Psychiater: Mutter der toten Babys wünschte sich weitere Kinder
Im Prozess um die Babyleichen von Wallenfels hat die Mutter vor Gericht ihren Namen und ihr Geburtsdatum gesagt. Alles andere teilen ihre Anwälte mit. Sachverständige versuchen, sie zu verstehen.
Die Mutter der acht toten Säuglinge von Wallenfels hat nach Aussage eines Psychiaters noch weitere Kinder haben wollen. "Sie hatte einen Kinderwunsch", sagte der Münchner Experte Cornelis Stadtland am Donnerstag im Prozess vor dem Landgericht Coburg. Ihr Mann aber wollte - so habe die Angeklagte es ihm erzählt - keine Kinder mehr. Das Verfahren gegen die Eltern der acht in Wallenfels gefundenen Babyleichen hatte am Dienstag begonnen. Die 45-Jährige hat vor Gericht eingeräumt, mehrere Säuglinge getötet zu haben.
Nach Angaben von Stadtland leidet die Mutter nicht an psychischen Krankheiten, auch sei sie nicht alkoholabhängig. Sie habe aber schwierige Beziehungen gehabt, wie der Psychiater sagte. "Das kann dazu führen, dass ein Mensch gestörter wirkt, als er ist."
Psychologe über die Angeklagte: "Ich habe keine wirklichen Schuldgefühle wahrgenommen"
Nach den drei Kindern, die sie mit ihrem Noch-Ehemann bekommen habe und die am Leben sind, habe sie nicht verhütet und wurde wieder schwanger. "Ich wollte es ja eigentlich", sagte sie dem Sachverständigen zufolge. Sie habe auch ihrem Mann von den ersten drei und von der letzten ihrer acht weiteren Schwangerschaften erzählt. Er sei entweder laut geworden oder habe nicht reagiert. Sie habe gewusst, dass sie schwanger ist - habe die Schwangerschaften dann aber verdrängt.
Das Gericht hält es unterdessen für möglich, dass sich der Vater nur der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht hat. Darauf wies der Vorsitzende Richter Christoph Gillot am Donnerstag hin. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Beihilfe zum Mord vor, die Mutter ist wegen vierfachen Mordes angeklagt.
Der Psychologin Karoline Pöhlmann sagte, die Angeklagte habe sich nicht trennen wollen von den Babys und deshalb die Leichen im Wohnhaus versteckt. Die Expertin beschrieb die 45-Jährige als durchschnittlich intelligent, selbstbewusst und als Frau, die sich selbst als emotional stabil, belastbar und tatkräftig sehe. "Es gibt einen gewissen Widerspruch." Denn zugleich sei sie wenig bereit, sich mit Problemen oder kritisch mit sich selbst auseinanderzusetzen.
"Ich habe keine wirklichen Schuldgefühle wahrgenommen", sagte dazu Psychiater Stadtland, "aber auch keine Verharmlosung." Es gebe nicht einen Typ der Kindstötung schlechthin und auch nicht die Täterin schlechthin, sagte Pöhlmann. Es gebe aber Persönlichkeitszüge, die öfter vorkommen bei Frauen, die ihre Kinder töten: etwa eher introvertiert und passiv. Diese Eigenschaften nahm die Expertin auch bei der 45-Jährigen wahr. "Sie sagte, sie sei kein Mensch, der über Probleme rede", sagte Pöhlmann.
Die toten Babys waren in Plastiktüten und Handtüchern versteckt worden
In ihrer Erklärung - via Anwalt - hatte die Mutter der acht Säuglinge von Wallenfels beschrieben, dass ihr Mann von ihr bei der ersten Schwangerschaft nach drei gemeinsamen Kindern eine Abtreibung verlangt habe. Das habe sie entsetzt - und sie habe nicht abgetrieben. Stattdessen habe sie die Schwangerschaft verdrängt und das Kind, überrascht von der Geburt, in ein Handtuch gewickelt und versteckt. Wie in den folgenden sieben Fällen auch.
Acht Babyleichen waren in Wallenfels (Landkreis Kronach) im vergangenen November gefunden worden. Laut Staatsanwaltschaft wollten die Angeklagten ihr Leben ohne Einschränkung durch weitere Kinder leben. Bei den übrigen vier toten Babys konnte der Behörde zufolge nicht geklärt werden, ob die Kinder nach der Geburt tatsächlich lebten und auch lebensfähig waren. Die sterblichen Überreste der acht Säuglinge waren in Plastiktüten und Handtücher gewickelt und versteckt worden. Die beiden Angeklagten haben gemeinsam noch drei lebende Kinder und jeweils zwei Kinder aus erster Ehe. Das Paar hatte sich vor dem Fund der Leichen getrennt. dpa/lby/AZ
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