Der Freistaat liegt flach. Es wird gefröstelt, gehustet, geniest, die Wartezimmer der Arztpraxen sind voll, die Krankmeldungen steigen - freilich nicht nur in Bayern, sondern auch im Rest der Republik. Und viele Menschen haben nicht nur eine schnöde Erkältung mit nerviger Schniefnase, sondern eine echte Grippe mit hohem Fieber, Schüttelfrost und Gliederschmerzen. Das Robert Koch-Institut spricht von einer „starken Zirkulation von Influenzaviren“, besonders bei Schulkindern sei „die Krankheitslast weiter ungewöhnlich hoch“.
Allein in Bayern gab es in der sechsten Kalenderwoche vom 3. bis 9. Februar fast 10.000 neue Influenza-Fälle, die von den Gesundheitsämtern offiziell an das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) gemeldet wurden. Dem LGL zufolge summieren sich die Grippe-Erkrankungen in dieser Saison im Freistaat damit auf etwas mehr als 35.000 – die Dunkelziffer dürfte allerdings noch deutlich höher sein, weil schließlich längst nicht bei jedem, der krank zum Arzt geht, ein Test mittels Abstrich auf Influenza gemacht wird.
Grippewelle in Bayern: Vor einem Jahr wurden weniger Influenza-Fälle gemeldet
Im vergangenen Jahr waren die Zahlen Mitte Februar niedriger als jetzt. Statt aktuell rund 10.000 wurden damals im selben Zeitraum nur etwa 8300 Influenza-Fälle binnen einer Woche gemeldet, während der Corona-Jahre fiel die Grippewelle quasi ganz aus. Doch im Vorfeld zu sagen, wie schlimm eine Saison ausfallen wird, ist schwer. „Eine genaue Prognose zum Verlauf und zur Schwere einer Grippesaison ist im Generellen nicht möglich“, sagt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums gegenüber unserer Redaktion. Denn das sei von einem komplexen Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren abhängig, etwa der Immunität der Bevölkerung durch Impfungen und vorangegangene Infektionen, den klimatischen Bedingungen sowie der Pathogenität - also der Fähigkeit, Menschen krank zu machen - der vorherrschenden Virusvarianten.
Dass die Grippe-Welle in dieser Saison besonders heftig ausfällt, hat auch Professor Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, beobachtet. „Dieses Jahr scheinen wir wieder ein recht starkes Jahr zu haben. In den Jahren 2013 und 2017 waren die Zahlen ähnlich hoch“, sagte er dem Science Media Center. Neben Schulkindern seien auch Kleinkinder besonders betroffen, etwa jedes fünfte Kind bis vier Jahre sei krank. „Diese Altersklassen müssen sich ihre Immunität durch wiederholte Infektionen erst aufbauen und sind daher immer vermehrt von Atemwegsinfekten betroffen“, erklärt Watzl.

Die Grippe-Impfquote in Bayern ist niedrig
Kindern wird von der Ständigen Impfkommission (Stiko) nicht zu einer Grippe-Impfung geraten, erst Menschen ab 60 Jahren. Doch viele ältere Menschen im Freistaat verzichten offensichtlich auf eine Spritze, obwohl sie zur Risikogruppe zählen. Im Winter 2023/24 lag die Impfquote der Techniker Krankenkasse (TK) zufolge bei den über 60-Jährigen nur bei 35 Prozent - damit liegt Bayern im Bundesvergleich auf dem vorletzten Platz. Nur in Baden-Württemberg ließen sich mit 28 Prozent noch weniger Menschen in dieser Altersgruppe gegen Grippe impfen.
Der Impfstoff wird jedes Jahr vor der Grippe-Saison angepasst. Das bedeutet: Der saisonale Influenza-Impfstoff enthält Bestandteile jener Virus-Varianten, die am wahrscheinlichsten in der kommenden Saison das Infektionsgeschehen dominieren werden. Wie gut er dann tatsächlich wirkt, weiß man vorher also nicht sicher. „Ich kenne noch keine Daten dazu, wie effektiv die Influenzaimpfung dieses Jahr ist“, sagt Immunologe Watzl. „Diese Zahlen gibt es zumeist retrospektiv.“
Grippe kann gerade für ältere Menschen gefährlich sein
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) plädiert gegenüber unserer Redaktion für eine Impfung: „Vor allem für ältere Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen kann eine Grippe-Erkrankung zu schweren Komplikationen führen oder sogar lebensbedrohlich verlaufen. Generell wird deshalb empfohlen, sich vor der erwarteten Grippewelle impfen zu lassen - also bereits ab Oktober bis Mitte Dezember.“ Dass die Grippe vor allem für ältere Menschen gefährlich ist, zeigen auch die Zahlen des RKI. In der Saison 2024/25 wurden bislang 456 Todesfälle mit Influenzavirusinfektion an das Institut übermittelt. Unter diesen waren 91 Prozent älter als 60 Jahre.
Zu den vielen Grippe-Erkrankungen kommen aktuell noch zahlreiche durch Rhinoviren ausgelöste Erkältungen, obendrauf noch Corona- und RSV-Infektionen. Dem RKI zufolge leiden in Deutschland derzeit rund acht Millionen Menschen an einer akuten Atemwegsinfektion.
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