Wie Grenzkontrollen das Leben im Kleinwalsertal ausbremsen
Polizisten kontrollieren an Bayerns Grenzen nach Österreich die Autofahrer. Wie die Menschen im Kleinwalsertal auf die dramatische Lage reagieren.
Es sind nur noch wenige Autos, die an diesem sonnigen Morgen durch den Füssener Grenztunnel gefahren kommen. Normalerweise reiht sich um diese Uhrzeit bereits Stoßstange an Stoßstange. Doch was ist schon normal in Zeiten von Corona?
Die bayerischen Außengrenzen nach Österreich und Tschechien sind weitgehend geschlossen – seit Montagmorgen 8 Uhr kontrolliert die Bundespolizei alle großen und mittelgroßen Grenzübergänge. An kleineren Übergängen soll punktuell kontrolliert werden. Bei Bedarf steht auch die bayerische Grenzpolizei zur Unterstützung bereit.
Scharfe Kontrollen am Grenztunnel bei Füssen: Durchfahrt nur mit triftigem Grund
Beim Füssener Grenztunnel werden am Montag schon nach wenigen Metern die Autofahrer von Polizisten in gelb-orangenen Warnwesten angehalten. „Guten Morgen, wo geht es hin?“, fragt ein Beamter mit weißem Mundschutz. Der Mann aus Sachsen-Anhalt erklärt, dass er auf der Rückreise aus dem Süden ist und nur heim wollen. „In Ordnung“, sagt der Beamte von der Grenzpolizei Pfronten und winkt das Fahrzeug durch.
Schon genauer fragt er im Anschluss nach, als ein Fahrzeug aus dem benachbarten Bezirk Reutte angerollt kommt. Für diese ist die Einreise ab sofort nur noch mit triftigem Grund erlaubt. Der Tiroler kann diesen nachweisen. Er muss zur Arbeit. Die Polizisten lassen ihn passieren.
Warenverkehr wird an den Grenzen durchgewunken
Nicht betroffen von den ab sofort geltenden Einreisebeschränkungen ist der Warenverkehr, Lkw werden grundsätzlich durchgewunken. Auch der Transport von Gütern über den italienisch-österreichischen Grenzpass Brenner läuft nach Angaben der Polizei ohne größere Probleme.
Doch Autofahrer, die vom Kleinwalsertal ins Oberallgäu einreisen wollen, müssen seit Montag mit Grenzkontrollen rechnen. Auch hier dürfen deutsche Staatsbürger oder Österreicher nur noch mit triftigem Grund einreisen. Andere werden zurückgewiesen: Beispielsweise dann, wenn sie ins Oberallgäu oder nach Kempten zum Einkaufen fahren wollen. Das sind an diesem Vormittag innerhalb von dreienhalb Stunden immerhin etwa 25. Ihnen wird die Einreise nach Deutschland verwehrt.
Lebenswichtiges gebe es auch im Kleinwalsertal, ansonsten sollten bekanntlich alle Sozialkontakte auf das Notwendigste reduziert werden, erläutert ein Polizeibeamter den Sinn der Kontrollen.
Coronavirus: Erholungsfahrten ins Kleinwalsertal sind zu unterlassen
Im Gegenzug sind im Tal übrigens die deutschen Ausflügler nicht gerne gesehen. „Im Rahmen der Ausgangsbeschränkungen macht eine Anreise ins Kleinwalsertal momentan keinen Sinn“, heißt es in einer Bürgerinformation der sonst so touristenfreundlichen Walser Gemeinden. Und weiter: „Auch sind jegliche Erholungsfahrten ins Kleinwalsertal – insbesondere auch zum Zweck von Skitouren und Schneeschuhwanderungen zu unterlassen.“
Der Inhaber einer Skischule in Riezlern sagt: „Hoffentlich halten sich da alle dran.“ Im Tal hätten alle Verständnis für diese harten Schritte, die alle treffen. Es gehe eben um die Gesundheit der Menschen. Wichtig seien jetzt Wirtschaftshilfen auch für kleinere Betriebe, wie sie in Österreich bereits im Gespräch seien. Harry Rößiger betreibt einen kleinen Imbiss am Eingang zur beliebten Breitachklamm. Die öffnet aber ohnehin erst am 1. Mai. Bis dahin hofft Rößiger auf eine Normalisierung. „Wenn nicht, wird es uns auch hart treffen“, sagt er.
Alle Restaurants und Kneipen im Kleinwalsertal sind schon geschlossen
Im Kleinwalsertal sind seit Montag alle Restaurants und Kneipen geschlossen, alle Geschäfte mit Ausnahme von Lebensmittelläden und Apotheken. Am Sonntag liefen noch die Bergbahnen und Skilifte. Es gab nochmals einen regelrechten Ansturm auf die Wintersportgebiete. Sogar Après-Ski wurde bei milden Temperaturen am Abend noch gefeiert. Dann war Schluss. Die Touristen reisten ab.
Jetzt sind kaum noch Menschen auf den Straßen. „Das war wie eine Vollbremsung auf der Autobahn“, zieht eine Passantin auf der Straße einen Vergleich. Schräg gegenüber steht an einem Bekleidungsgeschäft die Türe offen. Eine Mitarbeiterin öffnet Pakete mit neuer Ware. Ob man hier noch einkaufen darf? „Nein“, sagt die freundliche Verkäuferin. Sie habe die Türe nur eben zum Lüften geöffnet. Für die harten Schritte zum Ausbremsen des öffentlichen Lebens zeigt sie Verständnis: „Es geht um uns alle, um unsere Gesundheit, auch um die Ihrer Familie“, begründet sie: „Wir wollen doch alle gesund bleiben.“
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