Tödliche Heroinparty im Gefängnis
Es war der 18. September 2007, als der Strafgefangene Ingolf S. in der Justizvollzugsanstalt Kaisheim einen Tag Hafturlaub bekam, um sich vor seiner bevorstehenden Entlassung in Augsburg nach einer Wohnmöglichkeit umzuschauen. Doch eigentlich war er unterwegs, um Drogen zu besorgen - tödlichen Stoff.
Über ein Dutzend Mithäftlinge des Gefängnisses konnten die Rückkehr des 40-Jährigen am Abend schier nicht mehr erwarten.
Ingolf S. hatte nämlich anderes im Sinn: In der Drogenszene der Fuggerstadt besorgte der Gefangene rund fünf Gramm Heroin, versteckte die harten Drogen in seinem Körper und schmuggelte sie bei seiner Rückkunft in die Haftanstalt ein. Dort kam es dann in den Zellen zu einer wahren Rauschgiftorgie, die für einen der Gefangenen tödlich endete. Der 30-Jährige brach am Morgen danach bewusstlos zusammen und starb später in einer Klinik. Drogenkurier Ingolf S. musste sich jetzt für die Heroinlieferung in den Knast vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Roland Fink verantworten.
Ungläubiges Kopfschütteln
Was Zeugen, allesamt Häftlinge oder ehemalige Gefangene, im Prozess über die Zustände in der Haftanstalt schildern, löst im Sitzungssaal ungläubiges Kopfschütteln aus. "Es war gar kein Problem, in Kaisheim an Drogen zu kommen. Es war öfter was da", erinnert sich ein ehemaliger Mithäftling. Und an jenem Abend habe "der ganze Zellentrakt regelrecht darauf gegiert", dass Ingolf S. wieder aus Augsburg zurückkomme.
Das eingeschmuggelte Heroin sei portioniert und dann "im ganzen Gang" verteilt worden. Etwa 15 Gefangene hätten dann das Rauschgift geschnupft. "Alle waren danach prall." Die Droge sei "unheimlich stark" gewesen. Ein anderer Ex-Häftling erzählt dem Gericht, er sei eigentlich erst im Gefängnis Heroinkonsument geworden.
Er hatte damals zusammen mit dem später gestorbenen Mithäftling in der Zelle ebenfalls geschnupft. Gegen ihn läuft ein eigenes Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung, weil er damals nach dem Zusammenbruch des 30-Jährigen offenbar nicht sofort Alarm ausgelöst hatte.
Der Angeklagte Ingolf S. bestreitet, die Drogen besorgt zu haben. Von Zeugen wird er freilich belastet. Aus deren Aussagen geht hervor, dass der 40-Jährige das Heroin angeblich im Auftrag zweier anderer Häftlinge ins Gefängnis geschmuggelt hat, um mit diesem Dienst Tabak-Schulden zu begleichen. "Er ist von anderen ausgenutzt worden", so ein 27-jähriger Gefangener.
Für Staatsanwältin Marita Karg steht am Ende der Beweisaufnahme fest, dass es Ingolf S. war, der das Heroin in den Knast eingeschmuggelt hat. Sie fordert dreieinhalb Jahre Haft wegen eines besonders schweren Falles des Drogenhandels, der Verteidiger verlangt Freispruch. Das Schöffengericht schickt Ingolf S. schließlich für weitere zwei Jahre und zehn Monate hinter schwedische Gardinen. (peri)
Die Diskussion ist geschlossen.