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Blumenhändlerin gegen Discounter: So kämpft Blumen Ritter um Valentinstagskunden

Valentinstag

Die Dame der Rose: Wie eine Blumenhändlerin gegen Billigangebote besteht

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    Sträuße binden im Akkord: Wenn am Valentinstag die Kunden im Geschäft Schlange stehen, haben Floristin Petra Eisenschink und ihre neun Mitarbeiterinnen in Nördlingen alle Hände voll zu tun.
    Sträuße binden im Akkord: Wenn am Valentinstag die Kunden im Geschäft Schlange stehen, haben Floristin Petra Eisenschink und ihre neun Mitarbeiterinnen in Nördlingen alle Hände voll zu tun. Foto: Marcus Merk

    Unnachgiebig nieselt der Regen auf das Kopfsteinpflaster in Nördlingen. Nur wenige Passanten machen sich an diesem Morgen auf den Weg durch das Wintergrau. Selbst im Zentrum der Altstadt ist kaum etwas los. Das bekommt auch Floristin Petra Eisenschink in ihrem Laden zu spüren: „Wer nicht muss, geht heute nicht raus.“ Die Inhaberin von Blumen Ritter weiß aus jahrzehntelanger Erfahrung: „Spontankäufer bleiben bei nasskaltem Schmuddelwetter weg.“ Für die 54-Jährige ist es die Ruhe vor dem Sturm. Am Freitag rennen die Kunden ihr wieder die Ladentüre ein. Mit neun Kolleginnen bindet Eisenschink dann Sträuße im Akkord – und das völlig unabhängig vom Wetter.

    Hochbetrieb an Valentinstag: „Für Floristen sind diese Tage lebensnotwendig“

    Der Valentinstag ist einer der lukrativsten Tage für Blumenhändler. Rund um den 14. Februar machen viele Fachgeschäfte bis zu 20 Prozent ihres Jahresumsatzes, schätzt der Geschäftsführer des Floristenverbands, Roland Maierhofer: „Valentinstag, Muttertag, Ostern und Weihnachten – diese Hochfeiertage für Floristen sind lebensnotwendig. Davon zehren wir das ganze Jahr.“ Um es zu Hause angenehmer zu haben, leistet sich ein Drittel der Deutschen seit der Corona-Pandemie häufiger Blumen und Pflanzen. Insgesamt 8,8 Milliarden Euro Umsatz steckten vergangenes Jahr in dem Markt. Für Schnittblumen gaben die Deutschen 2024 rund 37 Euro pro Kopf aus.

    Davon profitieren nicht unbedingt die Floristen: Für den Bund Tulpen muss der Verbraucher nämlich nicht mehr zum Fachhändler gehen. Blumen gehören zum festen Sortiment in jedem Supermarkt. Und sie sind ein klassisches Mitnahmegeschäft, wenn sich Kunden im letzten Moment vor der Kasse noch ein Bund in Plastikfolie aus dem Eimer angeln. Das Angebot ist limitiert, doch es ist auch bequem, wenn die kleine Portion Farbenfreude und Lebendigkeit ohne Wartezeit, ohne Aufhebens und ohne weitere Wege in den Einkaufswagen wandert. Und die Kunden greifen zu – vor allem jetzt, da bald der Frühling naht.

    Inmitten eines Blumenmeers hat sich bei Blumen Ritter Mitarbeiterin Gabi Wolf versteckt. Gemeinsam mit den anderen Floristinnen arbeiten sie vor dem Valentinstag auf Hochtouren.
    Inmitten eines Blumenmeers hat sich bei Blumen Ritter Mitarbeiterin Gabi Wolf versteckt. Gemeinsam mit den anderen Floristinnen arbeiten sie vor dem Valentinstag auf Hochtouren. Foto: Marcus Merk

    Bei Blumen Ritter hat er schon Einzug gehalten: Zarte Ranunkeln recken sich in weiß und blassrosa aus den Vasen, kräftige Anemonen strahlen mit ihren schwarzen Herzen und satten Lilatönen. Und die kleinen traubenförmigen Hyazinthen locken mit betörendem Duft in Weiß, Blau und Altrosa. Doch eine Blumenart überragt sie alle: Stolz und langstielig, mit einem Kopf so prall wie ein kleiner Apfel und ihrer makellos vollen Blüte gehört die Rose für viele Blumenliebhaber unbedingt in den Strauß. Wie keine andere Blume ist sie Symbol für die Liebe. Gerade am Valentinstag.

    Blumenhandel in Nördlingen: „Rosen mit kleinen Köpfen assoziiert man mit Supermarkt“

    Auf der Suche nach der perfekten Rose kommt es durchaus auf die Größe an, sagt Eisenschink: „Rosen mit kleinen Köpfen assoziiert man heute eher mit dem Supermarkt.“ Größe und Stiellänge bestimmen im Handel den Preis für die Königin unter den Blumen, erklärt die Nördlingerin. Und bei Niedrigpreis-Angeboten der Discounter sei bekanntlich beides nicht so üppig, bemerkt Eisenschink trocken. Was sie dazu noch zu sagen hat, schluckt die 54-Jährige zunächst herunter. Schnell konzentriert sich die Frau mit den schulterlangen braunen Locken und der großen runden Brille wieder auf ihre Arbeit. Vor dem Valentinstag gibt es noch viel zu tun: Gut 40 Sträuße, Kränze und Blumengestecke sollen zum freien Verkauf vorbereitet sein. Hinzu kommen Dutzende Vorbestellungen und etliche Spontankäufer, die sich am Donnerstagabend und am Freitag frisch einen Strauß binden lassen.

    Sollen es zum Valentinstag also Rosen für die Liebste sein? Die besten Blumen seien immer die, die den Geschmack der Beschenkten treffen, sagt Eisenschink. Und über die Vorlieben ihrer Partnerin wissen die Männer heutzutage immer besser Bescheid, sagt die Floristin: „Früher haben viele aus Pflichtbewusstsein einen Strauß geschenkt. Heute sind die Männer wirklich goldig: Sie sind anspruchsvoll, können einzelne Blumen benennen und kaufen gezielter.“ Viele wüssten aus gemeinsamen Hochzeitsvorbereitungen, welche Stile ihre Frau liebt und welche nicht. Doch in einem Punkt legt sich Eisenschink fest: „Rosensträuße ganz klassisch in Dunkelrot würden Frauen nicht aussuchen. Das wirkt viel zu streng.“ Rote Rosen gehörten zwar an Valentin dazu, machten sich aber viel besser, wenn sie mit Frühlingsblumen kombiniert gebunden würden.

    Emsig laufen die fünf Floristinnen schon drei Tage zuvor im Laden auf und ab. Sie binden Sträuße und stecken Kränze, doch das ist längst nicht alles. Wie viel Handarbeit in diesem Beruf wirklich steckt, bleibt den meisten Kunden verborgen: Auspacken, Anschneiden, Blätter entfernen, Wasserwechsel, Lagerung – das sind nur ein paar der Aufgaben, die am Ende unsichtbar bleiben. „Bevor sie über die Ladentheke geht, langen wir jede Schnittblume mindestens drei Mal von Hand an“, betont Floristin Beate Vogelsang, die Schwester von Petra Eisenschink. Denn es bedarf guter Pflege, damit die Frischware auch frisch bleibt: „Wir fangen hier jeden Tag wieder von null an: Alles kommt abends raus in den Kühlraum und morgens wieder in den Laden.“

    Von Kindesbeinen an erfuhren Vogelsang und Eisenschink, was es bedeutet, im Blumenfachhandel zu arbeiten. Ihre Mutter und Tante waren es, die aus einer lokalen Gärtnerfamilie stammend im Jahr 1968 in Nördlingen Blumen Ritter gegründet hatten. Einmal pro Woche gingen die Schwestern im Geschäft zur Hand, erinnert sich Vogelsang: „Bei mir war es der Freitagnachmittag – und als Schülerin fand ich das nicht immer schön. Aber mein Vater hat sehr darauf geachtet und wir haben viel gelernt.“ Eisenschink übernahm das Traditionsgeschäft 2011, nun ist Vogelsang als Mitinhaberin eingestiegen.

    Blumen vom Discounter: Mit Niedrigpreisen will sich Blumen Ritter gar nicht messen

    Die beiden Schwestern setzen nicht nur auf den Verkauf im Geschäft. Sie nehmen Großaufträge für Hochzeiten, Trauerfeiern und andere Anlässe an und zeigen die Werkstücke aus ihrem Team stolz auf Instagram. Besonders freut sich Vogelsang, wenn sie in Sozialen Netzwerken unerwartet auf Sträuße glücklicher Kundinnen trifft: „Viele Frauen teilen es gerne, wenn sie schöne Blumen erhalten und markieren uns. Da kommt viel Liebe für uns als Blumenladen zurück.“

    Doch die 51-Jährige kennt auch die Kehrseite ihrer Präsenz auf Social Media. Erst kürzlich habe ihr jemand einen Discounter-Prospekt mit Rosen für 2,99 Euro geschickt und sie wegen der höheren Preise im Blumenfachhandel beschimpft. Das machte Vogelsang sprachlos: „Da weiß ich gar nicht, was ich drauf antworten soll. Da kämpfen wir doch gegen Windmühlen!“ Vor allem der Umgangston in solchen Nachrichten macht der Floristin zu schaffen: „Wenn so eine richtig blöde Meldung kommt, trägt man das oft den ganzen Tag mit sich herum.“

    Dabei geht es Vogelsang nicht um Kunden, die mit einer Reklamation kommen und sagen: „Mensch, das war jetzt aber nix.“ Mängel könne sie im Blumenhandwerk nicht ausschließen, da stets mit Frischware gearbeitet wird. Auch sie erhalte von Händlern manchmal Ware, die sie zurückgehen lassen müsse. Doch der Blumenfachhandel werde von den Kunden viel stärker in die Pflicht genommen als Supermärkte, sagt Vogelsang: „Wenn bei uns einmal was kaputt ist, dann sind wir für den Kunden durch, der kauft nie wieder bei uns. Beim Discounter ist es den Leuten wurscht, da war‘s nicht teuer und der Schaden ist einkalkuliert.“

    Im Grunde wolle sie sich gar nicht erst mit den Niedrigpreisen messen, sagt ihre Schwester Petra Eisenschink. Man müsse ganz klar differenzieren: „Wir sind ein Geschenke-Laden. Wer zu uns kommt, sucht das Besondere, eine Aufmerksamkeit oder ein Präsent für einen lieben Menschen und ist daher auch bereit, eine gewisse Summe auszugeben.“ Wer dagegen im Discounter den Strauß an der Kasse mitnimmt, mache dies eher für den eigenen Esstisch, vermutet Eisenschink: „Das ist ein schnelles und unbedachtes Mitnahmegeschäft wie vom Großmarkt: Schmucklos und in Plastikfolie.“

    Zwei Floristinnen aus Schwaben sprechen über Herausforderungen im Blumenhandel

    Worauf es im Fachhandel ankommt, sei eine umfassende Beratung, sagen die Inhaberinnen. Für ein Vielfaches vom Discounterpreis erhalten Kunden bei ihnen nicht nur Schnittblumen, sondern nach Beratung zu Stil, Farben und Preis ein handgefertigtes Werkstück. Und bei Bedarf eine angemessene Vase, weitere Dekoration oder eine Grußkarte dazu. Vogelsang betont: „Was man nicht vergessen darf: Unsere Blumen begleiten die Menschen nicht nur in leichten und schönen Momenten wie Valentinstag oder Hochzeit, sondern auch durch schwierige Phasen wie Krankheit, Tod und Trauer.“

    Ganz gleich, in welcher Situation die Floristin Menschen zu Blumen berät: Es ist immer eine gute Portion Diplomatie gefragt – erst recht, wenn ein Paar zu zweit im Blumenladen auftaucht, wie die beiden fitten und modebewussten End-Siebziger an diesem Vormittag. Die Seniorin wünscht sich für eine verstorbene Bekannte ein Gesteck in Rosa und Weiß, ihr Mann bevorzugt Blumen ganz in Weiß. Vogelsang blickt die beiden geduldig an und hört aufmerksam zu, dann schweigen die beiden und blicken die Floristin erwartungsfroh an. „Also nehmen wir es in Rosa-Weiß?“, fragt sie. Beide nicken eifrig.

    Und dann verrät die erfahrene Floristin ihr wichtigstes Rezept für glückliche Kunden: „Man muss immer schauen, dass die Frau zufrieden rausgeht. Wenn sie sagt, sie wünscht sich etwas – und er sieht es anders, dann sollte die Entscheidung besser zu ihren Gunsten fallen.“

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