Werden die "Reichsbürger" verboten?
Ein "Reichsbürger" erschießt einen Polizisten. Das zeigt, wie gefährlich Anhänger dieser Ideologie sein können. Doch rechtlich ist der Bewegung gar nicht so leicht beizukommen.
Es ist der übliche Reflex: Wenn ein Anhänger einer radikalen Gruppierung eine massive Straftat begeht, rufen Politiker nach Überwachung und Verboten. Doch die Bekämpfung der „Reichsbürger“ ist rechtlich gar nicht so einfach.
Wie gefährlich sind die Reichsbürger?
Die Behörden halten bisher die meisten Anhänger dieser Bewegung für harmlos. Die Mehrheit verhalte sich rechtskonform, heißt es. Bis vor einigen Jahren sind sie vor allem als Querulanten oder Spinner aufgefallen, die Behörden zur Verzweiflung trieben. Doch in den vergangenen beiden Jahren mehren sich Berichte über Morddrohungen und Gewalttätigkeiten. Die gravierendsten Vorfälle in jüngster Zeit sind die Schüsse auf Polizisten in Mittelfranken und Sachsen-Anhalt. Experten warnen seit Langem vor einer wachsenden Gewaltbereitschaft. Das Brandenburger Innenministerium sieht bei den „Reichsbürgern“ eine hohe Affinität zu Waffen. In der Region sind „Reichsbürger“ bislang nicht durch Gewalttaten aufgefallen.
Was macht der Verfassungsschutz?
Die Erkenntnisse zu den „Reichsbürgern“ stammen bislang fast ausschließlich von den Landesämtern für Verfassungsschutz. Die meisten Bundesländer lassen den rechtsextremistischen Teil der Bewegung beobachten. In Bayern betrifft das 30 bis 40 Menschen. Im jüngsten Jahresbericht des Bundesverfassungsschutzes sind die „Reichsbürger“ nicht einmal erwähnt. Das könnte sich ändern, denn das Innenministerium hat um eine neue Überprüfung gebeten.
Können die „Reichsbürger“ verboten werden?
Ein Verbot der „Reichsbürger“ dürfte sehr schwierig sein. Denn die Bewegung, die nach Einschätzung des Bundes „eine niedrige dreistellige Zahl“ an Anhängern aufweist, gilt als stark zersplittert. Es seien „auch ganz viele Einzelpersonen und Kleinstgruppierungen unterwegs“, heißt es im Bundesinnenministerium. Voraussetzung für ein Verbot wären aber verfestigte Strukturen – wenn auch nicht unbedingt ein eingetragener Verein. Und in diesen Strukturen müsste in aggressiv-kämpferischer Weise gegen die Verfassung und unsere demokratische Grundordnung vorgegangen werden. Aber nicht einmal die schärfsten Kritiker würden behaupten, dass dies auf alle „Reichsbürger“ zutrifft. Eine intensivere Beobachtung der Bewegung könnte freilich Erkenntnisse hervorbringen, die ein Verbot ermöglichen. Allerdings birgt ein solches auch immer das Risiko in sich, dass sich die Mitglieder danach in neuer Form organisieren.
Welche sonstigen Möglichkeiten gibt es, gegen die „Reichsbürger“ vorzugehen?
In Deutschland ist es nicht verboten, sich sein eigenes Weltbild zu zimmern, sei es auch noch so abwegig und krude. Die Anhänger der „Reichsbürger“ gehen davon aus, dass das Deutsche Reich noch in den Grenzen von 1937 existiert. Daher verweigern viele Zahlungen wie Steuern oder Bußgelder. Dagegen kann der Staat freilich wie bei allen anderen säumigen Zahlern vorgehen. Wenn die „Reichsbürger“ horrenden Schadenersatz von Gerichten wegen „Belästigung“ fordern, setzt es Anzeigen wegen versuchter Nötigung oder Erpressung. Wenn sie vorgeben, eine „Reichsregierung“ auszurufen, kann dies den Straftatbestand der Amtsanmaßung oder des Missbrauchs von Titeln erfüllen. Und die Verwendung eines Bundesadlers in einem vermeintlichen Personaldokument kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Wie viele „Reichsbürger“ verfügen über Waffen?
Dazu haben die Sicherheitsbehörden keine Zahlen. Es müsste ja erst einmal klar sein, wer sich überhaupt zu den Reichsbürgern zählt. Allgemein lässt sich sagen, dass nach Angaben des Innenministeriums in Bayern Ende September 2016 rund 220000 Menschen rund 1,138 Millionen erlaubnispflichtige Schusswaffen aufgrund einer Waffenerlaubnis besaßen.
Welche Möglichkeiten bietet das Waffenrecht gegen „Reichsbürger“?
Der einfachste Hebel wäre die Zuverlässigkeitsprüfung. Wer als unzuverlässig gilt, dem kann die Waffe entzogen werden – auch wenn er für den Besitz eine Genehmigung hat. Im Fall Georgensgmünd ging es auch darum, dem selbst ernannten „Reichsbürger“ Wolfgang P. seine Waffen abzunehmen, nachdem ihn die Behörden als unzuverlässig eingestuft hatten. Schwieriger dürfte es werden, allen bekannten „Reichsbürgern“ die Waffenerlaubnis zu entziehen, wie es Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gefordert hat. Auch hier gilt, dass die Behörden zunächst Erkenntnisse haben müssten, wer überhaupt den „Reichsbürgern“ zuzurechnen ist. Diese Erkenntnisse gibt es aber nicht. Und wenn es sie gäbe, wird es rechtlich schwierig sein, alle Anhänger pauschal als ungeeignet für den Besitz einer Waffe zu erklären.
Was wissen wir über den Schützen von Georgensgmünd?
Er ist Jäger und Sportschütze. Er hatte eine Waffenbesitzkarte, auf der mehr als 30 Waffen eingetragen waren. Nachdem er sich zu den Reichsbürgern bekannt hat und auffällig wurde, entzog ihm das Landratsamt die Waffenerlaubnis. Die Nürnberger Expertin Birgit Mair hält P. für „extrem rechts“. (mit afp)
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