen. Auf den Nacken.“ Er brach sich einen Halswirbel und verletzte sich das Rückenmark so schwer, dass er sofort vom Hals abwärts vollständig gelähmt war.

Er wurde gleich ins künstliche Koma versetzt

10000 schockierte Zuschauer waren Zeugen des Sturzes. Nach 20 Minuten ging das Spektakel weiter. Ein Hubschrauber flog Dellajuto zunächst nach München ins Klinikum Großhadern, wo er noch in der Nacht operiert wurde. Nach drei Tagen kam er in die Unfallklinik Murnau. Bis man ihn vor dem Abtransport ins künstliche Koma versetzte, blieb er bei vollem Bewusstsein. „Ich war mir der Lähmung sofort bewusst, als ich meine Glieder nicht mehr spürte.“

Da auch seine Lunge verletzt worden war, konzentrierte er sich ganz aufs Atmen, was mühsam war. Dellajuto verfügt als freiwilliger Feuerwehrmann über Erste-Hilfe-Kenntnisse, deshalb forderte er seine herbeigeeilten Kollegen auf, ihn nicht zu bewegen, ihm nur den Kopf zu halten. Panik empfand er nicht. „Ich wusste, dass ich zwischen Leben und Tod schwebte. Und ich hoffte zu sterben. Aber ich konnte nicht: Ich habe eine Frau, eine Tochter.“ Also kämpfte er.

Und er kämpft bis heute.

Seine Frau Laura wirbelt gerade im Haus und im Garten herum. Sie sieht nach den Pferden, entfernt sich dabei aber nie zu weit. Sie will in Reichweite ihres Mannes bleiben. „Mon Amour“, ruft Jean-Marc Dellajuto, als er Durst hat – „mein Schatz“. Laura lässt ihn per Strohhalm von einer Cola trinken und schiebt ihm einen Schokokeks in den Mund. Sie wartet, während er kaut und hinunterschluckt, und schiebt dann einen zweiten hinterher.

Seit 16 Jahren sind die beiden ein Paar. Sie wirken wie ein lang eingespieltes Team. Dabei ist Jean-Marc nach einer Odyssee durch vier Krankenhäuser und Reha-Zentren in Deutschland und Frankreich erst seit einem Monat wieder zu Hause. Täglich kommen zwei Pflegerinnen, um ihm zu helfen; nicht alles kann Laura machen. Sie arbeitet ja noch als Kosmetikerin. Sie sagt, sie sei froh über seine Rückkehr. „Endlich beginnen wir wieder, ein normales Familienleben zu dritt zu führen.“

Seine Frau Laura sagt: Ich habe allein unter der Dusche geweint

Manchmal gehen sie essen oder unternehmen einen Ausflug ans Meer. Wie ihr Mann sei auch sie stark, eine Kämpferin, sagt die 35-Jährige. Dabei habe es sie innerlich zerrissen, als er in Deutschland im Koma lag. Sie besuchte ihn so oft wie möglich. Zugleich musste sie ihre Tochter Lilou in Südfrankreich zurücklassen, die ihren Vater nicht in diesem Zustand sehen sollte. „Geweint habe ich allein unter der Dusche oder draußen. Aber nie vor ihr.“ Das Mädchen habe zuerst große Angst um ihn gehabt, inzwischen aber seine Lähmung akzeptiert.

Unbeschwert turnt es auf seinen Beinen herum. „Vorher war Papa dauernd unterwegs“, erzählt die Kleine. „Jetzt hilft er mir jeden Tag bei den Hausaufgaben.“ Dass er starke Medikamente nehmen muss, um die Schmerzen auszuhalten, weiß Lilou nicht. Auch dass er jeden Tag seinen Mut neu zusammennehmen muss, ahnt sie wohl nur. Es sei hart, dass er seine Frau nicht mehr in den Arm nehmen kann, sagt Dellajuto. Vor dem Unfall hat sie ihn gebeten, mit den Stunts aufzuhören, sie machte sich Sorgen. Sie erzählt es in leicht vorwurfsvollem Ton. „Aber die Stunts waren mein Metier, meine Passion, mein Leben“, rechtfertigt er sich. Er übte immer riskantere Aktionen, um die Gefahr wissend und obwohl er sich als junger Mann bei einem Motorradunfall schon einmal die Wirbelsäule gebrochen hat – zweifach.

So sah das aus, wenn Jean-Marc Dellajuto bei den Kaltenberger Ritterspielen (hier 2015) seine waghalsigen Kunststücke präsentierte.
Foto: Julian Leitenstorfer

13 Jahre lang war er, der einstige französische Meister im Judo, im Kickboxen und im Kampfsport Sambo, Teil von Mario Luraschis reitender Stunt-Truppe „Cavalcade“. Mit ihr drehte Dellajuto Stunts für Filme und Serien und reiste durch die ganze Welt. Beim Kaltenberger Ritterturnier war er ein bekannter Gast. „Es ist eines der schönsten Turniere der Welt. Die Arena, die Stimmung, das Publikum sind etwas ganz Besonderes“, schwärmt er. Nach seinem Unfall habe er von dort viel Unterstützung erfahren, tausende Nachrichten von besorgten Zuschauern bekommen. Seitens der Organisatoren heißt es, dass dieses Jahr die Arbeit der Rettungsdienste noch verstärkt wird; das Rote Kreuz will seine Präsenz mit einer zusätzlichen Fußstreife erhöhen. Und Mario Luraschi habe seine Leute gebeten, nicht über die 100 Prozent hinauszugehen.

Damit während der fünf Wochen im Krankenhaus in Deutschland ständig jemand aus seiner großen Familie da sein konnte, hat Dellajutos Tante eine Spendenaktion gestartet. So konnte man das teure Pendeln zwischen Bayern und Südfrankreich finanzieren. Zahlreiche Deutsche hätten sie kostenlos beherbergt, erzählt Dellajutos Mutter bewegt. Sie erinnert sich aber auch an die Verständigungsprobleme mit den Ärzten; es drohte sogar ein Vormund, der wichtige Entscheidungen für ihn treffen sollte.

In Murnau nahm sich dann die deutsch-französische Ärztin Natalie Gradinger seiner an. Sie schrieb die wichtigsten Dinge auf Französisch auf eine Karte, damit Dellajuto und seine Familie verstanden, was passierte, wenn er gewaschen oder umgedreht werden sollte. „Ich werde dieser Ärztin nie genug danken können“, sagt er. Nachdem sie ihm mittels einer Kanüle im Hals zum Sprechen verholfen hatte, fragte er die 38-Jährige, warum sie einen Mann, aber keine Kinder habe – worauf sie denn warte. Vielleicht hat diese Frage etwas ausgelöst, sagt er mit einem Schmunzeln. Jedenfalls schickte sie ihm wenige Monate später ein Ultraschall-Bild. Sie war schwanger.

Mit dem Kinn bedient er sein Laptop

Es sind Begegnungen wie diese, die Dellajuto helfen, seinen Alltag erträglicher zu machen. Seine Eltern, die Geschwister und deren Familien sind ständig um ihn, viele Freunde kommen vorbei. Doch er sucht nach einem neuen Inhalt für sein Leben. Das Haus hat er umgebaut, die Türen vergrößern lassen. Seinen modernen Rollstuhl, für den er 35000 Euro aus eigener Tasche bezahlte, kann er über ein ausgeklügeltes Lenksystem am Kinn selbst steuern. Damit bedient er auch die Maus für seinen Laptop auf dem Tisch vor ihm. Er kann telefonieren, und wenn er etwas im Computer schreiben will, diktiert er das ins Mikrofon. Mithilfe seiner Schwester will er seine Erfahrungen als Behinderter in einem Buch erzählen und irgendwann vielleicht einen Film daraus machen. Er will loswerden, dass vom Staat wenig Hilfe komme und es die oft beschworene Gleichberechtigung keineswegs gebe. Dass die Menschen gegenüber einem Gelähmten auf Distanz gehen, ihn oft anstarren oder den Blickkontakt ganz vermeiden. „Aber wer mich nicht ansieht, für den existiere ich nicht.“

Jean-Marc Dellajuto hat alle französischen Fernsehsender angeschrieben, um das Tabu zu brechen, das behinderte Menschen umgebe. Eingeladen hat ihn noch keiner. Dabei wolle er doch zeigen, dass es immer weitergehe im Leben, was auch passiert. Er sieht sich nicht als Opfer seiner Lähmung: „Ich sitze zwar, aber ich bin aufrecht.“

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