Wissenschaftler rechnet mit absoluter Mehrheit der CSU
Bei der Landtagswahl 2003 war alles ganz klar: Die CSU sicherte sich 124 der insgesamt 180 Landtagssitze. Die Partei sonnte sich in der Stoiber-Euphorie. Von einem derart außergewöhnlichen Ergebnis ist die CSU derzeit weit entfernt.
Von Jörg Sigmund, Augsburg/München/Passau
Bei der Landtagswahl 2003 war alles ganz klar: Die CSU holte satte 60,7 Prozent der Stimmen, gewann alle 91 Direktmandate in Bayern und sicherte sich letztlich 124 der insgesamt 180 Landtagssitze. Die Partei sonnte sich in der Stoiber-Euphorie. Von einem derart außergewöhnlichen Ergebnis ist die CSU derzeit weit entfernt, jüngste Umfragen sehen sie bei 51 Prozent, manche sogar darunter. Wackelt nach über 50 Jahren Alleinregierung im Freistaat gar die absolute Mehrheit der Christsozialen?
"Machen Sie sich keine Illusionen", sagt dazu der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter. Und schmunzelt. Der Professor der Universität Passau erwartet die CSU bei der Landtagswahl im September zwischen 49,5 und 51 Prozent ("Da halte ich jede Wette").
Er warnt jedoch auch entschieden davor, aus der Wahl 2003 "völlig falsche Schlüsse" zu ziehen. Die Abstimmung damals sei "die Rache der Bayern für die historische Ungerechtigkeit" gewesen, dass Kanzlerkandidat Edmund Stoiber bei der vorausgehenden Bundestagswahl hauchdünn unterlegen war. Weitaus aussagekräftiger seien da schon, so Oberreuter, die Landtagswahlen 1994 und 1998, als die CSU 52,8 und 52,9 Prozent holte. Daran müsse sich die Partei heute orientieren, wobei 53 Prozent demnach bereits ein "optimaler Wert" wären.
Der Professor und Direktor der Akademie für Politische Bildung in Tutzing kann im Freistaat auch keine Wechselstimmung erkennen. Wenngleich er einräumt, dass die CSU mit der Politik ihrer Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag eine Gruppe nach der anderen verärgert habe. "Das ist die Wurzel des Desasters."
Die Opposition wiederum habe es nicht geschafft, daraus Kapital zu schlagen. So dümple die SPD nach wie vor bei 21/22 Prozent dahin und von der Bundes-SPD, die in Umfragen inzwischen das Niveau der bayerischen Sozialdemokratie erreicht habe, komme nichts an Dynamik. Dagegen habe sich die Stimmung innerhalb der CSU nach den Steuersenkungs-Vorschlägen von Parteichef Erwin Huber wieder verbessert. Oberreuter: "Die CSU hat Pflöcke eingeschlagen und die Initiative ergriffen."
Für "völlig verfehlt" hält Oberreuter allerdings das Wahl-Motto der CSU "Stolz auf Bayern". Es sei "statisch" und politisch keineswegs positiv besetzt. Vielmehr gebe es in der Bevölkerung einen erheblichen Vertrauensverlust, die Verunsicherung sei enorm. "Deshalb muss bis zum Wahltag noch eine gewaltige Mobilisierung passieren." Doch dafür fehle eine "griffige Formel".
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