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Castor-Transporte aus England nach Bayern stehen bevor

Atommüll

Castor-Behälter kommen nach Bayern – Planungen für den Transport laufen

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    Sieben Castor-Spezialbehälter mit Atommüll werden in den kommenden Monaten von England nach Bayern transportiert. Das Archivbild zeigt ein Zwischenlager.
    Sieben Castor-Spezialbehälter mit Atommüll werden in den kommenden Monaten von England nach Bayern transportiert. Das Archivbild zeigt ein Zwischenlager. Foto: Uli Deck, dpa

    Eine Million Jahre. So lange sollte Atommüll sicher gelagert werden, um Schäden für Lebewesen und Umwelt zu verhindern. Bereits ein Bruchteil des im Atommüll enthaltenen Plutoniums kann bei Menschen zu Lungenkrebs führen. Dementsprechend gefährlich ist der Umgang mit dem radioaktiven Stoff. In den kommenden Monaten steht nun ein Atommüll-Transport von England nach Bayern an. Für den Freistaat bedeutet das einen enormen Sicherheitsaufwand.

    Der Atommüll, der aus der englischen Stadt Sellafield in das Zwischenlager Isar in Niederaichbach im niederbayerischen Landkreis Landshut gebracht wird, stammt ursprünglich aus Deutschland. „Bis zum Jahr 2005 war es gängige Praxis, dass ein Teil der in deutschen Kernkraftwerken verbrauchten Brennelemente zur Wiederaufarbeitung in entsprechende Einrichtungen gebracht wurde“, erklärt Stefan Mirbeth von der Gesellschaft für Zwischenlagerung.

    Hohe Umweltbelastung: Wiederaufarbeitung von Brennelementen seit 2005 verboten

    In Deutschland gibt es keine Anlage für die Wiederaufarbeitung. Die Brennelemente kamen daher nach Sellafield oder nach La Hague in Frankreich. Dort wurde dann das enthaltene Plutonium und Uran abgetrennt, um es anschließend in neuen Brennelementen zu verwenden.

    Dieses Verfahren sorgte allerdings für viel Kritik. Da durch den Transport des Atommülls quer durch Europa enorme zusätzliche Umweltbelastungen entstanden, ist es in Deutschland seit 2005 gesetzlich verboten, Atommüll für die Wiederaufarbeitung nach Frankreich und England zu schicken. Abgebrannte Brennelemente werden seither direkt zwischengelagert.

    Atommüll-Lieferung erfolgt in speziellen Castor-Behältern

    Bei der Wiederaufarbeitung entstandene radioaktive Abfälle müssten allerdings noch zurückgenommen werden, erklärt Stefan Mirbeth. „Dazu haben sich Deutschland und die Kraftwerkbetreiber verpflichtet.“ Geliefert werden die Abfälle zum Zwischenlager Isar in sieben sogenannten Castor-Behältern. Diese wurden speziell für den Transport von hochradioaktiven Stoffen entwickelt.

    Vier Transporte mit Atommüll aus Frankreich und England nach Deutschland waren insgesamt geplant. Wohin diese führen, ist laut Mirbeth nach dem „Verursacherprinzip“ geregelt. „Es wurde festgelegt, dass die vier Bundesländer, aus denen am meisten Kernbrennstoff ins Ausland gebracht wurde, die Elemente wieder aufnehmen müssen“, sagt er. Transporte nach Hessen und Baden-Württemberg wurden bereits durchgeführt, geplant ist neben dem Transport nach Niederaichbach nun noch eine Lieferung nach Schleswig-Holstein. Weitere Castor-Transporte aus England nach Bayern stehen nicht an.

    Castor-Transport im ersten Halbjahr 2025 geplant

    Der Zeitraum, in dem die Transporte stattfinden dürfen, ist klar festgelegt. Am 1. März hat die Genehmigungsfrist für den Transport nach Bayern begonnen, bis Ende des Jahres ist die Lieferung möglich. Ganz so viel Zeit wird sich der Freistaat allerdings wohl nicht lassen. „Der Rückführungstransport ist für die erste Hälfte des Jahres 2025 geplant. Aus Sicherheitsgründen können wir den genauen Termin im Voraus nicht bekannt geben“, sagt Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf Nachfrage unserer Redaktion.

    Um einen reibungslosen Transport zu gewährleisten, ist ein hoher Sicherheitsaufwand notwendig. Bei dem Castor-Transport im Herbst 2020 von England nach Hessen waren beispielsweise 5800 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz. Verantwortlich ist die Bundespolizei in Zusammenarbeit mit den betroffenen Bundesländern. „Das Polizeipräsidium Niederbayern übernimmt die Gesamteinsatzleitung für den Transport innerhalb Bayerns“, sagt Herrmann.

    Atomenergie braucht besonderen Schutz

    Grund für die hohen Sicherheitsmaßnahmen ist, dass bei Atomkraft eine „erhöhte abstrakte Gefährdung“ bestehe. „Diese ergibt sich aus ihrer Vulnerabilität und dem potenziell hohen Schadensausmaß, weshalb ein besonderer Schutz des Transportes notwendig ist“, erklärt der Innenminister weiter.

    Auch Proteste und mögliche Störmaßnahmen spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle. „Seit dem Ausstieg aus der Kernenergie ist ein Rückgang des öffentlichen Interesses an diesem Thema zu beobachten“, sagt Herrmann. „Dennoch erwarten wir, insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Diskussionen über einen möglichen Wiedereinstieg in die Atomenergie, Aktionen und Versammlungen.“

    Bund Naturschutz kritisiert Wiederaufarbeitung

    Vonseiten der Organisation Bund Naturschutz, die sich gegen die Atomkraft engagiert, sind am Zwischenlager Isar keine Proteste geplant. „Wir haben den Müll erzeugt, wir müssen ihn zurücknehmen. Es gibt keinen Grund, dagegen zu protestieren“, erklärt Katharina Mühlebach-Sturm. Sie ist Vorsitzende der Naturschutz-Kreisgruppe in Landshut und damit direkt betroffen von den Lieferungen nach Niederaichbach.

    Anstelle von Protesten übt Mühlebach-Sturm eine generelle Kritik an dem Prozess der Wiederaufarbeitung. „Es wurde immer versucht, das als eine Art Kreislaufwirtschaft darzustellen“, sagt sie. „Das war es aber nie. Es ist immer Abfall übrig geblieben, der nun unter großem Aufwand zurückgebracht werden muss.“

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