"Sofort begann er auf mich einzuschlagen"
Ein Bluterguss am Auge, die Hand bandagiert - Gerold Noerenberg ist noch deutlich gezeichnet von dem brutalen Überfall durch Khaled El Masri. Neu-Ulms Oberbürgermeister schildert die Attacke. Von Bernhard Junginger
Eine Schramme im Gesicht, ein Bluterguss am Auge, die Hand bandagiert - noch deutlich gezeichnet von dem brutalen Überfall durch den Deutsch-Libanesen Khaled El Masri ist Neu-Ulms Oberbürgermeister Gerold Noerenberg am Dienstag ins Rathaus zurückgekehrt.
Unsichtbar, aber weit gravierender seien die seelischen Verletzungen, die der Angriff vor fünf Tagen hinterlassen hat: Es wird noch einige Zeit dauern, bis es verarbeitet ist", sagt Noerenberg. Er erzählt, wie er am vergangenen Freitag plötzlich seine Sekretärin im Vorzimmer dreimal laut "Nein" rufen hörte. "Ich drehte mich um, da stand Herr El Masri schon vor mir. Er fuchtelte mit einem Stück Papier herum und brüllte mich an."
Noerenberg berichtet, dass er den Eindringling, der drei seiner sechs Kinder bei sich hatte, zum Verlassen des Raums aufgefordert habe. "Sofort, noch während ich sprach, begann er, mit den Fäusten auf mich einzuschlagen. Ich bin zu Boden gesunken." Dann habe El Masri einen Besucherstuhl ergriffen und sei damit auf ihn zugekommen. In diesem Moment habe eine Mitarbeiterin den Raum betreten, was El Masri kurz abgelenkt und wohl davon abgehalten habe, mit dem Stuhl auf Noerenberg einzuschlagen. Er habe dann aber den Stuhl nach ihm geworfen.
Mit den Worten "Das war nicht alles" sei El Masri aus dem Rathaus geflüchtet. Der Bürgermeister blieb mit Hämatomen, Prellungen, einer schmerzenden Nase und einem Bruch im Fingergelenk zurück. Über die Gründe des Überfalls kann Noerenberg nur spekulieren. Einige Tage zuvor habe El Masri einen wirren Brief im Rathaus abgegeben. "Du bist tot, aber noch nicht begraben", schrieb dieser an Noerenberg. Unmittelbar bedroht habe er sich dadurch nicht gefühlt. "Denn für mich ist er ein kranker Mensch, der Hilfe braucht." Wenn El Masri möglicherweise glaube, er, Noerenberg, hätte etwas mit seiner Entführung durch die CIA zu tun, dann sei das nur ein Beleg für dessen psychische Probleme. Khaled El Masri war 2004 vom US-Geheimdienst nach Afghanistan verschleppt und monatelang festgehalten worden.
Kurz nach der Attacke auf das Neu-Ulmer Stadtoberhaupt war der Deutsch-Libanese festgenommen worden. Er räumt die Tat ein. Sollte er sich als schuldfähig erweisen, droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe - nicht zuletzt weil er wegen Brandstiftung und Körperverletzung noch unter Bewährung steht.
(Bernhard Junginger)
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