"Volles Vertrauen": Seehofer lehnt Rücktritte ab
1,3 Millionen Euro an Steuergeldern wurden an Verwandte von Ministern und Staatssekretären gezahlt. Aus der Opposition werden nun Rücktrittsrufe um die Betroffenen laut.
Die Staatskanzlei in München schwieg ein Jahr lang über genaue Details der Verwandtenaffäre. Niemand erfuhr, wie viel Geld die in die Verwandtenaffäre verwickelten Minister und Staatssekretäre Angehörigen gezahlt hatten. Jetzt liegen die Zahlen auf dem Tisch - mitsamt Rücktrittsrufen der Opposition.
Der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer lehnt den Rücktritt von fünf Mitgliedern seines Kabinetts, die in die Verwandtenaffäre verwickelt waren, ab. "Alle fünf haben mein volles Vertrauen", ließ der CSU-Vorsitzende am Donnerstag über Regierungssprecherin Daniela Philippi ausrichten. "Es wird keine personelle Veränderung geben."
Verwandtenaffäre: Insgesamt 1,3 Millionen Euro an Steuergeldern wurden gezahlt
Einen Tag zuvor hatte die Staatskanzlei auf die Order des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs hin bekannt gegeben, dass die fünf Minister und Staatssekretäre ihren Frauen und anderen Familienmitgliedern von 1997 bis Anfang 2013 insgesamt 1,3 Millionen Euro aus Steuergeldern für die Mitarbeit in den Abgeordnetenbüros gezahlt hatten. Am meisten erhielt dabei die Frau des Kultusministers Ludwig Spaenle mit 600 000 Euro.
Außerdem waren Agrarminister Helmut Brunnr sowie die drei Staatssekretäre Gerhard Eck, Franz Pschierer und Bernd Sibler in die Verwandtenaffäre verwickelt. Die SPD legte dem CSU-Quintett am Donnerstag den freiwilligen Rücktritt aus moralischen Gründen nahe. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause erklärte unumwunden: "Aus meiner Sicht sind die Rücktritte unausweichlich."
Nach dem früheren bayerischen Abgeordnetengesetzt war die Beschäftigung von Verwandten nicht verboten. Vor einem Jahr hatte Seehofer volle Aufklärung zugesichert und die Rückzahlung der Gelder für die Zeit der Kabinettszugehörigkeit angekündigt.
Genaue Summen in der Verwandtenaffäre wurden zunächst nicht genannt
Als die SPD anschließend die genauen Summen wissen wollte, verweigerte die Regierungszentrale allerdings die Auskunft. Der Verfassungsgerichtshof ordnete schließlich nach einer Klage der SPD an, dass die Fragen zu beantworten seien.
In den Jahren ihrer Kabinettszugehörigkeit nach 2008 bis zur Beendigung der Beschäftigung von Verwandten durch Seehofer im Frühjahr 2013 flossen demnach 274 000 Euro an Ministergattinnen und andere Familienmitglieder.
Noch nicht einmal die Hälfte des Geldes der Verwandtenaffäre wird aber von den Ministern und Staatssekretären zurückgezahlt: "126 687 Euro und 89 Cent", wie Rinderspacher sagte. Die Differenz erklärt sich daraus, dass die fünf CSU-Politiker die Nettogehälter zurückzahlten, nicht aber die volle Bruttosumme. dpa/AZ
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