Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Bayerns Forschungsminister Blume fordert eigene Zugangsmöglichkeiten zum All

Interview

Bayerns Forschungsminister Blume: „Wir brauchen einen eigenen Zugang zum All“

    • |
    • |
    • |
    Markus Blume (CSU), Wissenschaftsminister von Bayern.
    Markus Blume (CSU), Wissenschaftsminister von Bayern. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Herr Blume, Bayern will massiv vom Forschungsministerium profitieren, das von Ihrer Parteifreundin Dorothee Bär geleitet wird. Haben Sie den Wunschzettel für Berlin schon fertig?
    MARKUS BLUME: Ich bin zunächst mal froh, dass das Forschungsministerium in Berlin wieder besetzt ist. Das war nämlich die letzten dreieinhalb Jahre nicht wirklich der Fall. Die neue Bundesforschungsministerin Dorothee Bär hatte mit den Wissenschaftsministern der Länder in den vergangenen zwei Wochen mehr Begegnungen als ihre Amtsvorgängerin in drei Jahren. Langer Rede, kurzer Sinn: Gut, dass das Ministerium wieder jemanden an der Spitze hat, der für die Themen brennt. Und noch besser, dass es mit Doro Bär top besetzt ist.

    Welche Projekte wollen Sie Frau Bär denn besonders ans Herz legen?
    BLUME: Da braucht es gar keinen eigenen Wunschzettel. Es ist nur notwendig, den Koalitionsvertrag abzuarbeiten. Der Vertrag beinhaltet all das, was in Deutschland für einen neuen Schwung notwendig ist, und davon wird Bayern selbstverständlich profitieren. Aber um es klar zu sagen: Forschungs-Milliarden für Bayern sind kein Geschenk, sondern hart erarbeitet.

    Das heißt also, es ist zwar schön, wenn man die Forschungsministerin gut kennt, das entscheidende Kriterium ist es aber nicht?
    BLUME: Jedenfalls ist es ein ganz neues Gefühl, dass in Berlin jemand ans Telefon geht! (lacht). Ich wäre schon froh, wenn Bayern – anders als in der Vergangenheit – nicht benachteiligt wird. Deutschland kann es sich nicht länger leisten, uns links liegenzulassen. Wir sind ohne jeden Zweifel in den vergangenen fünf bis zehn Jahren der Taktgeber in der Wissenschafts- und Forschungspolitik gewesen. Es hat doch seinen Grund, dass jetzt im Koalitionsvertrag eine Hightech-Agenda nach bayerischem Vorbild enthalten ist. 

    Was sind die drei wichtigsten Punkte in dieser Hightech-Agenda?
    BLUME: Nummer eins ist die Künstliche Intelligenz. Ich sage ganz deutlich: Ich möchte, dass wir in Bayern ein KI-Spitzenzentrum errichten. Wir haben hier Stärken, die europaweit einmalig sind. Wenn wir diese konzentrieren, ist das eine überzeugende Visitenkarte für eines von vier europäischen Rechenzentren. Diese sogenannte AI Gigafactory mit 100.000 Grafikchips unterstützt die Europäische Union mit viel Geld. Davon hat auch unsere Industrie etwas, denn auch sie braucht KI.

    Ein Triebwerk der Rocket Factory Augsburg im Test.
    Ein Triebwerk der Rocket Factory Augsburg im Test. Foto: Archiv

    Punkt Nummer zwei wäre?
    BLUME: Das ist die Zukunft des Computers. Der Computer von morgen wird völlig anders funktionieren als das, was wir heute kennen. Beim Wettrennen um den Quantencomputer wollen wir vorne dabei sein. Wir haben mit dem Munich Quantum Valley das leistungsfähigste Quantenzentrum in Europa, dort arbeiten potenzielle Nobelpreisträger. Zudem gibt es spannende Startups. Das ist eine sehr gute Empfehlung für ein Quantenhöchstleistungszentrum in Bayern. Und der dritte Punkt ist die Zukunft der Energieversorgung mithilfe der Kernfusion. Markus Söder selbst hat dafür gesorgt, dass das im Koalitionsvertrag Platz findet. Denn auch hier gilt: Bayern ist dank seiner Forschungseinrichtungen insbesondere in Garching hervorragend aufgestellt – bei uns könnte der neue Demonstrationsreaktor für diese technologische Revolution entstehen. 

    Aktuell haben Bayerns Universitäten bei der sogenannten Exzellenzstrategie abgesahnt. Vermutlich sind das genau die Argumente, die im Wettlauf um weitere Forschungsgelder nötig sind?
    BLUME: Ich werbe dafür, dass man für die Schlüsselmissionen die Forschungsgelder so verteilt, dass man an leistungsfähige Strukturen und Vorkenntnisse andockt – und nicht bloß mit der Gießkanne operiert. Fest steht: Wir geben mit unser bayerischen Hightech-Agenda ein starkes Angebot in Berlin und Europa ab. Mit der Agenda haben wir 5,5 Milliarden Euro in die Hand genommen, 1000 neue Professuren und 13.000 neue Studienplätze geschaffen. Das zahlt sich jetzt aus. Der beste Beleg: Im vielleicht wichtigsten Forschungswettbewerb der Republik, nämlich der Exzellenzstrategie, haben wir gerade ein sensationelles Ergebnis eingefahren. Alle Anträge auf Förderung gingen durch. Wir haben damit die Zahl der Exzellenzcluster von sechs auf zwölf verdoppelt.

    Blick in das Innere des Kernfusionsreaktors in Garching. Etwa dort, wo nun das Personal arbeitet, schwebt bei Betrieb das hocherhitzte Plasma, in dem Kernfusionen stattfinden.
    Blick in das Innere des Kernfusionsreaktors in Garching. Etwa dort, wo nun das Personal arbeitet, schwebt bei Betrieb das hocherhitzte Plasma, in dem Kernfusionen stattfinden. Foto: Jan Hosan, Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

    Die Raumfahrt regt die Phantasie der Menschen besonders an. Was ist mithilfe der Milliarden aus Berlin drin – ein Flug zum Mond, der von Bayern aus startet?
    BLUME: Das Mondkontrollzentrum kommt ja schon nach Oberpfaffenhofen. Aber klar, wir wollen mehr. Markus Söder ist am Anfang verlacht worden für sein Programm Bavaria One. Und jetzt ist es plötzlich die Startrampe dafür, dass Deutschland auch im Feld von „New space“, bei neuen Themen in der Luft- und Raumfahrt, führend positioniert ist, wenn es um neue Raketenantriebe, neue Satellitensysteme oder das elektrische Fliegen geht. Der Boden in Bayern ist wahnsinnig fruchtbar und ich bin unheimlich stolz, dass es junge bayerische Firmen wie die Rocket Factory in Augsburg oder Isar Aerospace gibt.

    Flugversuche: Die Spectrum-Rakete von Isar Aerospace ist in Norwegen gestartet. Der Flug dauerte etwa eine halbe Minute.
    Flugversuche: Die Spectrum-Rakete von Isar Aerospace ist in Norwegen gestartet. Der Flug dauerte etwa eine halbe Minute. Foto: Isar Aerospace, AP/dpa

    Zunächst muss es aber doch regelmäßige Starts ins Weltall geben. Von wo soll das gehen?
    BLUME: Genau darum geht es. Wir brauchen als Deutschland und als Europa einen eigenen Zugang zum All. Und das nicht nur mit einer Ariane, die alle paar Monate fliegt, sondern auch mit kleineren und agilen Systemen. Der Bund muss hier die Chance nutzen und uns entsprechend unterstützen. 

    Klingt abgehoben . . . 
    BLUME: Überhaupt nicht! Aber ich habe auch noch einen ganz irdischen Wunsch. Wir haben ohne Frage einen Sanierungs- und Modernisierungsstau an den deutschen Hochschulen und Unikliniken. Hier braucht es eine Schnellbauinitiative von Bund und Ländern und Unterstützung aus dem 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Infrastruktur, damit wir diesen Stau endlich auflösen können. Dazu muss niemand ins All fliegen (lacht).

    Zur Person

    Markus Blume (50) ist seit drei Jahren in Bayern Staatsminister für Wissenschaft und Kunst. Davor war der CSU-Politiker aus München Generalsekretär seiner Partei, im Landtag sitzt er seit 2008. Blume hat drei Kinder und war in seiner Jugend ein erfolgreicher Eistänzer.

    Diskutieren Sie mit
    1 Kommentar
    Gerold Rainer

    Neben dem sehr gut bezahlten wissenschaftlichen Personal für hochfliegende Plänen wären auch ein paar Choryphäen für Psychologie, das ist ja auch eine Wissenschaft, nicht verkehrt. Durch Migration, (die wir ja auch für die Rentenkasse brauchen) verändert sich unsere Gesellschaft dauerhaft und es entstehen leider auch soziale Spannungen. Es bräuchte Experten, welche die Politiker beraten, Polizei und Lehrer schulen, wie Konflikte gelöst werden, anstatt das gesellschaftliche Experiment einfach sich selbst zu überlassen.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden