
Viele Tierheime in Bayern arbeiten am Limit

Unmengen an Katzen, Tiermessis und zu wenig Ressourcen: Die Situation in den Tierheimen Bayerns bleibt angespannt. Ferien sind nicht mehr das größte Problem.
Es ist eine der traurigen Schattenseiten der Urlaubszeit: Haustiere, die alleine und ohne Futter an Raststätten zurückgelassen werden. Doch dieses Problem wird immer kleiner, wie aktuelle Rückmeldungen aus Tierheimen in Bayern zeigen. Demnach werden immer weniger Vierbeiner einfach ausgesetzt.
Dennoch bleibe die Situation in vielen Einrichtungen angespannt, erklärt Katharina Pasche. Sie ist beim Deutschen Tierschutzbund zuständig für die Tierheimberatung in Süddeutschland. Mittlerweile sei das ganze Jahr über Hochsaison. "Die Tierheime sind einfach am Limit."
Tierheime in Bayern kämpfen derzeit mit Flut an Katzenbabys
Dass die Ferien nicht mehr das größte Problem sind, zeigt auch ein Blick nach München, wo das zweitgrößte Tierheim Deutschlands steht. Im vergangenen Jahr mussten die meisten Hunde, Kaninchen und Meerschweinchen, also die typischen Haustiere, im Frühjahr versorgt werden - und nicht in den Ferienmonaten. Andere Tierheime im Freistaat konnten auf Anfrage keine vergleichbaren Zahlen zur Verfügung stellen.
Auch der Deutsche Tierschutzbund schlug Anfang August Alarm: Bundesweit seien in der Sommerferienzeit mehr als 70.000 Haustiere abgegeben worden, sagte Präsident Thomas Schröder Anfang August der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Schätzung beruht jedoch nur auf persönlichen Rückmeldungen. Die Zahl entstamme keiner validen Studie, erklärte der Verband auf Nachfrage.
In Bayern kämpfen viele Tierheime aktuell mit einer regelrechten Flut an zu versorgenden Katzen. "Wir ersticken in Katzenbabys", berichtet Ilona Wojahn, Vizepräsidentin des bayerischen Tierschutzbunds und Leiterin eines Tierheims in Niederbayern. Der Grund: Viele Katzen seien nicht kastriert, wodurch die Geburtenzahlen gerade in den Städten explodierten. Das deckt sich mit Rückmeldungen aus München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg. Viele der Jungtiere, die durch die Straßen streifen und für die sich keiner zuständig fühlt, landen dann in den Auffangstationen vor Ort.
Tiere lassen sich in den Sommermonaten schwerer vermitteln
Gleichzeitig werden immer mehr Zwei- und Vierbeiner von den Behörden abgegeben. Besonders problematisch sei das "animal-hoarding", berichtet Wojahn. Der Begriff beschreibt ein Krankheitsbild, bei dem Halter Dutzende Katzen, Hunde oder Papageien auf engstem Raum zusammenpferchen. Bei Kontrollen finden die Veterinärämter häufig katastrophale Zustände vor.
Nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes waren seit 2012 mehr als 17.000 Tiere betroffen - Tendenz steigend. Wenn innerhalb weniger Stunden Hunderte - teilweise kranke, häufig unterernährte - Tiere versorgt werden müssen, geraten die Tierheime an ihre Grenzen. "Auf Dauer können wir das nicht leisten", betont Wojahn.
Hier werden auch die Ferien zum Problem. In den Sommermonaten sei es wesentlich schwieriger, die Zwei- und Vierbeiner zu vermitteln, erzählt Tanja Schnabel vom Nürnberger Tierheim. Das bestätigen auch andere Einrichtungen. Trotzdem kämen Familien vorbei. "Tierheime werden dann gerne als Ausflugsziel genutzt", erzählt Schnabel. "Aber häufig ohne ernsthaftes Interesse."
Tierheime appellieren an Verantwortungsgefühl der Besitzer
Doch es gibt auch erfreuliche Nachrichten: Immer mehr Besitzer schreckten davor zurück, ihr Tier einfach auszusetzen. Auch durch die mediale Berichterstattung, sei die Bevölkerung stärker sensibilisiert, ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Ganz ehrlich seien viele Besitzer trotzdem nicht, erzählt Heinz Paula, Vorsitzender des Augsburger Tierschutzvereins. Wird ein Haustier abgegeben, bekämen die Tierheim-Mitarbeiter die unterschiedlichsten Begründungen zu hören: Plötzliche Allergien. Kein Platz mehr in der Wohnung. Der Partner habe auf einmal etwas gegen den Hund. "Häufig sind das Ausreden", sagt Paula. Doch die Zeit, dem nachzugehen, gebe es nicht. Conrad Dressler, Betriebsleiter im Münchner Tierheim, ärgert das: "Die Leute haben Verantwortung übernommen. Da kann man das Tier nicht einfach weggeben."
Ilona Wojahn vom bayerischen Tierschutzbund wird noch deutlicher: "Immer wieder werden Tiere auch aus Dummheit angeschafft", sagt sie und erzählt von einem Mann, der kürzlich einen zwölf Wochen alten Welpen abgeholt habe. Was er nicht bedachte: Ein Jungtier, das weder erzogen noch stubenrein ist, macht eine Menge Arbeit. Nach kurzer Zeit war der Welpe wieder im Tierheim. Wojahn macht das fassungslos. (Von Moritz Baumann, dpa)
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