Sollen die Pfingstferien in Bayern abgeschafft werden?
In Bayern klagen Schüler und Lehrer zum Schuljahresende über Prüfungsstress und Notendruck. Welche Maßnahmen Abhilfe schaffen könnten - und welche nicht.
Möge der Lernstress beginnen: Sechs Wochen Unterricht haben Bayerns Schüler heuer zwischen den Oster- und Pfingstferien, fünf Wochen sind es zwischen den freien Tagen an Pfingsten und den Sommerferien. Eigentlich wäre also noch genug Zeit für die letzten Prüfungen – läge der Notenschluss an vielen Schulen nicht schon vor Pfingsten. Denn das bedeutet: Prüfungen und Notenstress vor den Pfingstferien – Motivationstief und nur noch wenig Unterricht danach. Könnten andere Ferienzeiten in Bayern das Problem lösen – oder sollten die Pfingstferien gar komplett abgeschafft werden?
Die kompakte Prüfungsphase zwischen Ostern und Pfingsten fördere vor allem „bulimisches Lernen“ – in Anlehnung an suchtartige Heißhungeranfälle mit anschließendem Erbrechen, sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV). Viele Inhalte würden nach den Leistungsabfragen sofort wieder vergessen. Im Gegensatz dazu ist die Zeit zwischen Pfingst- und Sommerferien aus pädagogischer Sicht häufig vergeudet. Weil keine Noten mehr gemacht werden, schauen Lehrer mit ihren Klassen Filme oder besuchen Schulveranstaltungen. Der BLLV fordert deshalb mehr als eine Neuordnung der Ferienzeiten: „Unser langfristiges Ziel sollte ein neues Lern- und Leistungskonzept sein“, sagt Präsidentin Fleischmann. Es dürfe in der Schule nicht nur um Noten gehen.
Zwischen Pfingstferien und Sommerferien liegen heuer nur fünf Wochen
„Da sich die Pfingstfeiertage und damit die Pfingstferien an Ostern orientieren, das dieses Jahr eher spät gefeiert wurde, ist der Zeitraum zwischen Pfingst- und Sommerferien im Schuljahr 2018/2019 in der Tat nur fünf Wochen lang“, teilt Julia Kuntz, Sprecherin des bayerischen Kultusministeriums, auf Anfrage unserer Redaktion mit. Allerdings stelle dies die Ausnahme gegenüber einer zumeist sechswöchigen Unterrichtszeit zwischen Oster- und Pfingstferien dar.
Die Diskussion um die schulfreien Tage ist keine neue. Meistens geht es dabei um den Zeitpunkt und die Länge der Pfingst- und Sommerferien. Denn in Bayern und Baden-Württemberg gelten dafür zweierlei Sonderregelungen: Zum einen sind die Pfingstferien in den beiden südlichen Bundesländern – und nur dort – zwei Wochen lang. Im Rest Deutschlands gibt es lediglich ein paar freie Tage über Pfingsten – oder überhaupt keine Ferien, wie in Brandenburg oder Hessen.
Zum anderen endet das Schuljahr in Bayern und Baden-Württemberg immer erst Ende Juli oder Anfang August – und damit zwei bis fünf Wochen später als in den anderen 14 Bundesländern. In diesem Jahr werden Bayerns Schüler am 26. Juli in die Sommerferien entlassen. Das liegt einerseits an den zweiwöchigen Pfingstferien. Je später Ostern und Pfingsten liegen, desto weiter nach hinten müssen auch die Sommerferien verschoben werden, damit ein ausreichender Lern- und Prüfungszeitraum am Ende des Schuljahres gewährleistet ist.
1964 beschlossen die Kultusminister der Länder mit dem „Hamburger Abkommen“ ein rotierendes Sommerferien-System. Dafür wurden die 16 Bundesländer in fünf Ländergruppen eingeteilt, die sich jedes Jahr mit den Ferienterminen abwechseln. „Die Sommerferien der Länder werden in mehrjährigen Rhythmen von einer Länderarbeitsgruppe der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) abgestimmt und von der Kultusministerkonferenz beschlossen“, erklärt Ministeriumssprecherin Kuntz. Bis ins Jahr 2024 wurden die Termine bereits festgelegt. Die Staffelung findet unter anderem statt, um das Reiseaufkommen zu entzerren. Die Sommerferien sollen sich auf die Zeit zwischen 1. Juli und 10. September verteilen.
Sommerferien in Bayern liegen immer auf dem letztmöglichen Termin
Zwar bilden auch Bayern und Baden-Württemberg eine Ländergruppe – am rollierenden System nehmen beide aber nicht teil. Die Sommerferien liegen hier immer auf dem letztmöglichen Termin im Spätsommer. Die Begründung aus den 60er Jahren: Kinder aus landwirtschaftlichen Betrieben sollten im Spätsommer bei der Ernte helfen. Doch das erscheint heute reichlich überholt. Könnten die Bayerischen Sommerferien also nicht einfach in das rotierende System der anderen Bundesländer eingegliedert werden?
„Für Bayern hat sich die Ferienregelung bewährt“, sagt Kuntz. Die Schüler würden von einer „gleichmäßigen, pädagogisch sehr sinnvollen Verteilung der Ferien“ über das Jahr hinweg profitieren, sagt Kuntz. Dazu zählten auch die zweiwöchigen Pfingstferien vor den letzten Wochen mit unter anderem Abschlussprüfungen, Schulveranstaltungen und Zeugnisvorbereitungen. Eine Neuordnung des bayerischen Ferienkalenders wird es vorerst also nicht geben. Übrigens stimmt das Gerücht, Bayern habe mit seinen zahlreichen Feier- und Ferientagen deutlich mehr schulfreie Tage als die anderen Bundesländer, nicht: Die Gesamtdauer der Ferien ist in ganz Deutschland mit 75 Tagen gleich.
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