Im kalkweißen Haus an der Goldburghauser Straße gibt es vor der Vergangenheit kein Entrinnen. Florian Köbach kommt an ihr vorbei, wenn er morgens ins Bad schlurft und er steigt darüber, wenn er sich abends auf das rote Stoffsofa im Wohnzimmer setzt. Die Ordner mit seiner bisherigen Lebensgeschichte umfassen unzählige Seiten Papier: Gutachten, Gerichtsakten und Behördenbriefe. Vor 15 Jahren bescheinigte ein Arzt dem damals Sechsjährigen, er sei geistig behindert. Er besuchte eine Schule für Geistige Entwicklung und lernte, wie man Müll sachgemäß entsorgt und bis 100 zählt. Eine praktische Bildung, die es den Schülern später erlauben soll, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Heute fragt er sich, ob alles hätte anders kommen können, irgendwie besser.
Beste Reportagen 2021