"Vadder unser": Franken bekommt ein kirchliches Mundart-Gesangbuch
Weg vom hochdeutschen Kirchensprech heißt es in Mittelfranken. Dort wird das Wort Gottes auf Fränggisch gepredigt - und bald auch gesungen.
"Unser Vadder im Himmel, dei Noma is uns heilich" - so wird es bald durch die evangelische Kirche im mittelfränkischen Örtchen Lichtenau bei Ansbach schallen. Dort haben sich Fans der fränkischen Mundart zusammengetan und ein spezielles Gesangbuch für Franken herausgebracht. Titel: "Fränkischer Psalter - Psalmen und Lieder in Mundart - "As fränggische Gsangsbuch"". Vorgestellt wird das Buch bei einem Festgottesdienst in der Dreieinigkeitskirche an diesem Sonntag (9. Dezember).
Für alle Teile Frankens: Mundart-Gesangbuch ist auf "Hochfränkisch"
"Zwei Jahre haben wir an dem Projekt gearbeitet", sagt Pfarrer Claus Ebeling. Herausgekommen sei nicht nur das fränkische "Vaterunser", sondern insgesamt 23 biblische Psalmen und 44 Lieder auf 80 Seiten. Darunter auch Dialekt-Fassungen von bekannten Weihnachtsliedern wie "Vom Himmel droom, do kumm i her". Die erste Auflage des bunten Hefts im DIN-A4-Format umfasst 4000 Exemplare und ist nicht nur für Kirchengemeinden gedacht, sondern auch für Privatleute. Ein Hörbuch gibt es auch schon.
Die Texte seien zum Teil komplett neu gedichtet oder vom Hochdeutsch ins Fränkische übertragen worden, so Ebeling. Quasi "eingefränkischt". "Übersetzen kann man eigentlich nicht sagen. Wenn sich am Ende etwas reimen muss, muss man das schon neu erfinden." Mit ihm haben fünf Leute aus dem Arbeitskreis Mundart in der Kirche an dem Buch gearbeitet.
Ein Problem hatten die Gesangbuch-Macher: Fränkisch ist nicht gleich Fränkisch. Laute würden in Unterfranken anders ausgesprochen als in Ober- oder Mittelfranken. Das Buch ist aber für alle Teile Frankens gedacht. Die Lösung: eine Art Hochfränkisch. "Es gibt eine Basisbeschriftung, auf die jeder seinen eignen Akzent setzen kann und sie in seiner Mundart ausspricht."
Gottesdienste auf Fränkisch gab es schon vor dem Gesangbuch
Die Idee hinter dem Buch: "Mit Mundart ist man näher dran an den Menschen", sagt Ebeling. Eine fränkische Bibel ist auch schon in Planung und teilweise auch schon in Arbeit. Die grundsätzliche Frage sei doch: "Wie reden wir verständlich, damit es die Menschen berührt." Hochdeutsch sei für die Inhalte manchmal einfach zu hoch. Da sei die Mundart der leichtere Zugang. Im Dialekt müsse man komplizierte theologische Begriffe, "die ich einfach mal so in der Predigt sagen würde", in Geschichten auflösen. "In der Mundart werden mehr Bilder gebraucht, statt Lebenstheorien zu machen."
Gerade im ländlichen Raum komme das gut an, weil die Menschen mit Dialekt groß geworden seien. Viele Leute hätten nach fränkischen Gottesdiensten gesagt, dass sie endlich etwas verstanden hätten, so Ebeling. Diese Gottesdienste habe es schon vor dem Gesangbuch gegeben. In Lichtenau bisher etwa zwei Mal im Jahr. Ebeling könnte sich vorstellen, dass das nun öfter vorkomme.
Evangelische Landeskirche: Dialekt darf nicht ausgrenzend wirken
Doch nicht nur in Franken ist Mundart auf dem Vormarsch. Auch in Oberbayern gebe es Dialekt in katholischen Messen - so wie auch in schwäbischen und württembergischen Kirchen. "Wo Mundart auch hoch im Kurs ist, ist Norddeutschland", sagt Ebeling. Dort gebe es ein evangelisches Gesangbuch in Plattdeutsch.
Die evangelische Landeskirche in Bayern zeigt sich bei dem Thema noch etwas zurückhaltend. "Dialekte sind Teil unserer Tradition und Kultur in den verschiedenen Regionen Bayerns und färben selbstverständlich auch die Sprache im Gottesdienst", so ein Sprecher. Gleichzeitig werde darauf geachtet, dass der Dialekt nicht ausgrenzend wirke. "Auch Gottesdienstbesucher, die den örtlichen Dialekt nicht sprechen, sollen sich im Gottesdienst willkommen fühlen." (Von Aleksandra Bakmaz, dpa)
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