Herr Fackler, seit anderthalb Jahren sind Sie Bürgerbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung. Wie kann man sich das vorstellen? Sind Sie so etwas wie der oberste Kummerkasten im Freistaat?
WOLFGANG FACKLER: Die einen sagen Kummerkasten, die anderen nennen es Seismograf. Ich habe im Großen und Ganzen den Bürger im Blick, der die Welt konkret betrachtet.
Was bewegt die Bürgerinnen und Bürger in Bayern am meisten in diesen Zeiten? Sind es die Klinikschließungen? Die Grundsteuerreform? Das Erstarken der AfD?
FACKLER: Es sind unterschiedliche Themen, die die Menschen an mich herantragen. Dazu gehört sicher der Grundsteuerbescheid, der ins Haus flattert oder die Frage, wie es mit dem Krankenhaus vor Ort weitergeht. Das Thema Windenergie gehört gerade ebenfalls mit dazu. Andere beschweren sich, wenn die Kita nicht wie gewohnt geöffnet hat oder über die Geruchsbelästigung durch eine nahe gelegene Biogasanlage. Immer wieder geht es auch um die Unterbringung von Geflüchteten. Es sind die Probleme des Alltags, die bei mir ankommen.
Der Ton in politischen Debatten ist in den vergangenen Jahren deutlich rauer geworden. Wie viel Wut kommt bei Ihnen als Bürgerbeauftragter an?
FACKLER: Die Dauerwut und die Dauerempörung sind tatsächlich zu einer Art Volkssport geworden. Das muss ich leider feststellen. In meiner Funktion versuche ich das, so gut es geht, zu strukturieren. Ich versuche, um Akzeptanz zu werben, indem ich Vorgänge erkläre oder einen Rat erteile. Inwiefern das gelingt, kann ich natürlich nicht abschließend beantworten. Aber ich tue mein Bestes.
Das heißt, die Leute rufen also mit einem ordentlichen Grant an?
FACKLER: Das gilt sicher nicht für alle. Aber bisweilen hat man diejenigen, die wütend und laut sind, stärker im Fokus als die anderen. Dabei ist das nicht richtig. Denn zum Umgang miteinander gehört schließlich auch der richtige Ton. So, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es bekanntlich auch zurück. Respektvoller Umgang zahlt sich also aus.
Können Sie dazu beitragen, Diskussionen zu versachlichen, indem Sie einfach zuhören und die Anliegen der Menschen ernst nehmen?
FACKLER: Das sehe ich als meine Hauptaufgabe. Erst einmal den Menschen zuhören, ihre Probleme verstehen. Und inwiefern man dann im Sinne der Bürger handeln kann, hängt natürlich immer von der Sach- und Rechtslage ab. Für mich geht es in erster Linie darum, aufzuklären, Transparenz zu erzeugen, Sachzwänge zu erklären, das berühmte Amtsdeutsch in eine einfache Sprache zu übersetzen und Verständnis für manche Entscheidungen zu erzeugen.
Mit wie vielen Fällen haben Sie sich als Bürgerbeauftragter bisher beschäftigt? Wie häufig konnten Sie weiterhelfen?
FACKLER: Insgesamt um die 1000 Anliegen. Allein in diesem Jahr waren es bislang schon knapp 200 Fälle. Und es gibt durchaus auch positive Rückmeldungen von Menschen, die froh sind, dass sich jemand ihrer Anliegen angenommen hat.
Was können Sie konkret tun außer den Menschen zuhören und ihnen gut zureden?
FACKLER: Ich bin eine Art Ombudsmann und bin beiden Seiten verpflichtet, dem Staat und dem Bürger. Manchmal würde man Probleme gern lösen, scheitert aber in der Umsetzung etwa am fehlenden Pragmatismus. Wo ich aber in jedem Fall tätig werden kann, ist, wenn es um mangelnde Erreichbarkeit von Behörden geht. Oft sind Zuständigkeiten unbekannt oder unklar, oft wissen Bürgerinnen und Bürger nicht, an wen sie sich genau wenden müssen. Bisweilen werden Entscheidungen der Behörden nicht verstanden oder nicht akzeptiert. Ich kann dann nur versuchen zu erklären. Denn ich kann Entscheidungen beim besten Willen nicht umdrehen. Ich bin keine Superrevisionsinstanz.
Als Sie das Amt angetreten haben, haben Sie von einer Chance gesprochen. Ihr Vorvorgänger Klaus Holetschek ist danach Gesundheitsminister und dann CSU-Fraktionschef geworden. Wo führt Ihr Weg hin?
FACKLER: Es gibt für niemanden eine Blaupause. Jeder muss seine eigenen Wege gehen. Ich mag diese Aufgabe als Bürgerbeauftragter gerne. Ich bin gern nah dran am Bürger. Und ich schätze die Verbindung vom Bürger zur Staatsregierung. Am Ende des Tages gibt es ja auch ein gutes Gefühl, wenn man dem einen oder anderen Bürger verfahrensrechtlich eine Spur weiterhelfen konnte. Denn wer auf der richtigen Spur ist, der findet auch einen Weg an sein Ziel.
Wolfgang Fackler, 49, ist seit November 2023 als Bürgerbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung tätig. Der CSU-Politiker aus Donauwörth ist seit 2013 Mitglied des Bayerischen Landtags.
So lernt man dazu. Ich dachte ja, dass die gewählten Abgeordneten im Parlament die „Bürgerbeauftragten“ sind und die Regierung die „Parlamentsbeauftragten“. Aber das die Regierung und Verwaltung am Parlament vorbei einen Erklärbär braucht, zeigt doch nur, wie überbürokratisiert dieser Staat geworden ist.
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