Wie geht es denn aktuell den Allergikern? Fliegen schon viele Pollen?
PROF. DR. CLAUDIA TRAIDL-HOFFMANN: In unserer Hochschulambulanz für Umweltmedizin sehe ich tagtäglich Patienten, die sehr leiden. Der Flug der Haselpollen startete in Bayern schon Anfang Januar und gerade ist die Belastung sehr hoch. Zurzeit fliegen auch weitere Pollen wie zum Beispiel die Erle, die Birken stehen schon in den Startlöchern.
Wie hat sich der Pollenflug denn in den vergangenen Jahren verändert und welche Rolle spielt da der Klimawandel?
TRAIDL-HOFFMANN: Der Klimawandel spielt eine zentrale Rolle. Insbesondere die Temperatur-Erhöhung führt dazu, dass sich Ökosysteme verändern. Wir sehen vier zentrale Veränderungen durch den Klimawandel, aber auch durch Umweltverschmutzung. Erstens: eine längere Pollenflugsaison. Zweitens: Es fliegen mehr Pollen pro Tag. Das ist eine Stressreaktion der Pflanzen aufgrund der Trockenheit. Drittens: Der Pollen selbst wird aggressiver.
Wie das?
TRAIDL-HOFFMANN: Der Pollen setzt ja Eiweiße frei, die bei uns eine Allergie verursachen. Diese Eiweiße sind gleichzeitig ein Abwehrmechanismus der Pollen selbst. Man kann fast sagen, dass diese Eiweiße zum Immunsystem der Pollen gehören. Die Substanzen, die bei uns also die Allergie auslösen, werden von den Pflanzen selbst hochreguliert, weil sie unter Stress stehen.
Wie entsteht denn dieser Stress?
TRAIDL-HOFFMANN: Wie gesagt durch den Klimawandel und die Trockenheit und durch die Luftverschmutzung. Wir wissen, dass durch Schadstoffe und kleine Partikel auf den Pollen Eiweiße hochreguliert werden, die bei uns die Symptome einer Allergie auslösen.
Welche Auswirkungen hat denn diese Proteinveränderung? Haben die Menschen dann stärkere Symptome?
TRAIDL-HOFFMANN: Ja, genau so ist es. Mehr Eiweiß heißt mehr Symptome, weil die Entzündungszellen in der Nasenschleimhaut stärker getriggert werden. Das haben wir untersucht. Wir haben die Pollen aus stark belasteten Arealen genommen und im Pricktest auf der Haut von Allergikern eingesetzt. Da sieht man eben eine deutlich stärkere Reaktion.
Sie hatten vorhin noch von einem vierten Punkt gesprochen, der zu einer Veränderung des Pollenflugs und der Allergiebeschwerden bei den Menschen führt…
TRAIDL-HOFFMANN: Genau. Das ist der Punkt, dass wir in Deutschland immer mehr invasive Arten haben, zum Beispiel das Beifußblättrige Traubenkraut, also die Ambrosia. Das spielt eine große Rolle. Die Pollenmenge dieser Pflanzen wird in den nächsten Jahren noch stark ansteigen.
Welche Gefahr gibt es denn durch diese invasiven Arten? Liegt das Problem darin, dass unser Immunsystem diese Pollen nicht kennt und darauf nicht trainiert ist?
TRAIDL-HOFFMANN: Unser Immunsystem kennt Ambrosia sogar bereits, weil es da eine Kreuzallergie gibt, nämlich zu Beifuß. Die beiden Pflanzen haben ähnliche Eiweiße. Ein wichtiger Punkt ist, dass Ambrosia ein sehr aggressiver Pollen ist. Die Eiweiße, die da freigesetzt werden, schädigen die Barrieren des Körpers, sie machen die Schleimhaut nochmal stärker löchrig als andere Pollen. Hinzu kommt, dass der Pollen etwas kleiner ist als etwa ein Birkenpollen und deswegen auch in tiefere Abschnitte der Lunge gelangen kann. Ambrosia löst deswegen oft schweres Asthma aus. In manchen Gebieten Deutschlands, etwa in der Lausitz, leiden die Menschen schon sehr. Und leider muss man sagen, dass das auch auf Bayern zukommen wird. Weil sich die Pflanzen hier eben auch massiv ausbreiten.
Abgesehen von Ambrosia: Hat die verstärkte Aggressivität der anderen Pollen, eben durch Klimawandel und Luftverschmutzung, auch zur Folge, dass die Asthma-Erkrankungen zunehmen?
TRAIDL-HOFFMANN: Ja, das ist auch zu beobachten. Allerdings ist es nie ein einzelner Faktor, der dazu führt. Insgesamt ist es so, dass wir durch unseren Lebensstil, durch Schadstoffe, durch Chemikalien in der Luft und in der Nahrung empfänglicher für Allergien und deren Folgen wie Asthma werden. Und auch die Luftverschmutzung allein ist ja schon ein Risikofaktor für Lungenerkrankungen. Und was internationale Studien zeigen: Fettleibigkeit führt dazu, dass Asthma-Erkrankungen schwerer verlaufen.
Und Studien zeigen ja ebenfalls, dass unsere Essgewohnheiten auch das Mikrobiom im Darm stark beeinflussen und schädigen können, was wiederum Allergien auslösen kann...
TRAIDL-HOFFMANN: Genau so ist. Aber wir können das auch umdrehen und positiv formulieren: Je vielfältiger unsere Ernährung ist, je pflanzenbasierter, vor allem im ersten und zweiten Lebensjahr, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind eine Allergie, Neurodermitis oder Asthma entwickelt. Das heißt, wir können da viel tun, indem wir uns gesund ernähren. Eine vielfältige Ernährung schützt vor Allergien.
Zurück zum Anfang unseres Gesprächs. Sie sagten, dass die Luftverschmutzung die Aggressivität der Pollen erhöht. Geht es Allergikern in der Stadt also schlechter als auf dem Land?
TRAIDL-HOFFMANN: Ja, in der Stadt ist es schlimmer, weil da eben noch die Schadstoffe hinzukommen. Ohne den Effekt auf die Pollen, die sie sicherlich haben, haben diese Stoffe ja auch einen negativen Effekt auf unsere Schleimhäute. Deswegen wir der Allergiker in der Stadt nochmal mehr leiden. Auf dem Land aber gibt es mitunter mehr Pollen, das spürt der Allergiker etwa, wenn er über eine Wiese läuft und viele Gräserpollen abbekommt. Man kann also festhalten: Auf dem Land ist die Pollenkonzentration höher, in der Stadt spüren die Menschen aber die Auswirkungen der Schadstoffe in der Luft deutlicher.
Zur Person:
Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann ist Direktorin des Instituts für Umweltmedizin am Helmholtz -Zentrum München und Chefärztin im Institut für Umweltmedizin und Integrative Gesundheit am Universitätsklinikum Augsburg.


Ich möchte Frau Dr. Traidl- Hoffmann ungern widersprechen, nicht alles ist Allergie sondern es sind viele Unverträglichkeiten was die Menschen heute haben.. Bei mir ist der Gesamt-IgE auf 342 U/ml normal ist 100.. U/ml, ich bin hoch Allergisch, habe allergisches Asthma, viele Unverträglichkeiten und muss vieles selbst, wie Brot backen usw. machen. Unsere Lebensmittel, Obst, Gemüse sind leer, bestehen aus Farbstoffen, zig Zusatzstoffen, wie in Erdbeermarmelade finden sie keine Erdbeere mehr, sondern künstlich hergestellte Farb- Duftstoffe. In Medikamente sind es die sonstigen Bestandteile, bei Erwachsenen und Kinder die vielen Antibiotikagaben. Das sind meiner Meinung nach die überwiegenden Auslöser für Allergien, für Unverträglichkeiten.. Ich komme aus einem Bauernhof und wir haben nur das gegessen was der Hof hergab und trotzdem lebe ich seit 53 Jahre trotz Sensibilisierung mit täglicher Allergie Tablette, Sprays, Inhalieren, Haarwäsche, Maske oder zu Hause bleiben.
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