Vor rund drei Jahren wurde die 40-jährige Kamilla in einer psychiatrischen Klinik östlich von München von einem Mitpatienten brutal getötet. Der Mann war erst wenige Stunden zuvor zwangseingewiesen worden – nach eigenen Angaben hatte er im Auftrag Gottes seinen Hund getötet und angekündigt, nun auch einen Menschen zu töten. Trotzdem konnte er sich auf der geschlossenen Station in Haar (Landkreis München) frei bewegen.
Noch am selben Tag schlug er laut Staatsanwaltschaft mit einer Duschvorhangstange auf die Frau ein, strangulierte sie mit einem Pullover und legte Feuer. Später ließ er über seine Anwältin erklären, Gott habe ihn dazu aufgefordert, weil sie eine Hexe gewesen sei. Von „mehr als zwei Dutzend Schlägen“ und einem bis zu einer Stunde langen Tatverlauf ist in Gerichtsakten die Rede.
Tötung in bayerischer Psychiatrie durch Behörden „unter den Teppich gekehrt“?
Die Familie der Getöteten will sich mit dem Ausgang des Falls nicht abfinden. Gemeinsam mit ihrer Anwältin Jella von Wiarda hat sie beim Oberlandesgericht München einen Antrag auf Klageerzwingung gestellt. Ziel ist eine erneute strafrechtliche Überprüfung der Vorgänge im Klinikum.
„Wir möchten Gerechtigkeit“, sagt Eleonora N., die Mutter des Opfers. Ihre Tochter sei in einem geschützten Raum gewesen, auf der Suche nach Hilfe – und sei dort getötet worden. Sie wirft den Behörden vor, den Fall „unter den Teppich kehren“ zu wollen.
Tödliche Attacke in Haar: Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eingestellt
Bereits 2022 hatte die Staatsanwaltschaft München I ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet – wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen. Geprüft wurde, ob Personal- oder Organisationsversagen die Tat erleichtert haben könnte.
Nach einem Gutachten und mehreren Zeugenvernehmungen wurde das Verfahren jedoch Anfang 2025 eingestellt. Die Begründung: Es habe sich kein strafrechtlich relevantes Verhalten mit der nötigen Sicherheit nachweisen lassen. Eine Beschwerde gegen diese Entscheidung blieb nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur erfolglos. Am 24. März wies die Generalstaatsanwaltschaft München die Eingabe zurück.
Psychatrie Haar (LK München): Offene Fragen zur Sicherheit in der Klinik
Nach Angaben der Anwältin hatte der Täter nach seiner Einlieferung keine sofortige Untersuchung erhalten. Er habe unbemerkt die Stange aus seinem Badezimmer entfernen und durch die Klinik tragen können. Erst der Feueralarm habe das Personal alarmiert. Das Isar-Amper-Klinikum äußerte sich den Angaben zufolge nicht zu dem Vorfall – auch nicht zu möglichen Änderungen bei den Sicherheitsvorkehrungen.
Die Familie sieht nicht nur die getötete Kamilla als Opfer, sondern auch den Täter, der als schwer psychisch Kranker eingeliefert wurde – und innerhalb weniger Stunden zum Mörder wurde. „Vielleicht trauert irgendwo noch eine andere Mutter“, sagt Eleonora N. gegenüber der dpa.
Das Isar-Amper-Klinikum gehört zum Bezirk Oberbayern und zählt zu den größten psychiatrischen Einrichtungen Deutschlands.
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