Hermann Wächter und die Sehnsucht nach der stillen Zeit
In der Weihnachtszeit ist Hermann Wächter seit mehr als drei Jahrzehnten gefragt - nicht nur zwischen dem Ries und dem Allgäu. Vor kurzem hat der 70-jährige Augsburger Schwaben in Brüssel vertreten. Unseren Geschichtenerzähler können Sie auch live erleben - im Video.
Augsburg - In der Weihnachtszeit ist Hermann Wächter seit mehr als drei Jahrzehnten gefragt - nicht nur zwischen dem Ries und dem Allgäu. Vor kurzem hat er Schwaben in Brüssel vertreten. Der 70-jährige Augsburger war von Bayerns Europaminister Markus Söder eingeladen worden - zum Vorlesen.
In der bayerischen Vertretung lauschten rund 300 Gäste, welche Botschaft Wächter zu Weihnachten hatte. Die Vorbereitung auf solche Termine ist Routine: Zielsicher greift der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann in seinen Fundus und zieht die zum jeweiligen Publikum passenden Texte heraus. Generell gilt dabei: "Gedichte sollten nicht länger sein als drei bis vier Minuten, Geschichten sollten sieben bis acht Minuten nicht überschreiten", sagt der Vorleser der Region, "sonst lässt die Aufmerksamkeit der Leute nach."
Eine Ausnahme macht er allerdings: Wenn es um die "Schwäbische Weihnacht" von Arthur Maximilian Miller geht, ist auch bei der durch den Schriftsteller autorisierten gekürzten Version schnell eine dreiviertel Stunde Lesezeit beieinander.
Wächter legt auf den Inhalt der Stücke großen Wert. Besinnlich sollte es schon sein, aber eben nicht nur. "Die Menschen wollen auch was Heiteres." Zur "richtigen Mischung" gehöre außerdem, dass es nicht zu sentimental und verkitscht wirkt. "Es bringt nichts, nur von einer heilen Welt zu reden, die es gar nicht gibt."
Aber auch wie etwas erzählt werde, sei gerade bei vorgetragenen Gedanken zur Advents- und Weihnachtszeit entscheidend. Da kommt Hermann Wächter seine dreijährige abgeschlossene Schauspielerausbildung inklusive Stimmtraining zugute. "Man muss den Text so sprechen, als ob er einem in diesem Moment einfällt."
Die Requisiten des Vorlesers sind sparsam: Ein Tisch und darauf eine Kerze mit Adventskranz reichen aus, damit unter den Zuhörern schnell Ruhe einkehrt.
Was macht es aus, dass der Augsburger Schauspieler und Autor vor Firmenchefs und im Altenheim gleichermaßen ankommt, große und kleine Häuser füllt? Wächter hat da so eine Idee: "Die Menschen wollen nicht von einer inszenierten Besinnung zur anderen hetzen. Sie haben Sehnsucht nach innerer Ruhe. Das können die Weihnachtslesungen bieten", sagt der Geschichtenerzähler, der sich über eines mächtig ärgert: "Dass Weihnachten so kommerzialisiert worden ist und die stillste Zeit des Jahres zur lautesten verkommen ist."
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