Herr Fitz, was ist die wichtigste Eigenschaft eines bayerischen Kriminalers?
MICHAEL FITZ (LACHT): Keine Ahnung! Ich glaube, dass dieser Begriff nur in der Medienwelt existiert. Bei der Kripo haben sie mir gesagt, was ihr da im Film macht, das ist weit weg von der Realität. Aber der Begriff ist natürlich für den Film ein interessantes Sujet, das immer wieder gerne verwendet wird, gerade bei den Regionalkrimiserien, von denen wir ja regelrecht geflutet werden.
Am Mittwoch läuft die neueste Folge von „Die Toten von Salzburg“. Seit neun Jahren spielen Sie Kommissar Hubert Mur, der egozentrisch und ein bisschen cholerisch ist. Mussten Sie sich das antrainieren?
FITZ: Man ist natürlich gewöhnt zu sagen: Ich bin ganz anders. Aber ein bisserl was von dem Mur steckt wahrscheinlich in mir drin. Meine Frau sagt aber auch immer, wenn ich während der Dreharbeiten in die Rolle des Mur schlüpfe, dann sei für vier Wochen sein Charakter mit mir unterwegs. Wir unterscheiden uns also schon.
Sie schieben Ihre eigene Persönlichkeit da nach hinten?
FITZ: Für mich ist die Figur inzwischen wie ein zweites Hemd. Da denke und rede ich so, und man kann es nicht vermeiden, dass sich das auch ins Privatleben reinbewegt. Man kann das nicht auf Knopfdruck wieder wegpacken.

Was gefällt Ihnen an der Rolle besser als am Münchner „Tatort“-Polizisten Carlo Menzinger, den Sie 17 Jahre lang gespielt haben?
FITZ: Es ist im Vergleich zu Menzinger eine tragendere Rolle. Die Figur ist viel entscheidender für die Handlung. Dabei habe ich inzwischen außerdem meine kleinen privaten Fenster, bei denen ich mitreden kann. Das ist schon was anderes als der Menzinger, was auch der Grund war, dass ich den hab‘ sausen lassen. Da waren der Figur enge Grenzen gesetzt, denn Menzinger war halt nun mal kein Kommissar, sondern das dritte Rad am Wagen.
Aber ein cooler dritter Mann war er schon auch.
FITZ: Ja natürlich, das haben auch viele goutiert und das hat zu meiner Bekanntheit beigetragen. Manche Fans vermissen ihn offenbar heute noch. Aber times, they are changing.
In „Die Toten von Salzburg“ führt Sie das Verbrechen in die Salzburger Immobilienwelt. Grund dafür ist ein geheimnisvoller Mord an einer Maklerin. Gibt es diese schmierig-halbseidene Immobilienwelt in Salzburg wirklich?
FITZ: Da ist ziemlich real. Da braucht man doch auch nur in München vor der Haustüre zu schauen. Und Salzburg ist auch für viele ein Ort, wo man hinmuss. Das hat mit Geld zu tun. Und je mehr Geld im Spiel ist, umso mehr Geld lässt sich verdienen. Und das geschieht dann unter Umständen gerne auch mal mit nicht lauteren Methoden. Also meins wäre Salzburg nicht.
Warum, es ist doch schön malerisch da?
FITZ: Da ist es mir viel zu touristisch. Da gehöre ich einfach nicht hin, auch wenn ich ganz gerne immer wieder mal da bin.
Hat man in der Filmreihe lange Zeit auf die Rivalität des deutsch-österreichischen Duos gesetzt, so hat sich der Ton zuletzt verändert. Jetzt wird mehr mit– statt gegeneinander ermittelt. Ist dieser Eindruck richtig?
FITZ: Mmmjaa. Das ist ein bisschen abhängig von den Personen. Anfangs war das tatsächlich so. Ich mag ja dieses leicht Provokante. Das geht aber nicht immer und ist auch abhängig vom Fall. Wenn es zu oft eingesetzt wird, ermüdet es. Dass es diese grundsätzliche Rivalität zwischen Bayern und Österreichern gibt, hängt übrigens an dieser Stelle damit zusammen, dass sich die Menschen in der Gegend gar nicht so unähnlich sind und beim Blick über die Grenze sozusagen in den Spiegel schauen.
Sie sind nicht nur Schauspieler, sondern auch Musiker. Was läuft da bei Ihnen gerade?
FITZ: Gar nicht viel zuletzt. Ich plane aber jetzt für Sommer und Herbst eine kleine Konzert-Runde. Mein erster Gig heuer wird übrigens in Friedberg stattfinden. Aber ich bin nicht mehr so viel unterwegs wie früher, denn durch Corona bin auch ich ziemlich ausgebremst worden. Das hat einen schon aus der Spur geworfen. Wenn man sich auch über Jahre sein Publikum erarbeitet hat, dann hat das trotzdem eine Auswirkung, wenn viele Veranstalter weggebrochen sind.
Wenn Sie sich eine Wunschrolle selbst schneidern würden, was wie würde die aussehen?F
FITZ: Puh! Schauspieler mögen es, wenn sie gegen den Strich besetzt werden. Das ist gut, um die eigenen Fähigkeiten zu demonstrieren. Es würde mir gefallen, jemand zu spielen, der diesem Kommissars-Image und dem des netten Menschen widersprechen würde.
Apropos nette Menschen. Die sind in der Politik inzwischen dünn gesät. Die Zeit ist politisch gesehen schwierig. Was war die schlimmste Nachricht, die Sie zuletzt gehört haben?F
FITZ: Da gäbe es viele. Das würde für ein abendfüllendes Gespräch reichen. Ich würde mir auf jeden Fall wünschen, dass wir generell wieder mehr in der Lage sind, einander zuzuhören, auch andere Meinungen wieder zu respektieren - und ich würde mir weniger moralische Aufgeregtheit wünschen. Auch weniger Empörung, weniger Hass und weniger Wut. Wir kommen in der Welt nicht weiter, wenn wir nicht wieder aufeinander zugehen. Und da müssen wir auch auf Leute zugehen, obwohl die nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Das zeichnet doch die Menschen aus, dass sie dazu in der Lage sind. Das wäre wichtiger, als hunderte von Milliarden in die Aufrüstung zu stecken. Das ist eher ein Rückschritt in Richtung Steinzeit.
Macht Ihnen das Angst?
FITZ: Man kann sich jedenfalls nicht mehr davon distanzieren, weil man von all den Nachrichten regelrecht überschwemmt wird. Heute fühlt sich jeder bemüßigt, zu allem zu äußern. Alle leben in ihrer Blase und lassen die andere nicht zu Wort kommen. Das ist so anstrengend, dass ich den Computer einfach ab und zu abschalte und nicht erreichbar bin. Ich möchte nicht dauern von diesem unverdauten und ausgekotzten Wahnsinn belästigt werden. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man sich aus allen Richtungen gut informieren muss. Aber angesichts der Masse an Informationen fällt es einem aber schwer, sich da ein ausgewogenes Bild zu machen.
Und warum sind Sie am Ende doch optimistisch, dass das alles gut ausgeht?
FITZ: Ich weiß nicht, wo Sie das rausgehört haben. Denn ich bin im Moment eher nicht optimistisch. Für mich selbst schon, weil ich immer einen Weg gefunden habe. Aber ich glaube, dass die Weltlage ebenso wie die politische Situation in Deutschland so verfahren ist wie vielleicht nie zuvor. Und es scheint ja auch nicht besser zu werden. Der Aufstand der schweigenden Mehrheit schwebt so wie ein Damoklesschwert im Raum. Ganz ehrlich, ich bin überfragt, wie es weitergehen wird.
Michael Fitz, 66, ist Schauspieler und Liedermacher. Bekannt wurde er durch seine Assistenten-Rolle im Münchner „Tatort“. Im ZDF spielt er den Kommissar Hubert Mur in der Krimi-Reihe „Die Toten von Salzburg“. Am 12. März zeigt um 20.15 Uhr läuft der 11. Teil „Mord in bester Lage“.
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