Eines haben sie in diesem Supermarkt alle gemein. Ob die Frau, die am Eingang neben dem Scanner steht, unter den alle Kundinnen und Kunden eine Karte halten. Der Mann, der mit seinen beiden Kindern im Schlepptau den Einkaufswagen an der Gemüsetheke vorbeischiebt. Oder die Frau, die ein paar Schritte weiter gerade Gläser ins Regal räumt. Jeder, der in diesem Supermarkt arbeitet oder einkauft, ist Miteigentümer des Ladens.
Der Supermarkt „Foodhub“ im Stadtteil Obergiesing gehört 2400 Münchnerinnen und Münchnern. Vor über drei Jahren hat eine Genossenschaft den Supermarkt eröffnet – es war nach eigenen Angaben deutschlandweit der erste dieser Art. Das Besondere ist: Nur Genossinnen und Genossen dürfen hier einkaufen. Sie müssen wiederum mehrere Stunden im Monat dort arbeiten.
Die Produkte sind im „Foodhub“ in München deutlich günstiger
So wie Evelyn. Die 57-Jährige ist seit fast drei Jahren Mitglied in der Genossenschaft und hilft heute am Empfang. Wer hier einkaufen will, muss zunächst seinen Mitgliedsausweis unter den Scanner halten. Eine Genossin hat ihre Karte zuhause vergessen – muss allerdings ohnehin gleich zur Schicht. Kein Problem, sagt Evelyn. Sie wohnt in der Nähe, kommt etwa alle zwei Wochen her. Was ihr an dem Konzept gefällt? „Dass es vorwiegend regionale und Bio-Produkte sind“, sagt Evelyn.
Das Sortiment an sich ist nicht besonders – aber die Preise dafür. Woran das liegt, erklärt Quentin Orain. Der 33-Jährige hat die Genossenschaft zusammen mit Karl Schweisfurth und Kristin Mansmann gegründet. Die beiden anderen waren damals an einem Bürgerbegehren beteiligt. Das Ziel: Bis 2030 sollen in Bayern 30 Prozent der Landwirtschaft biologisch angebaut werden. „Die Frage war: Wie können wir dazu beitragen, dass mehr Bio gekauft wird?“, erzählt Orain und schiebt die Antwort gleich hinterher: „Indem man Bio günstiger macht.“ In seinem Supermarkt ist das möglich, weil die Mitglieder quasi ehrenamtlich mit anpacken.
Im Durchschnitt seien die Produkte hier 20 Prozent günstiger als in anderen Supermärkten, sagt Orain. Bei Obst, Gemüse oder Käse seien es sogar 30 bis 40 Prozent. Auf den Einkaufspreis schlägt die Genossenschaft 30 Prozent. Dadurch ergeben sich krumme Preise, die man in anderen Supermärkten eher nicht liest. 2,13 Euro für einen Liter Bio-Alpenmilch, 3,31 Euro für das Kilo Strauchtomaten, 5,24 Euro für einen 10er-Karton Eier.
Mitglieder zahlen einmal 180 Euro – und müssen mit anpacken
Wer Mitglied bei „Foodhub“ werden will, zahlt einmalig 180 Euro. Mit seinem Mitgliedsausweis kann man dann dort einkaufen. Im Gegenzug müssen alle Genossinnen und Genossen drei Stunden im Monat mithelfen. Abkassieren, Regale auffüllen, Käse zuschneiden. Die Gründe, warum sich Menschen für eine Mitgliedschaft entscheiden, sind unterschiedlich. „Für manche ist der Gemeinschaftsaspekt ganz wichtig, dieses Zugehörigkeitsgefühl“, sagt Orain. Aber auch die günstigeren Preise oder der Fokus auf Bio- und regionale Produkte. Manchen gefalle auch der Gegensatz zum Kapitalismus. „Hier ist das Ziel nicht, dass wir Geld machen“, sagt Orain. „Das Geld bleibt in der Genossenschaft – das ist das Gegenteil von Kapitalismus.“

Auf dem Land sind genossenschaftlich organisierte Läden nicht ungewöhnlich. In seiner Form war „Foodhub“ bei seiner Eröffnung deutschlandweit der erste. Mittlerweile gibt es in Berlin und Köln ähnliche Läden. In anderen Ländern, etwa Orains Heimat Frankreich, sei dieses Konzept deutlich weiter verbreitet. Seinen Ursprung hat es in den USA. Bei „Foodhub“ in München kommen hin und wieder auch Leute vorbei, die kein Mitglied sind. Wer Interesse hat, bekommt eine Führung durch den Laden. „Uns ist aber bewusst, dass es nicht für jeden passt“, sagt Orain. „Jeder legt so viel Wert auf Ernährung, wie er möchte.“
In Schwabing könnte ein zweiter „Foodhub“ entstehen
Lili ist er seit zwei Wochen Mitglied. „Mir gefällt, dass man hier gute Lebensmittel kaufen kann und man einen Einblick hat, woher die Lebensmittel kommen“, sagt die 32-Jährige, während sie die Regale auffüllt. Sie mag auch, „dass man Teil einer Gemeinschaft ist und es weniger anonym ist“.
Bei der Eröffnung waren es 700 Mitglieder, mittlerweile sind es über dreimal so viel. Jeden Monat kommen 20 bis 30 Neumitglieder dazu, sagt Orain. Dieses Jahr könnte es sein, dass der Laden zum ersten Mal schwarze Zahlen schreibt. Das Konzept läuft so gut, dass Orain und die anderen überlegen, einen zweiten Supermarkt in Schwabing zu eröffnen. Es gibt dort eine wachsende Gruppe, die Interesse an einem solchen Laden hätte. Wenn es ungefähr 300 Interessierte sind, wollen sie sich auf die Suche nach einem Standort machen. „In unserer Vision“, sagt Orain, „verbreiten sich solche Läden in den kommenden Jahren in Städten in ganz Deutschland.“
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden