
Grüne im Doppel-Interview: Söder und Aiwanger schüren aufgeheizte Stimmung

Das sagen die Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann zu den Folgen des Steinwurfs von Neu-Ulm, der Stimmung im Wahlkampf und zu den Ziele der Grünen.
Es ist noch gar nicht so lange her, da ist den Grünen viel Sympathie entgegengebracht worden. In diesem Wahlkampf sieht es so aus, als hätte sich die Stimmung ins Gegenteil verkehrt. Woran liegt’s?
Katharina Schulze: Ganz so negativ würde ich das jetzt hier nicht beschreiben. Ludwig und ich sind seit Wochen im ganzen Land unterwegs. Wir treffen viele Menschen, die sich freuen uns zu sehen, die unsere Demokratie stärken wollen. Richtig aber ist auch, dass es ein sehr intensiver Wahlkampf in einer sehr aufgeheizten Stimmung ist. Dafür gibt es vermutlich mehrere Erklärungen. Ein Punkt ist sicher, dass die Gesellschaft insgesamt erschöpft ist von mehreren Krisen hintereinander.
Ludwig Hartmann: Diese aufgeheizte Stimmung ist nicht vom Himmel gefallen. Sie wird durch einige unserer politischen Mitbewerber auch gezielt geschürt. Wenn Hubert Aiwanger und zum Teil auch Markus Söder nur neue Ideen niedermachen, ohne eigene Ideen zu liefern, dann ist das für uns herausfordernd.
Sie können aber nicht bestreiten, dass die Bundespolitik einen Einfluss auf die Stimmung im bayerischen Landtagswahlkampf hat. Haben Sie Verständnis dafür, dass sich viele Menschen über den Murks beim Heizungsgesetz geärgert haben?
Katharina Schulze: Das haben wir. Und wir sagen auch ganz klar, dass da die Kommunikation eindeutig nicht gut genug gelaufen ist. Wir haben viel zu wenig darüber geredet, warum wir auch im Gebäudebereich CO2-neutral werden müssen, warum wir möchten, dass die Menschen keine Kostenfalle im Keller haben, wenn der C02-Preis weiter steigt. Das muss deutlich besser werden.
Ludwig Hartmann: Wir wollen die Abhängigkeit von Öl und Gas reduzieren, weil sie den Menschen horrende Kosten aufbürdet und schlecht fürs Klima ist. Darauf hat das Gebäudeenergiegesetz die richtige Antwort gegeben. Und als das Holz als nachhaltiger Brennstoff im ersten Gesetzentwurf nicht berücksichtigt war, sind wir von Bayern aus sofort tätig geworden. Wir haben uns durchgesetzt – übrigens Seite an Seite mit dem bayerischen Bauernverband, was ja nicht alltäglich ist.
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Die Debatte ums Heizen mit Holz geht aber schon wieder weiter. Sind Sie da nicht sauer auf Ihre Kollegen in Berlin?
Ludwig Hartmann: Ach, was heißt hier sauer! Ich würde mir wünschen, dass wir ein wenig klarer kommunizieren. Zunächst einmal müssen wir feststellen: Wir haben erreicht, dass es auch in Zukunft möglich ist, mit Holz zu heizen. Das war der entscheidende Schritt. In einem zweiten Schritt geht es jetzt um die Fördersätze. Wir wollen einen Tempo-Bonus – wer schnell umstellt, wird stärker gefördert. Aber wir wollen halt auch mehr Förderung für jemanden, der eine noch klimafreundlichere Lösung hat, weil er zusätzlich eine thermische Solaranlage einbaut.
Katharina Schulze: Ich kann Ihnen sagen, worüber ich sauer bin. Ich finde es unredlich, dass auch politische Mitbewerber gerade bei diesem Thema teilweise mit Desinformationen und enormen Übertreibungen unterwegs sind. Es gibt jetzt einen guten Kompromiss, einschließlich einer hohen sozialen Förderung. Und jetzt wird, anstatt das zu beruhigen, die nächste Sau durchs Dorf getrieben.
Wie gehen Sie mit Protesten gegen Ihre Politik um?
Katharina Schulze: Also, ich finde es wichtig, dass man miteinander redet statt übereinander. Deswegen bieten wir viele Optionen an, direkt mit uns ins Gespräch zu kommen. Man muss da nicht immer einer Meinung sein, es müssen beide bereit sein, auch zuzuhören. Wenn Du angebrüllt wirst und Dein Gegenüber in Verschwörungsmythen abdriftet wie, dass wir keine Demokratie hätten, dann wird es schwierig.
Ludwig Hartmann: Mich trifft gar nicht mal so, wie mit uns gerade umgegangen wird. Mich trifft viel mehr, was in der Gesellschaft gerade passiert. Wenn ich die Reden von Aiwanger und Söder höre, da wird ein Spalt in die Gesellschaft hineingetrieben. Aber wer sein Land liebt, der spaltet es doch nicht.
In Neu-Ulm hat ein Mann einen Stein geworfen, als Sie beide auf der Bühne standen. Was hat das für Sie geändert?
Katharina Schulze: Es war auch noch die Gebärdendolmetscherin mit auf der Bühne, die wird leider immer ein bisschen vergessen. Ihr ist zum Glück auch nichts passiert und die Polizei hat super reagiert. Für mich persönlich mache ich mir jetzt keine großen Sorgen vor dem nächsten Auftritt. Man muss ja auch sagen, das war die absolute Ausnahme. Uns hat der Stein nicht verletzt, aber unsere demokratischen Werte.
Ludwig Hartmann: Mich hat das massiv geschockt, ich habe die Rede auch gleich unterbrochen. Wenn in der ersten Reihe mein Siebenjähriger sitzt, wenn ein Stein fliegt, kann ich die Nacht danach nicht schlafen, das gebe ich ehrlich zu. Also, ich werde kein Kind mehr mitnehmen, um beim Wahlkampf zuzuschauen. Außerdem war das bei mir nicht das erste Mal. Ich habe vor zehn Jahren in Landsberg bei einer Demo gegen Neonazis einen Schlag voll ins Gesicht bekommen.
Noch einmal zurück zum Anfang unseres Gesprächs. Sehen Sie immer noch den breiten Rückhalt in der Bevölkerung für Ihre Klimapolitik?
Ludwig Hartmann: Ich sehe in der Bevölkerung den Wunsch, dass wir Klimaschutz machen. Insgesamt haben wir alle dadurch gemeinsam viel zu gewinnen: Freiheit, Wohlstand, Heimat. Darüber sollten wir reden und nicht immer, was wir angeblich zu verlieren haben. Wenn wir aber Klimaschutz nicht umsetzen, haben wir nur Verlierer produziert, zuvorderst sind das auch unsere Kinder und Enkel. Das ist doch klar.
Nach den Umfragen gehen Ihre Chancen auf eine Regierungsbeteiligung gegen null. Wie geht es bei Ihnen nach dem Wahltag weiter?
Katharina Schulze: Wir Grünen treten in diesem Wahlkampf ganz klar an mit dem Ziel, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Dazu sprechen wir nach der Wahl mit allen demokratischen Parteien.
Aber CSU-Chef Söder hat doch eine Koalition mit Ihnen ganz klar ausgeschlossen?
Ludwig Hartmann: Wenn bei Söder auf Eines Verlass ist, dann auf das: Er kann seine Meinung ganz schnell ändern.
Zur Person: Katharina Schulze und Ludwig Hartmann sind zum zweiten Mal das Spitzenkandidaten-Duo der Grünen in Bayern und führen auch die Fraktion im Landtag. Schulze (38) zog bereits 2013 erstmals ins Maximilianeum ein und wurde vor fünf Jahren in München-Milbertshofen direkt gewählt. Der 45-jährige Hartmann kommt aus Landsberg am Lech und ist seit 2008 Abgeordneter. Bei den Wahlen 2018 errang er im Stimmkreis München-Mitte mit 44 Prozent das Direktmandat mit dem landesweit besten Erststimmenergebnis seiner Partei.
Die Diskussion ist geschlossen.
"Wir retten das Klima in Bayern" steht aktuell auf den Wahlplakaten der Satirepartei. Und das ist auch der Punkt, wo es bei vielen, inkl. der Grünen aussetzt. Weder als Bayern, noch als Deutschland und selbst als Europa ist unser Anteil an den Treibhausgasen verglichen mit den 3 großen Playern (China, USA und Indien) gering. Als Gegenargument kommt dann häufig die Vorbildfunktion, die man als Land haben sollte. Ob Deutschland dazu taugt, ist eher fraglich - und das hängt nicht nur mit der aktuellen Ampel zusammen, sondern auch von der Stillstandskoalition Union - SPD unter Kanzlerin Merkel.
Jedenfalls wird es wohl bei vielen Parteien lange Gesichter am Wahlabend nach den ersten Hochrechnungen geben.
Noch einmal zur Erinnerung, was der Grünen-Wahlkämpfer Christian Springer auf der angesprochenen Versammlung in Neu-Ulm gesagt hat:
„Die Kriminalitätsrate unter den Abgeordneten, in den Städten, in den Gemeinden, im Bundestag, in den Landtagen Deutschlands; diese Kriminalitätsrate bewegt sich zwischen 10 und 20 %. Das geht von Fahrerflucht, Meineid, Steuerhinterziehung, bis hin zu gefährlicher Körperverletzung, Schmuggel und Nötigung und Verbreitung von Kinderpornographie. Mit diesem Kriminalitätsbogen ist die Afd mehr als doppelt so kriminell wie alle Flüchtlinge zusammen in diesem Land.
Solche Verleumdungen spalten unser Land - nicht der verständliche Ärger über das Heizungsgesetz.
Hartmann: "Wir wollen die Abhängigkeit von Öl und Gas reduzieren, weil sie den Menschen horrende Kosten aufbürdet und schlecht fürs Klima ist. "
Diese Aussage ist einfach sehr zynisch, weil die steigenden Kosten für Öl und Gas alleine auf unsinnige CO2-Steuern zurückzuführen sind. Wenn das Heizgesetz kommt, sparen wir in einem Zeitraum von 6 Jahren (!) soviel CO2 ein, wie China an einem einzigen Tag (!) produziert. Wie Prof. Sinn richtig darlegt, funktioniert CO2-Einsparung nur auf internationaler Ebene und mit dem Einsatz von Atomkraft, die die Grünen vehement ablehnt.
Es gibt manche die können sagen was sie wollen - die spalten das Land bestimmt nicht (egal ob richtig oder falsch). C. Springer gehörtr dazu.
Steinwurf geht gar nicht. Aber jetzt hat man leider nicht die Rolle des sogenannten Kabarettisten vergessen und seine seltsame Art der Kommunikation mit den Protestierenden. Er war ja anscheinend Gast der Grünen auf der Bühne.
https://www.augsburger-allgemeine.de/neu-ulm/neu-ulm-steinwurf-und-festnahme-in-neu-ulm-wahlkampf-event-der-gruenen-eskaliert-id67884756.html
>> Er war ja anscheinend Gast der Grünen auf der Bühne. <<
In der Einladung zur Veranstaltung war er nichtmal als Gast oder Kabarettist angekündigt, sondern ganz normal als Christian Springer vom Team Bayern, also als Wahlkämpfer. Dann müssen sich die Grünen schon anrechnen lassen was er sagt, und als Satire geht es dann auch nicht durch finde ich?
So ist es, bzw. war es auch
und nicht anders wenn man das Video gesehen hat und gehört hat was er gesagt hat, Frau @Christina M.
Aber das vergessen bzw. übersehen aber die "Grünen" ja so gerne!
Leider ein sehr hilfloser Wahlkampf der Grünen. Sie kommen nicht an, gegen die Falschbehauptungen von Söder und Aiwanger wenn es ums Fleischessen, Insektenessen, Gendern, Kernkraft, Heizungsgesetz, usw.usf. geht. Söder sagt zwar in seinen Reden immer, man müsse doch über die wahren Probleme reden, aber es geht dann doch immer ewig lang und immer wieder ums Fleisch, Insekten und Gendern usw.. Die Grünen schaffen es nicht Söder und Aiwanger zu stellen und tatsächlich über die wahren Probleme zu reden, nämlich Bahn, öffentlicher Nahverkehr, 2. Stammstrecke, Nordzulauf Brennerbasistunnel, Energieversorgung durch Leitungen aus dem Norden, Windkraft, verbesserte Strominfrastruktur damit nicht immer Photovoltaikanlagen abeschaltet werden müssen, wenn die Sonne scheint, Schulen (z.B. die immer schlechtere Lesefähigkeit der Schüler auch in Bayern), Kitas usw. usf.. Das ist jetzt nur das, was mir vollkommen spontan einfällt.
Die Grünen werden max. bei max. 15 % landen, die SPD bei max. 9%. Das ist, wenn man es sich nicht schönredet, eine klare Absage an jegliche Klimaschutzmaßnahmen, solange Klimaschutzmaßnahmen z.B. einen höheren CO2-Preis bedeutet oder die Grünen ihre Finger in die Heizungskeller hineinbekommen wollen oder es sonst irgendwie leicht anstrengend für die Bürgerinnen und Bürger wird.
Die zwei lauen Sätze von Ludwig Hartmann zum Klimaschutz nehmen die Leute dann eher achselzuckend zur Kenntnis, wenn er sagt, dass man ohne Klimaschutz nur Verlierer produziert. Das ist irgendwie richtig, verschwimmt aber im Nebel der ungewissen Zukunft, aber wenn man mehr für Sprit zahlen muss und sich noch mit seiner Heizung rumärgern muss, dann wird eine einfache Rechnung in der Gegenwart aufgemacht.
Vielleicht liegt es ja daran, dass die Leute Fleisch essen wollen und sich es nicht aus ideologischen Gründen verbieten lassen wollen. 75 % wollen das Gendern nicht, auch müssen die Leute oft mit dem Auto beruflich unterwegs sein. Usw, usw. Eine reine Verbotspartei wie die Grünen kommt da natürlich nicht gut an.
Die Verstromung von jetzt mehr Kohle ist auch für das Klima schädlich. Jetzt wird mehr Dreck verursacht als zuvor. Da nutzen die mit Strom betriebenen Wärmepumpen nichts. Die Eautos auch nicht. Danke.
Geheizt wird hauptsächlich in der dunkleren Jahreszeit.