i
Foto: Daniel Löb, dpa
Foto: Daniel Löb, dpa

Katrin Ebner-Steiner und Martin Böhm bilden das Spitzenkandidaten-Duo der AfD für die Landtagswahl. Beide werden dem formal aufgelösten völkischen "Flügel" um den thüringischen AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke zugerechnet.

Landtagswahl 2023
09.10.2023

Nach dem AfD-Erfolg bei der Wahl: Das sind ihre Spitzenkandidaten

Von Uli Bachmeier

Plus Katrin Ebner-Steiner und Martin Böhm haben für die AfD bei der Landtagswahl in Bayern gute Ergebnisse geholt. Die beiden gelten als treue Gefolgsleute von Björn Höcke.

In der bayerischen AfD, so hieß es lange Zeit, da gibt es die moderaten Rechten und jene, die zum Extremismus tendieren – in der Sprache der Partei "die Halben" und "die Patrioten". Die phasenweise heftigen Richtungskämpfe in der Landtagsfraktion in den vergangenen Jahren schienen das zu bestätigen. Die Niederbayerin Katrin Ebner-Steiner, die den "Patrioten" zugerechnet wird und als stramme Anhängerin des formal aufgelösten völkischen "Flügels" um den thüringischen AfD-Fraktionschef Björn Höcke gilt, musste im September 2021 ihr Amt als Vorsitzende der Landtagsfraktion aufgeben. Sie wurde abgewählt, weil einer knappen Mehrheit in der Fraktion ihr Kurs offenbar zu radikal war. 

Weiterlesen mit dem PLUS+ Paket
Zugriff auf alle PLUS+ Inhalte. Jederzeit kündbar.
JETZT AB 0,99 € TESTEN

Jetzt hat die AfD bei der Landtagswahl in Bayern 14,6 Prozent geholt, wenn CSU und Freie Wähler wieder eine Regierungskoalition eingehen, ist die AfD die stärke Oppositionspartei. Und so steht die 45-jährige Bilanzbuchhalterin Katrin Ebner-Steiner aus Deggendorf vor ihrem politischen Comeback. Im Mai setzte sie sich bei einem Parteitag in Greding durch und wurde zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl gekürt. Als weiterer Spitzenkandidat steht der Oberfranke Martin Böhm gleichberechtigt an ihrer Seite. Auch der 59-jährige Versicherungswirt aus Coburg gilt als Gefolgsmann Höckes, der vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft wird.

Die AfD in Bayern hat sich nicht nur an der Spitze radikalisiert

Doch offenbar nicht nur an der Spitze hat sich die bayerische AfD weiter radikalisiert. Kenner der Partei berichten, dass sich bei der Nominierung der Kandidaten landauf landab überwiegend sogenannte "Patrioten" durchgesetzt hätten. In der neuen Landtagsfraktion, so lautet ihre Prognose, werden mehrheitlich Höcke-Anhänger sitzen. Und eigentlich, so sagt Böhm ganz offen, habe es ja auch in der alten Fraktion keine wirklichen Richtungskämpfe gegeben. Die Abgeordneten, die im Lauf der Legislaturperiode ausgetreten seien, wären ohnehin in der für sie falschen Partei gewesen.

Martin Böhm versteht sich auf versteckte Drohungen

Was für Ebner-Steiner und Böhm die richtige AfD ist, zeigt sich in ihren Reden. Böhm zum Beispiel sagt nicht Verfassungsschutz, sondern "Regierungsschutz". Die Medien der Zivilgesellschaft nennt er "Systemmedien", die in weiten Teilen "links-grün indoktriniert" seien. Und er versteht sich auch auf versteckte Drohungen. Als die Mehrheit im Landtag einem AfD-Kandidaten für das Amt des Landtagsvizepräsidenten die Zustimmung verweigerte, sagte er: "Auch hier wird der Tag kommen, an dem die Schwarzen um einen Vizepräsidenten bitten müssen. Liebe Freunde, dann werden wir uns erinnern wie Sie die schweigende Mehrheit hier im Lande gedemütigt haben."

Ebner-Steiner ist noch eine Spur direkter. Ihr zentrales Thema sind die Flüchtlinge. Sie wirft Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, er habe die "entgrenzende Masseninvasion in unsere Sozialsysteme" zu verantworten und habe "die Bürger dieses Landes verraten und verkauft". Mit den Flüchtlingen, so sagte sie nach dem Mordfall in Illerkirchberg, für den ein Eritreer zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, seien "Vergewaltiger, Messerstecher und Mörder" ins Land gekommen. Bei ihr wird aus einem schlimmen Verbrechen eine allgemeine Tendenz. "Diese Menschen", so sagt sie, "machen unsere Städte zu Slums, die den Steuerzahlern Milliarden kosten und das Land weiter in ein einziges Illerkirchberg verwandeln." Nach ihrer Überzeugung sollen Deutschland und Bayern "in eine multiethnische Besiedlungszone umgewandelt werden". Dahinter steckt in ihrem Weltbild die Verschwörungstheorie von einem gewollten und von langer Hand geplanten "Bevölkerungsaustausch", eine "globalistische Agenda". 

Lesen Sie dazu auch

In Bayern liegt die AfD hinter dem Bundestrend. Liegt das an Aiwanger?

Davon, eine Mehrheit zu vertreten, ist die AfD in Bayern trotz wachsender Zustimmung in den Umfragen noch weit entfernt. Sie hat zwar im Vergleich zu den letzten Landtagswahlen zugelegt, liegt aber deutlich hinter dem Bundestrend der Partei. Nach Ansicht Ebner-Steiners sind dafür in erster Linie die Freien Wähler verantwortlich. "Unser Hauptproblem", so sagte sie in einem Fernsehinterview, "ist Hubert Aiwanger, weil er einerseits in der Regierung ist, aber Opposition spielt. Das muss man entlarven."

In ihrer Selbstwahrnehmung vertreten die beiden AfD-Spitzenkandidaten die einzig wahre Opposition im Freistaat. Alle anderen sind der Feind. In einer der letzten Plenarsitzungen im Landtag in diesem Sommer sagte Ebner-Steiner: "Die einzige Partei, die heute unsere Kinder vor den Anmaßungen und Übergriffen eines immer totalitärer werdenden Staates schützt, ist die AfD."

Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

Facebook Whatsapp Twitter Mail